AnidA - Trilogie (komplett)
Dix fingen mich ab, als ich zum Gemeinschaftsnest hinaufkraxelte, um mir einen Imbiss zu holen, und schleppten mich vor die Versammlung.
Das Nest war dämmrig erleuchtet. Die finsteren Mienen der Grennach und das eisern beherrschte Gesicht meiner Tante ließen mich Schlimmes erahnen: Anscheinend war die Diskussion nicht nach Ylenias Wünschen verlaufen. Tallis hockte mit verschränkten Armen an einer Fensterluke und blickte hinaus. Ich sah ihren schwarzen Schwanz nervös hin und her zucken. Still an einer Wand hockte Mirin, das Grennach-Gedächtnis.
»Eddy«, sprach Ylenia mich an, kaum, dass ich das Nest betreten hatte. »Gut, dass du endlich kommst, Kind. Ich wollte dich bitten, den ehrenwerten Ältesten Ter'firan zu zeigen. Vielleicht überzeugt sie das ja von der Richtigkeit unserer Forderung.« Ylenias Stimme klang scharf und ungeduldig, und die Grennach-Frauen blickten noch ein wenig unwirscher drein. Ich hatte ganz und gar nicht den Eindruck, als würde eine Demonstration antiker Schmuckstücke die Meinung der alten Frauen ändern können. Trotzdem tat ich, was Tante Ylenia von mir verlangte. Widerstrebend legte ich wieder einmal das Herz des Wassers in ihre Handfläche und hockte mich dann still an die Wand. Mein Herz schlug schwer und schnell, und ich hatte Mühe, Luft zu bekommen. Ich merkte, wie mir der Schweiß ausbrach. Kleine Funken tanzten vor meinen Augen.
Die Nestältesten beugten sich über Ter'firan und tuschelten aufgeregt miteinander. Es schien qualvolle Stunden zu dauern, bis eine von ihnen zu Ylenia aufblickte und beinahe bedauernd den Kopf schüttelte.
»Wir können es dennoch nicht tun, Nesttochter«, sagte sie mit klangvoller Stimme. »Ter'briach wurde uns anvertraut von unseren Müttern, und wir können sie nicht einer Fremden geben, auch wenn du uns versicherst, dass sie die Berechtigung dazu hat. Das Herz der Erde ist das höchste Kleinod meines Volkes, das Teuerste, was uns aus der alten Zeit geblieben ist.«
Ylenia seufzte enttäuscht und reichte mir die Brosche zurück. Ich atmete erleichtert aus und verstaute sie wieder in meiner Tasche.
Tallis, die die ganze Zeit scheinbar unbeteiligt aus dem Fenster gesehen hatte, wandte sich heftig um. »Ihr redet töricht und ihr wisst es«, sagte sie scharf. »Wo ist denn Ter'briach, die ihr so eifersüchtig hütet? Kannst du sie mir zeigen, Kallis, so wie Eddy dir Ter'firan zeigen konnte?«
Die Ältesten schwiegen unbehaglich. Dann meldete eine andere sich zu Wort. »Du weißt, wer Ter'briach hütet, Nestälteste«, sagte sie nicht minder heftig. »Du selbst warst es, die die Hüterin ausgewählt hat. Willst du uns nun vorwerfen ...«
»Ich werfe keiner Schwester etwas vor«, unterbrach Tallis sie etwas milder. »Aber, Wullis, du warst selbst dabei, als wir alle uns für die Hüterin entschieden, und du weißt auch sicher noch, warum es uns richtig erschien, so zu handeln. Heute ist die Zeit für den zweiten Schritt gekommen, meine Schwestern. Wir müssen uns von Ter'briach trennen, weil wir nur so das wiedererlangen können, was uns von allem am Wertvollsten ist.«
»Ter'terkrin«, murmelte eine der Grennach. »Das Herz der Welt.«
Alle schwiegen. Dann schüttelte die erste Sprecherin schwermütig den Kopf und sagte: »Nein, Tallis. Es wäre falsch, Ter'briach für solch ein unsicheres Spiel zu riskieren. Wir sollten dankbar sein, dass wir wenigstens das Herz der Erde noch besitzen, und die junge Riesin bitten, uns Ter'firan ebenfalls zurückzugeben. Zwei der Herzen wären wieder im Mutternest ...« Die Grennach murmelten erregt durcheinander, ihre Stimmen klangen beifällig.
Mir wurde schwarz vor Augen. Die Vorstellung, mich von der Brosche trennen zu müssen, war mir aufs Äußerste verhasst. Wenn das ihre Entscheidung sein sollte, würden sie mir Ter'firan mit Gewalt abnehmen müssen, freiwillig gäbe ich sie nicht mehr her.
»Denkt ihr wirklich, dass diese Entscheidung euch noch zusteht?«, fragte eine Stimme, die sich bisher noch nicht zu Wort gemeldet hatte. Sie schnitt klar und kalt durch das Stimmengewirr und brachte es zum Verstummen.
Ich öffnete die Augen und sah zur Tür. Eine dunkle, schwere Gestalt versperrte dem schwindenden Tageslicht den Eingang. Ylenia atmete scharf ein. Über Tallis' ärgerlich zerfurchtes Gesicht huschte ein Lächeln. »Endlich«, sagte sie. »Du kommst spät, Sturmkrähe, beinahe zu spät.«
»Ich komme niemals zu spät«, erwiderte Jinqx lapidar und trat ein. Die Ältesten sahen ihr stumm
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