Angst
Beine zu stellen, die noch nie jemand versucht hat. Aber wenn du aussteigen willst, okay. Ich zahl dich aus.«
Jetzt schaute Quarry verblüfft. Doch dann fing er plötzlich an zu grinsen. »Das würdest du glatt tun. Aber so leicht wirst du mich nicht los.« So schnell ihn der Mumm verlassen hatte, so schnell war er auch wieder zurückgekehrt. »Solange der Laden existiert, bin ich dabei. Schätze, die Bilder von dem Flugzeug sind mir ein bisschen auf den Magen geschlagen. Wenn du dabei bist, bin ich es auch. Also dann.« Er bedeutete Hoffmann vorauszugehen. »Gehen wir wieder zu unserer geschätzten Psychopathen- und Kriminellenbande, die wir stolz unsere Kundschaft nennen dürfen.«
»Du gehst. Ich habe alles gesagt. Wenn Sie noch Geld zuschießen wollen, okay, wenn nicht, dann schmeiß sie raus.«
»Aber die sind doch nur gekommen, weil sie dich sehen wollten …«
»Na also, das haben sie ja.«
Quarry zog die Mundwinkel nach unten. »Aber du kommst doch wenigstens zum Lunch?«
»Hugo, ich kann diese Bagage einfach nicht ertragen …« Quarry machte ein so verzweifeltes Gesicht, dass Hoffmann sofort kapitulierte. »Jaja, wenn es denn so wichtig ist, dann komme ich zu deinem verdammten Lunch.«
»Im Beau-Rivage. Um eins.« Quarry schien noch etwas sagen zu wollen, doch dann schaute er auf seine Uhr und fluchte. »Scheiße, die sind jetzt schon eine Viertelstunde allein.« Er machte sich auf den Weg zum Sitzungsraum. Im Gehen drehte er sich noch einmal um und rief: »Ein Uhr.« Er zielte mit dem Finger auf Hoffmann. »Guter Junge.« Die andere Hand hatte schon das Handy aus der Tasche gezogen und tippte eine Nummer ein.
Hoffmann drehte sich auf dem Absatz um und ging in die entgegengesetzte Richtung. Er war allein im Gang. Schnell steckte er den Kopf um die Ecke der Nische und schaute in die mit Kaffeemaschine, Mikrowelle und riesigem Kühlschrank bestückte Gemeinschaftsküche: auch leer. Ein paar Schritte weiter befand sich Ju-Longs Büro. Die Tür war zu, der Schreibtisch seiner Sekretärin unbesetzt. Hoffmann klopfte an und ging sofort hinein.
Es war, als hätte er eine Gruppe Teenager aufgescheucht, die sich gerade am Familiencomputer einen Pornoclip anschaute. Ju-Long, van der Zyl und Rajamani fuhren vom Monitor zurück. Ju-Long griff zur Maus und klickte auf eine andere Seite.
»Wir schauen uns gerade die Devisenmärkte an, Alex«, sagte van der Zyl. Die Züge des Holländers waren etwas zu groß für sein Gesicht. Sie verliehen ihm das Aussehen eines intelligenten, schwermütigen Wasserspeiers.
»Und?«
»Der Euro verliert gegenüber dem Dollar.«
»Wie von uns erwartet, oder?« Hoffmann stieß die Tür weiter auf. »Lasst euch durch mich nicht von der Arbeit abhalten.«
»Alex …«, sagte Rajamani.
Hoffmann fiel ihm ins Wort. »Ich würde gern mit LJ sprechen – unter vier Augen.« Er schaute stur geradeaus, als die beiden anderen den Raum verließen. Nachdem sie gegangen waren, sagte er: »Also, LJ . Sie sagen, dieses Konto ist bei uns gespeichert.«
»Es taucht zweimal auf.«
»Sie meinen, das ist ein Konto von uns? Eins, über das wir Geschäfte abwickeln?«
»Nein.« Ju-Longs glatte Stirn legte sich in tiefe Falten. »Es hat den Anschein, als wenn Sie es für private Zwecke genutzt hätten.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Weil Sie das Back Office beauftragt haben, zweiundvierzig Millionen Dollar auf das Konto zu überweisen.«
Hoffmann suchte in Lu-Jongs Gesicht nach Anzeichen dafür, ob das ein Witz sein sollte. Aber wie Quarry immer sagte, besaß Ju-Long zwar jede Menge bewunderungswürdiger Eigenschaften, aber nicht den geringsten Sinn für Humor.
»Wann habe ich diese Überweisung veranlasst?«
»Vor elf Monaten. Ich habe Ihnen die Original-E-Mail gerade rübergeschickt.«
»Okay, danke, ich werde das gleich überprüfen. Sie haben gesagt, es hat zwei Überweisungen gegeben.«
»Ja, das Geld ist letzten Monat komplett zurücküberwiesen worden, inklusive Zinsen.«
»Warum haben Sie das nie mit mir abgeklärt?«
»Warum hätte ich das tun sollen?«, sagte der Chinese leise. »Wie Sie gesagt haben: Das ist Ihre Firma.«
»Ja, sicher. Danke, LJ .«
»Keine Ursache.«
Hoffmann wandte sich zur Tür. »Und Sie haben das gegenüber Gana und Pieter auch nicht irgendwann mal beiläufig erwähnt?«
»Nein.«
Hoffmann ging schnell zu seinem Büro. Zweiundvierzig Millionen Dollar. Er war sich sicher, dass er die Überweisung einer so großen Summe nie veranlasst hatte. Das
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