AnidA - Trilogie (komplett)
Aussteuer mitgeben müssen, damit sich jemand für mich erwärmt.«
Ylenia presste die Lippen zusammen und sah ein wenig erbost aus. »Was möchtest du?«, fragte sie knapp.
Ida blickte sie verdutzt an. »Wie meinst du das?«
»Wie stellst du dir dein Leben vor? Möchtest du an jemanden verheiratet werden, dem du erst einmal mit einer reichen Aussteuer schmackhaft gemacht werden musstest? Oder ist es dir lieber, deiner Schwester und ihrem Mann den Haushalt zu führen und auf ihre Kinder aufzupassen, wie es sich für eine unverheiratete Verwandte geziemt?« Ylenias Stimme hatte einen scharfen Klang unter der samtweichen Oberfläche. Idas Mund klappte auf, aber es kam kein Ton heraus.
»Süßer Iovve«, sagte sie schließlich verblüfft.
Ylenia nickte grimmig. »Denk darüber nach, Anida. Noch hast du Zeit dazu. Du bist doch ein kluges Mädchen, also benutze deinen Verstand auch!«
Ida schwindelte es. Sie erhob sich unsicher und bat stockend, sich zurückziehen zu dürfen.
»Vertraue deinem Verstand«, hielt Ylenias Stimme sie noch einmal zurück, »auch, wenn das, was dabei herauskommt, deinem Vater vielleicht nicht gefallen wird, Anida. Und vergiss nicht, ich bin immer für dich da. Gute Nacht, mein Kind.«
Ida murmelte einen Gruß und stolperte hinaus. Ylenia wandte sich mit einem leisen Seufzen ab und starrte blicklos in das stetige Licht der Talglampe. Ihre Hand glitt wieder unwillkürlich zu dem Schmuckstück auf ihrer Brust und umfasste es fest, ihre Lippen bewegten sich zu einem stummen Segen.
~ 3 ~
Auch als Ylenia schon lange wieder fort war, trug Ida immer noch die Zweifel mit sich herum, die ihre Tante ihr ins Herz gepflanzt hatte. Sie hatte niemals in Frage gestellt, dass ihr Leben so verlaufen würde wie das aller Frauen, die sie kannte und jeden Tag um sich herum sah: verheiratet, mit Kindern oder Enkelkindern, die sich an ihre Röcke klammerten; oder unverheiratet, verwitwet wie Tante Ysabet, die ihrem Bruder den Haushalt führte und seine Kinder beaufsichtigte. Oder – und hier begann ihre Vorstellungskraft zu erlahmen: So wie Tante Ylenia, die eine Hexe des Weißen Ordens war und ohne einen Mann und Kinder zufrieden zu sein schien.
Und dann war da auch noch die alte Dorfhexe, die gestorben war, als Ida noch ein kleines Mädchen war: Sie sollte angeblich zur Grünen Gilde gehört haben, was dem Vernehmen nach eine Vereinigung war, der nur unverheiratete Frauen angehörten, die, wie man sich erzählte, den Männern abgeschworen hatten und geheimnisvolle, seltsame Rituale und Gebräuche miteinander teilten. Angeblich waren sie sogar in der Lage, Kinder zu bekommen, ohne dass sie dafür zuvor bei einem Mann gelegen hatten.
Anida hatte vielerlei solcher Schauergeschichten über diese verdächtige Grüne Gilde gehört, aber ebensowenig darüber nachgedacht, wie sie über die Märchen nachdachte, die ihre Tante ihr erzählt hatte, als sie noch ein kleines Ding gewesen war. Jetzt allerdings bekamen diese Gerüchte und Erzählungen einen ganz anderen Wert. Sollte es das wirklich geben: eine Gruppe, die anders zu leben wagte als alle anderen Frauen im Land? Sie bedauerte, Ylenia nicht nach ihnen gefragt zu haben. An wen sollte sie sich jetzt wenden? Ihre vorsichtigen Versuche, Tante Ysabet Informationen über die geheimnisvolle Grüne Gilde zu entlocken, endeten in einer endlosen Aufzählung der Schandtaten und Ungeheuerlichkeiten, die diese »liederlichen Frauenzimmer«, wie die Tante sie bezeichnete, zu begehen pflegten.
Ida stellte ihre Bemühungen vorerst ein, von den Erwachsenen eine vernünftige Auskunft zu erhalten. Sie würde schon herausfinden, was sie wissen wollte. Eines zumindest hatte sie bei ihrem Grübeln erkannt: Die Heirat mit einem der jüngeren Söhne eines mit ihrem Vater befreundeten Landadligen, der sie wohl oder übel wegen ihrer Mitgift in Kauf nehmen würde, kam nicht in Frage. Genauso wenig empfand sie großes Vergnügen bei dem Gedanken, den Rest ihres Lebens als Bedienstete ihrer eigenen Schwester zu verbringen. Allein der Gedanke daran langweilte sie zu Tränen. Lieber, als sich zu Tode zu ärgern oder zu langweilen, würde sie eines dieser »liederlichen Frauenzimmer« werden. Das klang doch zumindest nach einem interessanten Leben.
Amalis Hochzeit, die für den Sommer geplant war, rückte nun immer näher. Eigentümlicherweise schien die junge Braut selbst inzwischen einiges von ihrem Enthusiasmus verloren zu haben.
Ida hockte mit hochgezogenen Knien in der
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