Angst sei dein Begleiter: Thriller (German Edition)
gegenüber saß Ben Varrity, der Mann, der unglaubliche Frisuren zaubern konnte. Dann waren da noch Sarah Burns, die die Bestellungen erledigte, und Mike Kidwell, der Justiziar von Blakely Dollhouse.
Der Alkohol floss reichlich, und während der nächsten Stunden herrschte Partystimmung. Diese Menschen waren Annalises Familie, ihre Freunde und Mitarbeiter, die ihr Leben bereicherten.
Sie hatten sie in den Mittagsnachrichten gesehen und zogen sie erbarmungslos mit ihrem Auftritt auf. »Mach dich darauf gefasst, dass ich dich in den nächsten Wochen bei jedem lokalen Fernseh- und Radiosender ankündigen werde«, sagte Danika und lachte über Annalises missmutiges Stirnrunzeln. »Sieh mich nicht so an. Die Birthday-Bonnie braucht so viel Reklame wie möglich.«
»Bevor du das nächste Mal im Fernsehen auftrittst, müssen wir deine herrlichen Locken besser in Form bringen«, sagte Ben.
Annalise griff sich ins Haar und zupfte an einer langen dunklen Strähne herum. »Ich überlege, ob ich nicht mal einen Stufenschnitt ausprobieren sollte.«
»Ich würde mir lieber von einer Motorsense das Haar stufig schneiden lassen, als dich daranzulassen«, sagte Danika zu Ben.
Ben zog eine Braue hoch. »Schätzchen, ich dachte, genau eine solche wäre am Werk gewesen.«
»Kinder«, sagte Mike. »Annalise hat Geburtstag. Könnt ihr euch nicht ausnahmsweise einmal wie Erwachsene benehmen?«
Die beiden lächelten sich verschwörerisch zu. »Wenn er es kann, kann ich es auch«, rief Danika.
»Tja, wenn sie es kann, kann ich es ganz sicher«, erwiderte Ben.
Annalise lachte. Danikas und Bens Beziehung ähnelte der von sechsjährigen Geschwistern. Sie lagen sich ständig in den Haaren, doch hinter den Auseinandersetzungen verbarg sich echte Zuneigung.
Die nächste Stunde ließ Annalise die Gespräche an sich vorbeirauschen. Sie packte Geschenke aus, trank zwei Gin Tonics und wehrte sich gegen das vage Gefühl von Melancholie, das im vergangenen Jahr immer deutlicher geworden war.
Gegen sechzehn Uhr war sie bereit zum Aufbruch. Zwar hatte sie ihre Freunde und Mitarbeiter wirklich gern, doch Danikas und Bens Zankerei reichten ihr allmählich, und sie wollte lieber allein sein.
»Ich nehme ein Taxi nach Hause«, sagte sie zu Danika.
Mike machte Anstalten, aufzustehen. »Ich bringe dich nach Hause, falls Danika noch nicht aufbrechen will.«
»Macht es dir wirklich nichts aus?«, fragte Annalise.
Lächelnd schüttelte er den Kopf. »Zu Hause wartet massenweise Arbeit auf mich.«
Annalise griff nach ihrer Handtasche und den Tüten mit ihren Geschenken, verabschiedete sich von allen und verließ mit Mike zusammen die Bar. »Hat es dir Spaß gemacht?«, fragte er, als sie im Auto saßen.
»Ja, aber ich muss gestehen, dass ich todmüde bin.«
Mike warf ihr einen kurzen Blick aus seinen dunklen Augen zu, bevor er aus der Parklücke fuhr. »Du solltest mehr Spaß am Leben haben.«
Annalise antwortete nicht, sondern seufzte nur erschöpft auf und blickte aus dem Beifahrerfenster. Mike Kidwell war ein jugendlich wirkender Fünfundvierzigjähriger; ein gut aussehender dunkelhaariger Mann, der durch seinen Ernst und seinen offenen Blick auf Anhieb Vertrauen erweckte.
In den drei Jahren seit dem Tod ihrer Mutter hatte er Annalise sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass er nichts lieber täte, als in anderer Eigenschaft als nur der des Firmenanwalts in ihr Leben zu treten.
Doch sosehr sie ihn auch mochte, es wollte einfach nicht zwischen ihnen funken, und es gab nichts, was sie verlockte, eine intimere Beziehung mit ihm einzugehen.
Außerdem musste sie sich um ihr Unternehmen kümmern. Absatzflaute, neue Artikel, Werbeauftritte – da blieb keine Zeit für private Beziehungen. Ihre Mutter hatte ihr ganzes Leben dem Aufbau des Geschäfts gewidmet, das Letzte, was Annalise wollte, war, dass es unter ihrer Führung einging.
»Ich kann deine Sorgen spüren«, saget Mike und brach damit das Schweigen, das sich zwischen ihnen ausgebreitet hatte.
Sie warf ihm ein flüchtiges Lächeln zu. »In den letzten paar Monaten sind sie anscheinend meine ständigen Begleiter.«
»Du nimmst das alles zu ernst. Jedes Unternehmen macht mal miese Zeiten durch, und es ist ja nicht so, dass du keinen Profit mehr erwirtschaftest.«
»Ich weiß. Vielleicht ist es nur das Älterwerden oder sonst etwas Komisches.« Sie furchte die Stirn und nagte an ihrer Unterlippe, bevor sie fortfuhr: »Ich habe das Gefühl, als hielte ich innerlich die Luft an, weil mir
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