Angriff Aus Dem Netz
konnte.
Sam hatte sich volle Verfügungsgewalt über das Computersystem verschafft. Es gab nichts, was er nicht in Erfahrung bringen konnte, wenn er wollte.
Er hatte zwei volle Wochen mit Recherche und Planung verbracht – und jetzt war er so weit, dass er verschwinden konnte.
Allerdings fehlte ihm noch etwas: ein Komplize.
Wie nebenbei hob Sam einen Stein vom Pfad auf und warf ihn über den Lattenzaun. Er landete irgendwo zwischen den Bäumen. Keine Alarmsirene heulte auf. Ein einzelner Stein war nicht groß genug für die Bewegungsmelder.
»Kiwi«, begann Sam vorsichtig und warf einen Blick zurück zum Verwaltungsgebäude, wo sich der Beobachtungsposten befand. »Ich brauche deine Hilfe.«
»Klar, Mann«, sagte Kiwi, »kein Problem.«
11. Feueralarm
Zehn Minuten vor zehn Uhr war Sam bereit. Er stand direkt hinter der Tür seiner Zelle und wartete auf den Feueralarm.
Er hatte in das Programm zur Feuerüberwachung gehackt, eine Feueralarmübung für zehn Uhr abends eingegeben und anschließend die Zeile im Programm gelöscht, die den Alarm als Übung auswies.
Für den Computer würde es also ein echter Feueralarm sein und er würde dementsprechend reagieren.
Sam hatte seine wenigen Habseligkeiten in die Taschen seiner dicken Jacke gesteckt.
Jetzt hing alles von Kiwi ab. Er hatte zwar zugestimmt, Sam zu helfen, aber doch ein wenig zögerlich. Denn wenn sie ihn dabei erwischten, könnte Kiwi seinen Traum begraben, den Rest seiner Strafzeit in Neuseeland absitzen zu dürfen. Trotzdem war er einverstanden gewesen.
Wieder blickte er auf die Uhr. Die Sekunden tickten dahin. Jede Minute kam ihm schier endlos vor.
War er überhaupt darauf vorbereitet?, fragte er sich. Auf ein Leben, das ein ständiges Versteckspiel sein würde. Ein Leben ohne Familie, ohne Freunde. Ein Leben im Untergrund.
Direkt vor seiner Tür schrillte der Feueralarm los. Eine grelle Glocke, die nicht mehr aufhören wollte.
Wenn in Recton ein Feueralarm losging, entriegelte der Computer automatisch sämtliche Zellentüren, damit die Gefangenen dem Feuer entkommen konnten.
Sams Tür gab einen Piepton von sich, dann hörte er das Klicken des elektronischen Riegels. Kaum ließ sich die Türklinke bewegen, als Sam auch schon die Tür aufriss und den Flur entlangraste.
Er hatte die Schritte mehrfach gezählt, die er zwischen den Unterkünften und dem Verwaltungsgebäude zurückzulegen hatte, und wusste daher genau, wie viel Zeit er hatte.
Er würde es schaffen, solange er nicht stolperte oder hinfiel.
Sam stürzte bereits aus dem Flur in den Hof hinaus, als die anderen Zellentüren im Korridor nacheinander geöffnet wurden. Verängstigte und verwirrte Stimmen riefen hinter ihm her, als er zur Tür hinausraste.
Das Verwaltungsgebäude erreichte er gerade noch rechtzeitig, als auch schon die Tür aufgerissen wurde. Er ging an der Stirnseite in Deckung und drückte sich eng an die Mauer. Drei Wärter rannten durch die Tür ins Freie.
Drei? Im Einsatzplan stand, dass es vier Wärter sein mussten.
Um ganz sicherzugehen, wartete er noch einen Augenblick, aber es ließ sich niemand blicken.
Er gab den Sicherheitscode ein und riss am Türknauf. Die Tür ging sofort auf und schloss sich hinter ihm.
Die Wärter würden noch ihren Spaß haben, wenn sie versuchten, wieder ins Gebäude zurückzukehren. Denn in diesem Augenblick änderten sich die Codes. Und nur Sam kannte die neuen Codes.
In diesem Teil des Verwaltungsgebäudes war er noch nie gewesen, aber er kannte sich so gut aus, als würde er hier arbeiten. Im zentralen Server hatte er die Lagepläne gefunden und sich jeden Einzelnen genau eingeprägt.
Er lief zwei Treppen hinauf, an den Duschen und Umkleideräumen der Wärter vorbei, einen kurzen Flur entlang, von dem die Türen zur Waffenkammer und zur Registratur abgingen, bis er vor der Tür am Ende des Flurs ankam und den Code eintippte. Hier befand sich der Lagerraum.
Hier wurden alle Besitztümer der Gäste in nummerierten Kartons aufbewahrt. Seine Nummer war 5143 und er überflog die Nummern auf den Regalen, bis er zu seinem eigenen Karton kam.
Er steckte den Geldbeutel und das Handy ein, zusammen mit ein paar anderen Kleinigkeiten, die er bei sich gehabt hatte, als sie ihn verhafteten.
Die Tür ließ er offen. Er rannte eine weitere Treppe hoch zum Kontrollraum.
Beim genaueren Studium der Pläne der Sicherheitsanlagen in Recton Hall war ihm sofort aufgefallen, dass die Haupteingangstüren auf der äußeren Seite des Käfigs
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