Angriff Aus Dem Netz
den Fall, dass uns etwas Wichtiges entgangen ist, was wir um alles in der Welt vermeiden wollten.«
»Was genau schlagen Sie vor?«, wollte Jaggard wissen.
»Ich könnte die Dateien knacken, wenn Sie es erlauben. An ein paar Stellen ein Plus in ein Minus verwandeln. Ein paar Befehle umkehren. Oder ein paar Diagramme verdrehen. Zufallszahlen eingeben. Was auch immer – jedenfalls genügend Veränderungen, dass die Daten nutzlos sind, wenn sie tatsächlich aus dem Netzwerk geholt werden, und alle Verschlüsselungen zerstören, die im Text eingebettet sein könnten.«
»Können Sie das machen, ohne dass die Angreifer etwas merken?«, fragte Jaggard.
»Der Bursche hier kann in allen Farben des Regenbogens furzen«, grinste Dodge.
»Gut, tun Sie es. Aber lassen Sie sich nicht erwischen, sonst verjagen Sie den Angreifer.« Jaggard zögerte einen Augenblick lang, während er nachdachte. »Und beschaffen Sie mir den Namen des Insiders.«
»Kein Problem«, sagte Dodge. »Ich greif mir die Aufzeichnungen der Überwachungskameras auf dem ganzen Gelände.«
»In Ordnung. Ich versetze das Taktische Team in Alarmbereitschaft. Wir halten uns so lange wie möglich zurück, bis wir die Empfänger eingekreist haben, aber ich will nicht, dass dort irgendwelche Unbefugten länger als absolut notwendig frei herumlaufen.«
»Taktisches Team?«, fragte Sam, als Jaggard wieder verschwunden war.
»Das Taktische Einsatzkommando«, erklärte Dodge. »Die Männer in Schwarz mit den großen Kanonen.«
Die Türen zum Kontrollraum glitten auseinander, und die seltsame Frau kam herein, der Sam schon gestern im Korridor vor Jaggards Büro begegnet war. Sie ging eigenartig schräg durch den Raum und schien ständig vor sich hin zu murmeln. Doch als sie hinter Sams Arbeitsplatz vorbeiging, drehte sie den Kopf in seine Richtung, als hätte sie seine Gedanken gehört und gemerkt, dass er sie beobachtete. Ihr Blick war durchdringend, sodass es Sam so vorkam, als würde sie den gesamten Inhalt seiner Gehirn-Festplatte scannen und analysieren. Sie blieb nicht stehen, sondern verschwand in ihrem achteckigen Glasbüro.
Dodge sah, dass Sam ihr nachstarrte.
»Die Sumpfhexe«, grinste er.
Das Spezialkommando erhielt den Einsatzbefehl um
5.45 Uhr und erreichte das AKW Peach Bottom kurz vor 12 Uhr. Sie wählten Delta als Ausgangspunkt und zogen einen Kreis um die gesamte Kraftwerksanlage, dessen Mittelpunkt ein altes Holzhaus war, das an der Hauptstraße von Delta lag. Viele der Beschäftigten des Kraftwerks wohnten in der kleinen Gemeinde.
Das Holzhaus gehörte Harrison Ellis, der als Inspektor für Gesundheit und Sicherheit im Kraftwerk tätig war.
»Willst du zusehen?«, fragte Dodge. Es war 12.15 Uhr.
Das verwürfelte Datenpaket war etwa drei Stunden zuvor vom Server in Cleveland abgerufen worden und Dodge und Sam waren damit beschäftigt, den Empfänger aufzuspüren.
»Wir können es beobachten?«, fragte Sam erstaunt. »Mal sehen, was wir haben.« Dodge hämmerte ein paar
Befehle auf seiner Tastatur. »Satellitenüberwachung natürlich, aber das geht ja immer nur mit extrem starker Vergrößerung. Ich habe auch eine Kamera an einem Geldautomaten ausfindig gemacht, die einen Block weiter unten an der Straße montiert ist, aber . . . Nein, den besten Blick haben wir hier: Das Haus direkt gegenüber hat eine Sicherheitskamera für die Überwachung des Vorgartens und der Einfahrt. Sie ist internetfähig, ich knack einfach die Sicherheitscodes . . .«
Und schon erschien ein Bild auf seinem Monitor. Es zeigte den Vorgarten und die Einfahrt, in typischer Kleinstadtmanier angelegt, aber völlig überwuchert mit Unkraut. Neben einem niedrigen Lattenzaun, in dem mehrere Latten fehlten, wartete eine Mülltonne auf die Abfuhr.
». . . und ändere die Kameraeinstellung ein wenig.«
Die Kamera rückte höher und fokussierte auf ein Haus auf der anderen Straßenseite. Sie zoomte das Haus ein wenig näher – und im selben Augenblick entstand plötzlich eine kleine Rauchwolke am Glaseinsatz der Haustür. Aus dem Nichts erschienen schwarz gekleidete Gestalten und stürmten ins Haus.
Nicht lange danach wurde ein Mann in Handschellen aus dem Haus geführt. Er trug nur Shorts und ein Unterhemd.
»Da haben wir den dreckigen alten Knacker«, sagte Dodge befriedigt. »Und jetzt holen wir uns seinen Kunden. Dann können wir endlich wieder ins Bett.«
Aber daraus wurde nichts. Eine halbe Stunde später lehnte sich Dodge mit besorgter Miene zurück. Fast
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