Angst vor dem zweiten Anfang: turbulante Familiengeschichte (German Edition)
Arm.
„Er möchte einen Hot Dog, er meint nicht den Hund.“
„Woher weißt du das?“ Er sah den Jungen auf Sannas Hüfte an. Das musste ihr drittes Kind sein. Nur die wahre Mutter des Jungen hätte ihn in seinem solchen Zustand auf den Arm genommen.
„David liebt Hot Dogs. Wenn ich ihn ließe, würde er sie zu jeder Mahlzeit essen.“
Johannes erschauerte und versuchte sich zu erinnern, wann er zuletzt einen Hot Dog gegessen hatte. Es fiel ihm nicht ein. Er sah zu, als Sanna ein Würstchen aufspießte und darauf blies. Seine Augen blieben an ihrem Mund hängen, und sein Herz tat einen Sprung. Verlangen erfasste ihn.
Es brauchte all seine Willenskraft, aber er schaffte es, den Blick von Sannas verführerischem Mund abzuwenden. Das hier war nicht die Frau, die er vor drei Wochen in den Armen gehalten hatte. Diese Sanna war eine Mutter, die ein Kind auf dem Arm hatte und von Dutzenden anderer umringt war.
Er musste erst einmal diese Sanna des Tageslichts mit jener Sanna der Nacht in Einklang bringen.
Was gab es Besseres, um seinen Körper wieder zu beruhigen, als an ihre Kinder zu denken? Er nickte in Richtung des Jungen, der mit beiden Händen nach seinem Hot Dog griff.
„Ich nehme an, das ist dein Sohn?“
„Oh, tut mir leid.“ Sie prüfte die Temperatur des Hot Dogs mit dem Finger, ehe sie ihn weiterreichte. „Johannes, das ist mein Sohn David.“ Der kleine Junge grinste entzückt und biss in den Hot Dog. Dann sah er Johannes neugierig an, während er kaute. „David, das ist Johannes. Er ist ein ...“
Sie zögerte, und Johannes ergänzte im Geist ein paar Formulierungen. Er ist mein Liebhaber. Er ist der unglaublichste Mann, den ich je kennengelernt habe. Er ist der Mann, von dem ich die vergangenen zwei Monate geträumt habe. Alles davon wäre ihm recht gewesen. Er lächelte den Jungen an und nannte das Wort, nach dem Sanna suchte.
„Ich bin der Gutachter, der euer Haus begutachten soll. Und ich bin ein Freund.“
Sie sah ihn an, als wollte sie sagen, dass das letzte Wort nicht ganz das passende Wort war.
„Ja, David, Johannes ist ein Freund.“
David lächelte Johannes an. „Söön“, sagte er.
Sie ließ den kleinen Jungen wieder herunter. „Geh jetzt spielen. Und denk daran, im Garten zu bleiben.“
David winkte mit seinem halbgegessenen Hot Dog und lief los.
Sanna machte einen weiteren Hot Dog und hielt ihn Johannes hin.
„Nein danke, Frau Susanna Altmann.“
Sie wirkte wie vor den Kopf geschlagen, weil er ihren Namen kannte. „Ach ja, der Auftrag …“ Sie sprach nicht weiter, weil Jonas sich zu ihnen an den Grill gesellte.
Johannes folgte ihrem Blick und lächelte das Geburtstagskind an, doch der Junge lächelte nicht zurück. Er stand einfach nur mit einem merkwürdigen Ausdruck im Gesicht da. Es war eine Mischung aus Erschrecken über einen Geist und Staunen, weil es den Weihnachtsmann wirklich gab.
Sanna drückte Johannes das Tablett in die Hand und trat zu ihrem Sohn.
„Jonas, Schatz, alles in Ordnung?“
Der Junge blinzelte. „Ja, klar, Mama.“ Aber er sah weiterhin Johannes an, als wartete er darauf, dass irgendetwas Magisches passierte.
Johannes trat unruhig hin und her und beantwortete Sannas fragenden Blick mit einem Schulterzucken. Er hatte keine Ahnung, warum der Junge ihn so ansah.
Auch Sanna zuckte mit den Schultern. „Jonas, ich möchte dir …““
„Ich weiß, wer er ist“, unterbrach der Junge sie.
„Du weißt es?“, fragte Sanna.
„Du weißt es?“, fragte Johannes. Er hatte den Jungen noch nie zuvor gesehen.
„Ja“, strahlte Jonas. „Er ist mein Geburtstagswunsch.“
„Dein Geburtstagswunsch?“ Sanna blickte zwischen Johannes und ihrem Sohn hin und her.
„Ja.“
„Und was genau hast du dir zum Geburtstag gewünscht, Jonas?“, fragte Sanna widerstrebend.
„Ich habe mir einen Papi gewünscht“, erwiderte Jonas.
2.
Sanna schaute ihren Sohn an, und Hilflosigkeit überkam sie.
„Du hast dir einen Papi gewünscht?“
„Einen Papi?“ Johannes erstickte fast an dem Wort und wurde drei Schattierungen blasser.
Sanna sah von Johannes zu ihrem Sohn und seufzte. Es war ein langer und anstrengender Tag gewesen, und er war noch nicht einmal halb um. Das letzte, was sie erwartet
Weitere Kostenlose Bücher