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Angst

Angst

Titel: Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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nicht einfach stoppen?«, sagte Hoffmann gereizt. »Selbst der Dümmste von diesen Behördenpennern kapiert in fünf Minuten, dass die Anteile, die wir da geshortet haben, Teil eines Musters von Wetten auf fallende Kurse waren. Das war nichts Besonderes. Das war Zufall. Vergesst den Scheiß.«
    »Nun ja«, sagte Rajamani. »Als ehemaliger dummer Be hördenpenner muss ich Ihnen zustimmen, Alex. Das Entscheidende ist das Muster. Genau deshalb wollte ich Sie ja heute Morgen sprechen. Wenn Sie sich erinnern.«
    »Ja, ja, tut mir leid, aber ich war sowieso schon spät dran für die Präsentation.« Quarry hätte den Kerl nie ein stellen dürfen, dachte Hoffmann. Einmal Kontrolleur, immer Kontrolleur. Das war wie bei einem ausländischen Akzent. Man konnte nie ganz verbergen, woher man kam.
    »Worauf wir wirklich ein Auge haben müssen, ist unser Risikolevel, wenn die Märke anziehen – Procter & Gam ble, Accenture, Exelon, Dutzende von Unternehmen: meh rere zehn Millionen Optionen seit Dienstagabend. Riesige Einwegwetten, die wir da spielen.«
    »Und dann ist da noch unsere offene Position im VIX «, fügte van der Zyl hinzu. »Da läuten bei mir schon seit Tagen die Alarmglocken. Wenn Sie sich erinnern, Hugo, ich habe das Ihnen gegenüber schon letzte Woche erwähnt.« Van der Zyl hatte früher an der University of Technology in Delft Ingenieurwissenschaften unterrichtet und sich seine pädagogische Attitüde bewahrt.
    »Und, wie stehen wir im VIX ?«, fragte Quarry. »Ich hatte so viel mit den Vorbereitungen für die Präsentation zu tun, dass ich in letzter Zeit gar nicht mehr dazu gekommen bin, mir unsere Zahlen anzuschauen.«
    »Aktuell bei zwanzigtausend Kontrakten.«
    »Zwanzigtausend?« Quarry warf Hoffmann einen schnellen Blick zu.
    »Im April stand der Index bei achtzehn«, sagte Ju-Long. »Da haben wir angefangen, VIX -Futures zu kaufen. Wenn wir früher in der Woche verkauft hätten, hätten wir sehr gut abgeschnitten. Davon war ich auch ausgegangen. Aber anstatt das Logische zu tun, haben wir weiter gekauft. Noch mal viertausend Kontrakte zu fünfundzwanzig. Ein höllisches Level an impliziter Volatilität.«
    »Ehrlich gesagt, mache ich mir ernsthaft Sorgen«, sagte Rajamani. »Unser Orderbuch ist völlig aus dem Ruder gelaufen. Wir sind long bei Gold. Wir sind long beim Dollar. Und wir sind sehr short bei jedem Index für Futures.«
    Hoffmann schaute Rajamani, Ju-Long und van der Zyl nacheinander ins Gesicht. Plötzlich ging ihm auf, dass sie sich schon vorher beraten hatten. Das war ein Überfall aus dem Hinterhalt – ein Überfall von Finanzbürokraten. Keiner von ihnen hatte die Qualifikation eines Quants. Er spürte, wie ihm die Galle hochkam. »Und was schlagen Sie nun vor, Gana?«, sagte er.
    »Meiner Meinung nach sollten wir einige dieser Positionen liquidieren.«
    »Das ist so ziemlich das verdammt noch mal Dümmste, was ich je gehört habe«, sagte Hoffmann. Ärgerlich schlug er mit dem Handrücken gegen die Jalousie, die scheppernd gegen die Scheibe knallte. »Herrgott, Gana, wir haben letzte Woche fast achtzig Millionen Dollar gemacht. Und erst heute Morgen noch mal vierzig Millionen. Und Sie wollen VIXAL s Analyse ignorieren und wieder nach eigenem Ermessen handeln?«
    »Nicht ignorieren, Alex. Das habe ich nicht gesagt.«
    »Lass gut sein, Alex«, sagte Quarry ruhig. »Das war nur ein Vorschlag. Er wird dafür bezahlt, dass er sich Gedanken über Risiken macht.«
    »Nein, ich lass es ganz und gar nicht gut sein. Er verlangt von uns, dass wir eine Strategie sausen lassen, die massiv Alpha generiert. Das ist genau die Art von schwachsinniger Unvernunft, die auf Erfolg mit der Angst reagiert, zu deren Ausnutzung VIXAL entwickelt wurde. Wenn Gana nicht glaubt, dass bei der Beurteilung des Marktes Algorithmen dem Menschen grundsätzlich überlegen sind, dann arbeitet er im falschen Laden.«
    Rajamani ließ die Tirade seines Chefs ungerührt über sich ergehen. Er hatte den Ruf eines Terriers: Bei der FSA hatte er Goldman gehetzt. »Ich muss Sie daran erinnern, Alex, dass der Wertpapierprospekt dieses Unternehmens seinen Kunden zusagt, bei seinen offenen Positionen eine jährliche Volatilität von zwanzig Prozent nicht zu überschreiten«, sagte er. »Wenn ich feststelle, dass eine Verlet zung dieser statutarischen Risikobegrenzung droht, bin ich zum Einschreiten verpflichtet.«
    »Und das heißt was?«
    »Das heißt, falls der Umfang unserer offenen Positionen nicht verringert wird, muss ich die

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