Angels of the Dark: Verruchte Nächte
willst hören, wie er dir Vorwürfe macht, wie er Zeter und Mordio schreit, wie er dir gibt, was du zu verdienen glaubst. Du willst einen Abschluss. Du willst, dass er das Leben bekommt, das er einst verdiente.“
„Ja.“ Ich will ihn umarmen. Ich will an seiner Seite fliegen und seine Züge aufleuchten sehen. Ich will ihn lachen hören, voller Freude statt Grausamkeit .
„All das kannst du haben. Nimm einfach das, was in der Urne ist, und setze es in Hadrenials Körper ein. Nach einer Weile wird er sich von seinen Wunden erholen – ja, selbst von der Enthauptung –, und alles, was du dir wünschst, wird dein sein. Auch wenn es eine Weile dauern wird – er wird wieder der Mann sein, der er war, bevor er zum Dämon Unversöhnlichkeit wurde.“
Neben Zacharel erschien die Urne. „Und wenn ich das tue, was geschieht dann mit Annabelle?“
„Ihr Geist wird seine Reise in die Ewigkeit antreten.“
So sollte es sein. Zwei Körper, reglos zu seinen Füßen, immer langsamer blutend. Mit jeder Sekunde wurden sie kälter. Seine wunderschöne Annabelle, die einzige Freude, die er je gekannt hatte. Sein Bruder, der Mann, den er verraten hatte, dem er etwas schuldig war. Er sah zu seinen Männern, immer noch außerhalb des Kreises, immer noch einhämmernd auf Mauern, die sie nicht sehen konnten.
Sie wollten ihm helfen.
Sie konnten ihm nicht helfen.
Er streckte die Hand in die Urne, warm umschloss die Flüssigkeit seine Finger, kam ihm entgegen. Langsam hob er den Arm ins Licht. Leben und Tod, in seiner Hand vereint.
Nachdenklich wandte er sich den Leichen zu. Was auch geschehen würde, er wusste, seine Gottheit würde ihn nicht einen auswählen lassen und dann den anderen auf wundersame Weise ebenfalls wieder zum Leben erwecken. Ein Opfer war ein Opfer, und genau wie bei Koldos Haar hätte es keinerlei Bedeutung, wäre es leicht zu ersetzen. Zudem reichte der Inhalt der Urne nur aus, um ein Leben zu retten, nicht zwei.
„Ich habe meine Entscheidung gefällt.“ Und eine Entscheidung war es nicht wirklich gewesen, mehr ein Abschied von einer geliebten Person. Zacharel hielt die Hand über Annabelles Herz. Noch etwas, das er gelernt hatte, seit er ihr begegnet war: Nicht Schuld und Scham sollte man erlauben, die Entscheidungenfür einen zu treffen. Nur die Liebe sollte einen Mann leiten, und diese Frau liebte er wie niemanden sonst.
Die Flüssigkeit ergoss sich über sie, sank sachte in ihren Leib … ihre Seele … ihren Geist. In ihre totenblasse Haut kehrte Farbe zurück, ihre Wunden begannen zu heilen, ihre Haut fügte sich wieder zusammen.
„Es tut mir leid, Hadrenial“, wisperte er. Genau diese Worte hatte er schon oft gesagt, so viele Male, unzählige Male. Damals wie heute hatte er einen tiefen Schmerz verspürt. Es spielte keine Rolle, wozu sein Bruder geworden war. Trotzdem liebte er Hadrenial immer noch. Würde es auf ewig tun.
Genauso würde er sich immer an den Jungen erinnern, der Hadrenial einst gewesen war. Würde niemals das Band vergessen, das sie miteinander geteilt hatten.
„Was wird mit ihm geschehen?“, fragte er seine Gottheit.
„Es wird dich trösten, zu hören, dass ein Teil von ihm in deiner Annabelle weiterleben wird. Nicht durch das Stück seiner dämonischen Seele, denn jenes Stück ist mit ihm gestorben, sondern durch die Essenz seiner Liebe. Und weil du ihr etwas von dir hinzugefügt hast, wird sie an dich gebunden sein, jetzt und für immer, dein Leben für ihres. Sie muss dir nur noch einen Teil von sich geben, um die Verbindung zu vollenden und deinen spirituellen Tod aufzuhalten.“
„Danke“, hörte er sich sagen. „Für diese Chance mit ihr danke ich dir.“
„Sie war immer für dich bestimmt. Die Frage, deren Antwort ich wissen musste, war, ob du dieses Geschenk auch wertschätzen könntest.“
„Das kann ich. Aus tiefstem Herzen.“
„Ich weiß.“
Mit einem tiefen Luftholen schreckte Annabelle hoch. Während sie noch ihre Brust betastete, vielleicht nach ihrer tödlichen Verletzung fahndete, suchte sie das Zimmer mit Blicken ab. „Was ist passiert?“, fragte sie krächzend. „Warum lebe ich noch?“
„Mir wurde eine Wahl gegeben, und ich habe dich gewählt. Ich werde immer dich wählen.“
„Zacharel?“ Ihr stiegen Tränen in die Augen und sie warf sich ihm in die Arme. „Ich muss dir etwas Schreckliches sagen! Ich hab mit deinem Bruder gekämpft. Er war noch am Leben. Ich … er … Es tut mir so leid. Ich hab ihn umgebracht. Es gab keine
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