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Angstfalle

Angstfalle

Titel: Angstfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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Trixi konnte nichts zum Gespräch beisteuern, denn außer den Erlebnissen mit ihrem Verfolger, ein Thema, das bei Käthe auf taube Ohren stieß, hatte sie nichts zu erzählen. Später zog es sie nach draußen.
    Warum konnte sie nicht wie andere auch ihre Freude an dem strahlenden Weiß haben? Warum lag Roland Berkes so viel daran, ihr das Leben schwer zu machen?
    Kopfschüttelnd stapfte sie zu der Stelle, wo der Sensenmann auf sie wartete. Aber schon wieder erlebte sie eine Überraschung. Dort stand nur noch ein Schneemann. Statt des Zylinders trug er eine alte verrostete Farbdose auf dem Kopf, die aus ihrem Keller stammte. Sein Gesicht war eine grinsende Grimasse, der Mund eine Bananenschale, deren Enden nun nach oben zeigten, die Augen glitzernde Steine, die aus ihrem Hof stammen konnten, die Nase ein kleines Stück Holz, dessen Krümmung nach oben zeigte, wodurch der Gesichtsausdruck lustig wirkte. Auch von der Sense war nichts mehr zu sehen. Stattdessen steckte in den runden Schneemassen ein morsches Brett, das aus der alten Kellertür herausgebrochen war. Darauf stand mit weißen Buchstaben geschrieben: › Der Tod steht dir gut! ‹ Trixi fuhr mit dem Finger über die Buchstaben, deren Weiß von der dunklen Planke abstach. Es war Schnee. Während sie beobachtete, wie die Buchstaben unter ihren Fingern verwischten, musste sie sich eingestehen, dass es längst an der Zeit gewesen wäre, sich einen Fotoapparat anzuschaffen. So entging ihr schon wieder die Chance, Beweise zu sammeln.
    Was war mit Roland Berkes los? Wie vereinbarten sich diese Handlungen mit dem, was er sagte? Er sprach vom Heiraten, von Liebe und vom ewigen Zusammensein. Warum wandte er solchen Methoden an? Wollte er erreichen, dass sie sich vor Furcht in seine Arme schwang und um seinen Schutz bettelte? Angeekelt von diesem Gedanken schüttelte sie den Kopf. So etwas brachte nur ein Verrückter fertig. War Roland Berkes verrückt?
    Sie kehrte ins Haus zurück. Der Gang zur Polizei hatte sich erledigt.
    Auch wenn sie sein Vorgehen nicht verstand, so erkannte sie doch eine gefährliche Raffinesse dahinter.
    Als das Telefon klingelte, wunderte sich Trixi. Käthe hatte erst angerufen. Ihre Vorsicht vergessend hob sie ab.
    Eine flüsternde Stimme sagte: »Hast du es immer noch nicht verstanden?«
    »Was?«
    »Der Sensenmann. Ihn kann man nicht einfach vernichten. Er ist immer da, auch wenn du glaubst ihn überlistet zu haben, weil er sich verwandelt hat. Er kann in jeder Gestalt auftreten, und genau das tut er, wenn er ein Ziel verfolgt. Der Sensenmann hat sein Opfer gefunden. Das bist du. Er ist gekommen, um dich zu holen. Niemand kann ihn daran hindern. Deine Zeit ist gekommen!«
    Trixi zitterte am ganzen Körper. Dieser Anruf war zu viel für sie. Panik erfasste sie. Sie drückte das Gespräch weg, ergriff sie ihre Jacke und verließ fluchtartig das Haus. Sie eilte in die Kaiserstraße zur Bushaltestelle. Sollte sie wieder zu der Polizeiinspektion in der Saarbrücker Straße gehen? Nein! Das Ausmaß der Bedrohung war groß. Deshalb zog sie es vor, zur übergeordneten Dienststelle zu gehen. Von dort erhoffte sie sich mehr.
    Sie stieg in den Bus, fuhr bis in die Mainzer Straße und legte die letzten Meter bis zur Kriminalpolizeiinspektion zu Fuß zurück. Nachdem sie dem Pförtner ihr Anliegen geschildert hatte, meinte der: »Ich benachrichtige den Kollegen der Abteilung für Tötungsdelikte, der heute Dienst hat. Das wird sein Kontingent an Erfahrungen bei der Jagd nach Mördern wesentlich erweitern.«
    Trixi ärgerte sich über diese Bemerkung.
    Was der Pförtner am Telefon sagte, konnte sie nicht verstehen. Das konnte ja heiter werden. Wer wusste schon, was er dem Diensthabenden berichtete.
    Kurze Zeit später kam ein großer Mann auf Trixi zu.
    Er stellte sich nicht vor, sondern fragte in einem gleichmütigen Tonfall: »Sie wollen Anzeige erstatten?«
    Mürrisch wiederholte Trixi, was sie dem Pförtner gerade erzählt hatte. Daraufhin bat der Beamte sie, ihm zu folgen.
    Sein Büro war mit einem großen, hellen Schreibtisch ausgestattet auf dem neben einem Computer mit Flachbildschirm ein roter Weihnachtsstern leuchtete.
    Auf dieser Etage herrschte eine unheimliche Stille. Nur die leise Stimme eines Radiosprechers war zu hören.
    »Sind Sie allein?«
    »Ja! Ich habe Bereitschaft. Im Notfall sind die Kollegen schnell zur Stelle«, erklärte er. »Aber den Kampf gegen einen mordenden Schneemann nehme ich noch allein

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