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Angsthauch

Angsthauch

Titel: Angsthauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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sie stehen und hielten den Atem an, um dem großen Nichts des ländlichen Abends zu lauschen, bis es vom Kreischen einer Eule und dem Quieken eines kleinen Tiers unterbrochen wurde. Sie gingen weiter. Als sie sich dem Pub näherten, der gleich am Rand des Dorfs lag, lösten Straßenlaternen den Mond und die Sterne ab, und der Lärm aus dem Innern verschluckte die Stille der Nacht.
    Drinnen war es brechend voll. Dafür, dass Polly nur ein Telefon und die Post zur Verfügung gehabt hatte – sie hatte behauptet, nicht einmal zu wissen, wie man einen Computer einschaltete –, hatte sich ein beachtliches Publikum versammelt. Es mussten mehr als zweihundert Gäste sein, das Pub platzte aus allen Nähten. Rose sah sich um, während Gareth zur Bar ging. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, waren die Zuschauer keine Leute aus dem Dorf. In den gesamten fünfhundert Jahren seiner Existenz konnte das Pub nicht so viele Piercings und so viel Leder gesehen haben wie an diesem einen Abend. Die Mehrheit der Gäste bestand aus verlebten, schwarzgekleideten Mittdreißigern, die sichtlich aufgeregt waren und etwas tranken, das wie Snakebite aussah. Das waren offensichtlich Fans aus alten Tagen. Aber daneben gab es auch einige smarte, betont gleichmütige Typen, die Weißwein nippten und versuchten, Empfang auf ihren iPhones zu bekommen, das natürlich ein Ding der Unmöglichkeit war. Das mussten Leute aus der Musikbranche sein – Leute, die Pollys Zukunft in der Hand hatten. Eine unabhängige Zukunft. Mit großer Freude nahm Rose zur Kenntnis, dass sehr viele von diesen Leuten gekommen waren.
    Falls Polly Glück hatte und bald wieder Platten aufnehmen und weltweit auf Tournee gehen würde, könnte sie die Jungs ja vielleicht währenddessen in Roses Obhut lassen.
    Gareth kam mit den Drinks.
    »Da drüben ist Jon.« Er winkte ihm zu. »Macht es dir was aus, wenn ich kurz hingehe? Er liegt mir ständig in den Ohren, ich soll in seiner Kricketmannschaft mitspielen.«
    »Das ist ja wie bei den Archers «, meinte Rose.
    »Der letzte Schritt zur vollständigen Assimilation in die englische Gesellschaft.« Gareth legte sich die Hand ans Herz.
    »Dann geh schon, du Engländer. Ich schaue in der Zwischenzeit, ob ich einen guten Platz zum Filmen finde.«
    Sie kletterte auf einen Barhocker vor dem Kamin im vorderen Teil des Pubs, von wo aus sie über die Köpfe der stehenden Zuschauer hinwegsehen konnte, und überprüfte die Einstellungen an der Kamera. Filmen und Fotografieren war stets ihre Aufgabe. Wenn man ihre Familienbilder ansah, konnte man den Eindruck bekommen, dass sie gar nicht existierte, weil sie sich immer auf der falschen Seite des Objektivs befand. Gareth fotografierte sehr viel für seine Arbeit und wollte in seiner Freizeit nicht auch noch hinter der Kamera stehen. Rose machte es nichts aus. Sie fand, dass sie ziemlich gute Bilder machte und ein gutes Auge für Komposition hatte.
    Hinter dem Tresen klingelte das Telefon. Rose verspürte einen scharfen Stich der Angst, als sie herumfuhr und zusah, wie Charlie abnahm. Er lachte in den Hörer, ein nikotinraues Krächzen, und begrüßte einen alten Bekannten. Roses Panik flaute bis auf einen stotternden Herzschlag ab. Um sich wieder zu beruhigen, ließ sie den Blick durch den Raum wandern und versuchte, ein Gefühl für das Publikum zu bekommen. Die meisten standen bereits mit dem Gesicht zur Bühne, und jedes Mal wenn sich vorn etwas bewegte, entstand eine Pause im allgemeinen Gemurmel. Alle waren voll gespannter Erwartung.
    »Ich habe ihm gesagt, ich gehe nächsten Mittwoch mal mit auf den Platz. Damit er endlich aufhört, mir nachzustellen.« Gareth war zurückgekommen und schob sich neben sie. »Ich gehe kurz raus, eine rauchen«, sagte er, und schon war er wieder verschwunden.
    Rose leerte ihr Glas, ließ ihre Jacke auf dem Hocker liegen und ging zur Theke, um sich Nachschub zu holen. Sie wünschte, Simon wäre da, aber sein Ausbleiben war nachvollziehbar. Sie versuchte, Charlies Aufmerksamkeit zu erregen, der die Massen an der Bar bediente, aber an diesem Abend kam sie nicht in den Genuss einer Vorzugsbehandlung. Sie musste eine halbe Ewigkeit warten, bis sie an der Reihe war, so dass sie beschloss, gleich eine ganze Flasche Wein zu kaufen und sie auf dem Kaminsims neben ihrem Hocker zu deponieren, damit sie sich den Rest des Abends nicht mehr um Nachschub kümmern musste.
    Sie hatte sich eben wieder auf ihrem Platz eingerichtet, als die Gespräche verstummten. Sie reckte den

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