Angelique und der Koenig
Augen. Eben noch hatte sie geglüht, doch jetzt war ihr, als sei das Blut in ihren Adern erstarrt. Sie verspürte das Bedürfnis, Péguillin um Hilfe zu bitten, doch zu gleicher Zeit sagte ihr die Vernunft, dass dieser Retter sie in neue Gefahren bringen könnte, und sie hielt es für besser, das schlüpfrige Gelände zu verlassen. Sie richtete sich auf und fragte in heiterem Ton:
»Übrigens, Péguillin, Ihr habt mir nicht gesagt, ob Ihr endlich die Ernennung zum Großmeister erreicht habt.«
»Nein«, erwiderte Péguillin ruhig.
»Was heißt nein?«
»Nein, Ihr habt mich schon ein paarmal getäuscht, aber diesmal gehe ich nicht in die Falle. Ich nagle Euch fest, und wenn Ihr Euch noch so windet. Mir ist jetzt nicht um meine Ernennung zum Großmeister zu tun, sondern darum, zu erfahren, weshalb Euer Frauenleben sich in Euren harten, kleinen Schädel geflüchtet hat – und nicht dahinein«, setzte er hinzu, indem er seine Hand dreist auf die Brust der jungen Frau legte.
»Péguillin!« protestierte sie und stand auf. Aber er griff geschwind nach ihr, und während er sie in seinen rechten Arm nahm, griff er mit der Linken unter ihre Knie, so dass sie das Gleichgewicht verlor und halb ausgestreckt auf den Diwan sank.
»Schweigt und verhaltet Euch ruhig«, befahl er, indem er wie ein Schulmeister den Zeigefinger hob.
»Lasst die Fakultät den Fall untersuchen. Ich halte ihn für ernst, aber nicht hoffnungslos. Kommt, zählt mir ohne lange Umstände die Namen der Kavaliere auf, die Euch umwerben und denen der bloße Gedanke an Euch der Schlaf raubt.«
»Mein Gott... glaubt Ihr denn, es gibt deren so viele?«
»Ich untersage Euch, angesichts meiner Frage Verwunderung zu heucheln.«
»Aber ich versichere Euch, dass ich nicht weiß, auf wen Ihr anspielt.«
»Solltet Ihr etwa nicht bemerkt haben, dass der Marquis de La Vallière wie ein wildgewordener Schmetterling herumflattert, wenn Ihr erscheint, dass Vivonne, der so stolze Bruder der Montespan, ins Stammeln gerät, dass Brienne geistreichelt? Und dann sind da noch die Herren de Saint-Aignan und Roquelaure, nicht zu vergessen der Sanguiniker Louvois, dem nichts übrigbleibt, als sich schröpfen zu lassen, wenn er zehn Minuten mit Euch geplaudert hat…«
Sie lachte belustigt auf.
»Ich verbiete Euch, zu lachen«, sagte Péguillin unwillig.
»Wenn Ihr all dies nicht bemerkt habt, bedeutet das, dass es noch schlimmer um Euch steht, als ich dachte. Spürt Ihr denn nicht die Feuersbrunst, die Flammen rings um Euch? Bei Beelzebub, Ihr habt eine Salamanderhaut…«
Mit dem Zeigefinger strich er über ihren Hals.
»Man möchte es freilich nicht meinen.«
»Und Ihr, Monsieur de Lauzun, zählt Ihr Euch nicht zu den Entflammten?«
»O nein, ich nicht«, protestierte er lebhaft. »O nein, nie würde ich das wagen! Ich hätte zuviel Angst.«
»Vor mir?«
Die Augen des Marquis verschleierten sich.
»Vor Euch... und vor allem, was um Euch ist. Eure Vergangenheit, Eure Zukunft, Euer Mysterium.«
Angélique warf ihm einen prüfenden Blick zu. Dann erschauerte sie und barg ihr Gesicht an seinem blauen Überrock. »Péguillin!«
Péguillin, der Leichtlebige, war ein alter Freund. Er war mit ihrer weit zurückliegenden Tragödie verknüpft. In allen Stadien ihres ereignisreichen Lebens hatte sie ihn einer Marionette gleich auftauchen sehen. Er erschien, verschwand, erschien von neuem. Auch heute abend war er da, ewig der gleiche.
»Nein, nein, nein«, wiederholte er. »Ich mag mich nicht in Gefahr begeben. Ich scheue die Wirren des Herzens. Erwartet nicht, dass ich Euch den Hof mache.«
»So, und was macht Ihr augenblicklich?«
»Ich spreche Euch Trost zu, das ist nicht dasselbe.«
Sein Finger glitt über den sammetweichen Hals hinab und folgte dem Schwung der Kette, deren rosig schimmernde Perlen sich von der weißen Haut abhoben.
»Man hat Euch viel Ungutes angetan«, flüsterte er zärtlich, »und Ihr seid heute abend sehr bekümmert.«
Doch schon im nächsten Augenblick fuhr er ungeduldig auf: »Mondieu, macht Euch nicht so steif wie ein Degen. Man könnte wahrhaftig meinen, Euch habe noch nie eine Männerhand berührt! Ich habe verteufelte Lust, Euch eine kleine Lektion zu erteilen…«
Er beugte sich über sie. Sie versuchte abermals, sich ihm zu entziehen, aber er hielt sie fest.
»Ihr habt uns lange genug hingehalten, kleine Frau! Die Stunde der Rache hat geschlagen. Übrigens verspüre ich unbändige Lust, Euch zu liebkosen, und ich glaube, dass Ihr es sehr nötig habt.«
Er
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