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Angsthauch

Angsthauch

Titel: Angsthauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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Schmuddelwetter über den Parkplatz getrieben. Sie, wie auch ihre Kleidung, war viel zu dünn für den englischen März. Sie sah aus, als könne sie jeden Moment weggeweht werden, hinauf in den dunklen Abendhimmel. Einen Augenblick lang schien sie nicht zu wissen, wohin sie sich wenden sollte. Sie zögerte, schob sich die schwarzen Haare aus den Augen und ließ auf der Suche nach Rose den Blick über die Autos schweifen. Ein Mann im teuren Regenmantel, der ihr über den Parkplatz entgegenkam, blieb kurz stehen, um sie zu mustern. Man konnte seine Gedanken fast hören: ein interessanter Anblick, sogar ein wenig vertraut. Fünfzehn Jahre zuvor war Polly eine Berühmtheit gewesen. Man sah das Abwägen in seiner Miene, dann seinen Entschluss, doch lieber wieder zu seinem gediegenen Audi mit den glatten Ledersitzen zurückzukehren.
    Dann sah Polly herüber, und auf ihrem Gesicht erschien das erste echte Lächeln, das Rose seit ihrer Ankunft gesehen hatte. Sie kam um den Wagen herumgelaufen und erklomm die Böschung, um sich wieder hinzusetzen.
    »Wir sollten jetzt los«, meinte Rose.
    »Nur noch eine«, sagte Polly, drehte sich eine zweite Zigarette und steckte sie an. Mit zusammengekniffenen Augen blies sie den Rauch in die Dunkelheit. Dann wandte sie sich zu Rose um. »Ich wollte mich noch bei dir bedanken. Du und Gareth, ihr seid wirklich großzügig.«
    »Keine Ursache«, wiegelte Rose ab. »Außerdem haben wir jede Menge Platz.«
    »Ich weiß. Aber ich weiß auch, dass Gareth und ich nie wirklich einen Draht zueinander hatten. Er hat mich gehasst, weil ich ihm Christos weggenommen habe.«
    »Meinst du, daran hat es gelegen?«, fragte Rose. Ihr hatte es immer zu schaffen gemacht, dass Gareth nicht benennen konnte, was genau ihn so an Polly störte. Ihre eigene Theorie war, dass es mit seiner Eifersucht auf ihre Freundschaft zu tun hatte – dass er sich davon in irgendeiner Weise bedroht fühlte. Was auch immer der Grund war, die beiden aus zwei Freundespaaren zusammengesetzten Pärchen hatten nie so viel gemeinsam unternommen, wie man vielleicht vermutet hätte. Eine Woche nachdem sie das erste Mal mit Gareth geschlafen hatte, war Rose praktisch bei ihm eingezogen. Es war eine Art Vermeidungsstrategie, dessen war sie sich durchaus bewusst gewesen. Sie hatte Probleme damit gehabt, in Christos’ Nähe zu sein, während sie mit Gareth zusammen war. Gegenüber Polly die zweite Geige zu spielen war ihr nicht weiter schwergefallen – sie hatten sich nach wie vor fast täglich gesehen, bis Polly nach Karpathos gezogen war. Aber den Gedanken, Gareth könnte für sie nur ein Ersatz sein, obwohl er doch in so vielerlei Hinsicht der perfekte Partner für sie war, hatte sie nicht ertragen.
    Kurz nachdem sie mit Gareth zusammengekommen war, hatte er sie zu einer privaten Ausstellung am Goldsmiths College eingeladen, auf der die Abschlussarbeiten von Christos’ und seinem Jahrgang gezeigt wurden. Gareths Werk mit dem Titel BlutLinie war genau das, was der Name andeutete: ein weißer quadratischer Raum, in dem er auf Höhe seines Herzens mit seinem eigenen Blut eine breite horizontale Linie an die Wand gemalt hatte. Auf Höhe seiner Augen hatte er mit Gafferband Briefe und Unterlagen befestigt, die im Zusammenhang mit der Suche nach seiner leiblichen Mutter standen. In der Mitte einer Wand, gleich neben der Tür, die von selbst zufiel, sobald man den Raum betreten hatte, hing ein Foto seiner Mutter. Es war das einzige, das er von ihr besaß, und er hatte ihr darauf die Augen ausgestochen.
    Rose stand in einem geblümten Chiffonkleid in der Mitte des Raums, hielt sich an ihrem Weinglas fest und weinte, während Gareth ihr erzählte, wie Pam und John, die zwei Menschen, von denen er seine gesamte Kindheit und Jugend hindurch geglaubt hatte, dass sie seine leiblichen Eltern wären, ihm die Wahrheit verschwiegen hatten, bis er achtzehn war. Nach ihrem Geständnis, dass er adoptiert sei, hatte er einen Monat lang wie ein Wahnsinniger getobt. Er hatte sie umbringen wollen. Er hatte seine leibliche Mutter umbringen wollen – die Frau, die ihn verlassen hatte.
    »Aber warst du denn nicht dankbar für dein Leben? Du hattest es doch gut, oder nicht?« Rose suchte in seinen Augen verzweifelt nach einer Erlösung von der Anspannung, die in diesem engen, grellweißen Raum auf ihr lastete.
    »Nein«, sagte Gareth und legte einen Finger auf die rote Linie. »Meine Wut hat all das Gute ausgelöscht. Warum haben sie mir nichts gesagt? Warum

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