AnidA - Trilogie (komplett)
Fensternische von Albuins Kammer und sah zu, wie er sich mit der Beschwörung eines Feuerwesens abmühte. Er hielt die Finger seiner linken Hand weit gespreizt und streute mit der Rechten einige rötliche Körner in die Flamme einer Kerze. Dazu murmelte er die Worte, die Magister Ugo ihn gelehrt hatte, und vollführte sodann eine komplizierte Geste über der hoch aufflammenden Kerze. Es gab einen kleinen Knall, und die Kerze erlosch. Eine dünne bläuliche Rauchfahne zerfaserte in dem Luftzug, der vom Fenster herkam, und es roch ganz zart nach Honig. Das war ein enttäuschendes Resultat, fand Ida, aber sie hütete sich, das laut zu äußern. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie von ihrem gereizten Bruder des Raumes verwiesen worden wäre.
Albuin unterdrückte ein Fluchen und begann das Ritual von vorne. Erneut zog er mit einem rußigen Span einen Kreis um die Kerze, brachte sie mit einem Fingerschnippen zum Brennen – ein Kunststück, das Ida aufrichtig bewunderte – und blickte noch einmal auf die Formel, die er sich auf einem Wachstäfelchen notiert hatte. Dann schüttelte er seufzend seine lahm gewordene linke Hand aus und spreizte ergeben wieder die Finger.
Ida verkniff sich ein Lachen und stützte das Kinn in die Hand. Sie blickte etwas gelangweilt zum Fenster hinaus – immerhin sah sie ihrem Bruder jetzt zum fünften Mal bei seinen langwierigen Verrichtungen zu, und es hatte bisher noch kein einziges Mal geklappt – und sah Amali durch den dämmrigen Garten huschen. Die Bewegung hatte etwas Verstohlenes, weshalb Ida sich neugierig vorbeugte und ihre Nase an die dicke, blasendurchzogene Fensterscheibe drückte. Amali hatte ihre Röcke geschürzt, um sie vor dem von einem kleinen Regenschauer nassen Gras zu schützen. Jetzt blieb sie stehen und blickte sich hastig um. Als sie sicher zu sein schien, dass sie weder beobachtet noch verfolgt wurde, setzte sie ihren Weg fort. Ida beobachtete, wie ihre Schwester sich einen Weg durch die niedrigen Johannisbeersträucher bahnte, wobei sie ständig mit ihren Kleidern darin hängenblieb und sie ungeduldig freizerren musste, und dann zu der überwucherten kleinen Laube in der entferntesten Ecke des Gartens hinüberging. Sie schlüpfte hinein und schloss die Tür hinter sich.
Ida fragte sich verdutzt, was Amali wohl in der feuchten, nicht allzu sauberen Gartenlaube anstellen mochte, als ein seltsames Explosionsgeräusch und der Aufschrei ihres Bruders sie ablenkte. Sie wandte sich um und sah Albuin, der mit angesengten Augenbrauen über den Tisch gebeugt dastand und leise Freudenschreie ausstieß.
»Sieh nur, Ida«, frohlockte er. »Es hat funktioniert, ich habe es geschafft!« Ida rutschte von der Fensterbank und eilte zu ihm. Auf dem Tisch hockte ein äußerst verwirrt aussehendes, etwa handgroßes Wesen mit heller Haut und fast durchsichtigen rötlichen Flügeln und kratzte mit seinen winzigen Fingernägeln an dem rußigen Kreis herum, in den es eingesperrt war.
»Süßer Iovve!«, flüsterte Ida mit weit aufgerissenen Augen. »Das ist eine junge Feuerelfe, Albi. Wie hast du das gemacht?« Albuin strahlte vor Stolz. Die kleine Elfe sah zu ihnen auf.
»Bitte, ich möchte gerne hier hinaus«, sagte sie mit feiner, hoher Stimme. »Ich war gerade beim Abendessen, und meine Mutti wird sich wundern, wo ich geblieben bin. Könnt ihr mich wieder zurückschicken, bitte?« Ida und Albuin sahen sich sprachlos an und brachen dann in hilfloses Gelächter aus. Die Elfe sah sie mit gerunzelter Stirn an. Ihr dreieckiges, zartes Gesicht mit den riesigen flammenfarbenen Augen und dem zerzausten, brennend roten Haar wandte sich von einem der über sie gebeugten Gesichter zum anderen, und sie blinzelte verwirrt.
»Bitte?«, wiederholte sie. »Ich verspreche auch, dass ich hier nichts in Brand setze. Ich möchte nur wieder nach Hause.« Albuin leckte seinen Zeigefinger an und löschte ein Stück von der Rußlinie aus. Die Elfe trat einen vorsichtigen Schritt darüber und seufzte erleichtert.
»Ich heiße Fiamma Feuerdorn«, stellte sie sich gesittet vor. »Und meine Mutti macht sich jetzt bestimmt große Sorgen. Im letzten Winter ist mein Onkel beschworen worden, und er kam ganz gelöscht wieder zurück. Es hat bis zum Sommer gedauert, bis er wieder fliegen konnte.«
Ida und Albuin nannten ihre Namen und verzichteten wohlweislich darauf, der Elfe die Hand zu schütteln.
Fiamma breitete ihre Flügel aus, von denen kleine Funken herabfielen, und sah sich neugierig um. »Schön
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