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Angsthauch

Angsthauch

Titel: Angsthauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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zu gehen, das seinem Onkel Stavros gehöre.
    London steckte mitten in einer Hitzewelle, und alles war ein wenig schärfer, intensiver. An dem Abend, an dem sie gemeinsam in das Restaurant gingen, hatte die Dämmerung keine Erleichterung von der Schwüle des Tages gebracht. Es sollte einer der außergewöhnlichsten Abende in Roses Leben werden.
    Nach einem Essen, bestehend aus gegrilltem Souflaki, cremigem, knoblauchschwerem Zaziki und Baklava, so süß, dass einem davon die Zähne weh taten, blieben Rose und Christos noch am Tisch sitzen und tranken Ouzo und griechischen Kaffee, bis das Lokal schloss. Danach machte Onkel Stavros mehrere Flaschen Bier und gekühlten Retsina auf, verteilte sie unter den Angestellten, drehte die Musik lauter, rückte die Tische an die Wände und verwandelte sein Lokal in einen Club. Das sei für einen Samstagabend ganz normal, erklärte Christos ihr.
    Die Nacht war lang und heiß. Rose tanzte zwischen einem dicken, vor Schweiß triefenden mexikanischen Tellerwäscher und einer Kellnerin, die ihr gleich zu Anfang wegen ihrer außergewöhnlichen Schönheit aufgefallen war. Irgendwann drängte Christos sich dazwischen, schlang ihr in einer Geste, die kühn und romantisch war wie aus einem alten Film, den Arm um die Taille und fegte mit ihr davon, damit er sie ganz für sich allein hatte.
    Sie tanzten stundenlang, die Hüften aneinander festgeschweißt und Haut an Haut dort, wo sie unter seinem T-Shirt die Arme hinter seinem Rücken verschränkt hatte. Er roch nach Eau Sauvage, Knoblauch und frischem Schweiß. Selbst jetzt, über ein Jahrzehnt später und ungeachtet der Tatsache, dass Christos tot war, war Rose die Erinnerung daran noch so deutlich, dass sie ganz hinten in der Kehle unwillkürlich einen kleinen erstickten Laut machte.
    Um halb fünf, kurz vor Sonnenaufgang, rief sein Onkel mehrere Taxis. Alles strömte aus dem Lokal in die stickige Nacht hinaus.
    »Nun zum besten Teil des Abends!«, meinte Christos grinsend, als er ihr beim Einsteigen half.
    Sie fuhren hoch zu Hampstead Heath, wo sie, kichernd wie ein Haufen Schulkinder, über die Zäune kletterten, um in einen der Schwimmteiche einzubrechen. Das bilde traditionsgemäß den Abschluss eines heißen Samstagabends, erklärte Christos. Es sei ein Überbleibsel aus jenen Tagen, als sein Onkel ein Restaurant in der Plaka in Athen gehabt habe und sie alle gemeinsam nach Rafina hinuntergegangen seien, um den Sonnenaufgang über der Ägäis zu erleben, bevor sie dann zum Fischmarkt weiterzogen, um Ware für das Menü des anbrechenden Tages einzukaufen.
    »Der Teich in Hampstead Heath ist nicht ganz dasselbe, und heutzutage wird mir der Fisch von einem dreckigen weißen Lieferwagen ins Haus gebracht, aber man muss aus allem das Beste machen.« Onkel Stavros zuckte mit den Schultern, zog sich die Kleider aus, unter denen ein dunkel behaarter Körper zum Vorschein kam, der vielleicht ein bisschen zu viel Souflaki und Kleftiko genossen hatte, und machte einen Bauchklatscher ins kalte schwarze Wasser.
    Die anderen folgten seinem Beispiel. Ihnen war so heiß, dass das Wasser praktisch zischte, als sie hineinsprangen.
    Christos schwamm einmal quer durch den Teich und lotste Rose zu einer dunklen Stelle, weit weg von den anderen. Während das Geschrei und Gelächter langsam verebbten und einer nach dem anderen nach Hause ging, liebten sich Rose und Christos im Licht des frühen Morgens nackt im Gras. Er fiel über sie her wie ein hungriges Tier, leckte und biss. Sie kam ihm gierig entgegen.
    Rückblickend erkannte sie, dass Christos in jener Nacht etwas in ihr zum Leben erweckt hatte, von dessen Existenz sie zuvor nichts gewusst hatte, und dafür war sie ihm dankbar.
    Als sie in der warmen Morgensonne zurück durch den Park schlenderten, dachte Rose, dass es mit diesem Mann etwas werden könnte. Immer wieder blieben sie stehen, um verschlingende Küsse auszutauschen und ihre schmerzenden, erschöpften Lippen und Gesichter noch weiter aneinander aufzureiben.
    »Willst du noch mit reinkommen und einen Kaffee trinken?«, fragte sie lächelnd, als sie vor der Tür zu der Wohnung angekommen waren, die sie sich mit Polly teilte.
    »Ich will mit reinkommen und noch ein bisschen vögeln«, flüsterte er. »Und dann will ich mit dir schlafen.«
    Und genau das tat er. Wie üblich hatte Polly die ganze Nacht durchgefeiert, und die Wohnung sah aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen, aber ausnahmsweise war es Rose egal.
    Sie erwachten am späten

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