Angst
in Dollar umgerechneten Ergebniszahlen waren ein einziger Rausch schieren Profits.
»Ich frage mich, was Sie bei diesem einen Trade abräumen«, sagte Easterbrook. »Zwanzig Millionen, dreißig Millionen? Machen Sie sich auf was gefasst, Hugo. Die Jungs von der Börsenaufsicht werden sich über die Sache hermachen wie Ameisen bei einem Picknick.«
»Alex?«, sagte Quarry. »Die Sitzung.«
Aber Alex hörte ihn nicht. Er konnte seine Augen nicht von den Ziffern auf dem Handelsbildschirm losreißen. Der Druck in seinem Schädel war gewaltig. Er betastete mit zwei Fingern die Naht auf seinem Kopf. Sie fühlte sich so gespannt an, als könnte sie jeden Augenblick aufplatzen.
Sieben
Das kann nicht ewig so weitergehen. Es ist das Wesen von Exponenten, dass man sie immer weiter nach oben treibt – bis es schließlich zur Katastrophe kommt.
Gordon Moore
Erfinder des Moore ’ schen Gesetzes, 2 0 0 5
Laut einem von Ganapathi Rajamani, dem Leiter des Risikomanagements von Hoffmann Investment Technologies, später angefertigten Vermerk kam der Risikoausschuss um 11:57 Uhr kurz zusammen. Alle fünf Mitglieder der Unter nehmensführung waren anwesend: Dr. Alexander Hoff mann (Präsident), Hugo Quarry (Geschäftsführer), Lin Ju-Long (Leiter Finanzen), Pieter van der Zyl (Leiter Operatives Geschäft) und Rajamani selbst.
Die Sitzung verlief nicht ganz so förmlich, wie es das Protokoll suggerierte. Als sie später ihre Erinnerungen verglichen, waren sich alle einig, dass sie sich nicht einmal hingesetzt hatten. Sie standen alle in Quarrys Büro herum, bis auf Quarry selbst, der auf der Kante seines Schreibtisches saß, um sein Computerterminal im Auge zu behalten. Hoffmann stand wieder am Fenster und lugte gelegentlich durch die Jalousien nach unten auf die Straße. Das war der zweite Punkt, an den sich jeder erinnerte: wie zerstreut er gewesen war.
»Also los, wir haben keine Zeit«, sagte Quarry. »Ich muss zurück in den Sitzungsraum, da scharren hundert Milliarden Dollar unbeaufsichtigt mit den Hufen. Mach bitte die Tür zu, LJ .« Er wartete, bis er sich sicher war, dass kein anderer sie hören konnte. »Ich nehme an, wir haben alle gesehen, was gerade passiert ist. Die erste Frage lautet: Müssen wir nach einer derart großen Wette auf fallende Kurse bei Vista Airways, kurz bevor der Kurs abgestürzt ist, mit einer offiziellen Untersuchung rechnen? Gana?«
»Kurz gesagt, ja. Fast sicher.« Rajamani war ein eleganter und gewissenhafter junger Mann mit einem ausgeprägten Sinn für die eigene Bedeutung. Sein Job war es, die Risikolevels des Fonds im Auge zu behalten und dafür zu sorgen, dass sie mit dem Gesetz in Einklang standen. Quarry hatte ihn sechs Monate zuvor von der britischen Finanzmarktaufsichtsbehörde, der Financial Services Authority in London, abgeworben. Er diente der Imagepflege.
»Wirklich?«, sagte Quarry. »Obwohl wir unmöglich wissen konnten, dass so etwas passieren würde?«
»Das läuft automatisch an. Die Algorithmen der Behörde haben bestimmt sofort jede ungewöhnliche Aktivität im Handel mit den Aktien der Fluggesellschaft vor dem Kurssturz registriert. Schon das führt sie dann direkt zu uns.«
»Aber wir haben nichts Ungesetzliches getan.«
»Nein. Es sei denn, wir hätten das Flugzeug selbst vom Himmel geholt.«
»Das haben wir ja wohl nicht, oder?« Quarry schaute in die Runde. »Ich meine, Mitarbeiter mit Eigeninitiative haben meine volle Sympathie, aber …«
»Allerdings werden sie von uns die Antwort auf eine Frage haben wollen«, fuhr Rajamani fort. »Warum haben wir genau zu diesem Zeitpunkt zwölfeinhalb Millionen Anteile geshortet? Ich weiß, die Frage hört sich absurd an, Alex, aber könnte VIXAL auf irgendeine Weise vor dem Rest des Marktes Informationen über den Absturz erhalten haben?«
Zögernd ließ Hoffmann die Lamellen der Jalousie zurückschnalzen und drehte sich zu seinen Kollegen um. » VIXAL bezieht einen direkten digitalen Newsfeed von Reuters. Das bringt vielleicht ein, zwei Sekunden Vor sprung vor einem menschlichen Trader, aber den Feed be ziehen jede Menge anderer algorithmischer Systeme auch.«
»Außerdem kommt man in so einer kurzen Zeitspanne nicht weit«, sagte van der Zyl. »Um eine Position von dieser Größe aufzubauen, braucht man ein paar Stunden.«
»Wann haben wir angefangen, die Optionen zu kaufen?«, fragte Quarry.
»Sofort bei Öffnung der europäischen Märkte«, sagte Ju-Long. »Um neun Uhr.«
»Können wir die ganze Geschichte
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