AnidA - Trilogie (komplett)
bemühen müssen ...« Sie sah Beifall heischend in die Runde. Zweifelnde und zustimmende Blicke begegneten ihr gleichermaßen.
Jinqx schüttelte nachsichtig den Kopf und begann, ihre Taschen zu durchsuchen. Sie kramte und grub, schüttelte ärgerlich den Kopf, zerrte den besudelten Mantelsaum unter einem Bein hervor, um besser an eine der unteren Taschen zu kommen, fand auch dort nichts, hob eine Pobacke, fingerte in den hinteren Taschen herum und stöhnte endlich erfreut auf. Die Ältesten sahen der Suchaktion entgeistert und mit steigendem Entsetzen zu. Keine von ihnen gab auch nur den leisesten Kommentar dazu ab, aber ihre Gesichter sprachen Bände. Ylenia hatte sich halb abgewandt und verbarg ein Lächeln, Tallis lachte breit.
Jinqx faltete einen unbeschreiblich schmutzigen Lumpen auseinander und hielt seinen Inhalt schweigend empor. Ich schnappte nach Luft. Es blitzte in allen Schattierungen zwischen sonnigem Gelb und warmem, erdigem Braun. Die Ältesten starrten gebannt auf das Schmuckstück. Einige von ihnen hatten Tränen in den Augen. Jinqx hielt ihnen das Herz der Erde schweigend entgegen, aber keine der Grennach wagte es zu berühren. Ich musste ein Kichern unterdrücken. Das unschätzbare Kleinod dieses Volkes ruhte also für gewöhnlich irgendwo in den unergründlichen Tiefen von Jinqx' Taschen, in der Gesellschaft von Tabakkrümeln, Kopfschmerztabletten, diversen Schnapsflaschen, altem Brot und schmierigen Lumpen ... wahrhaft ein edler, angemessener Schrein für eine Kostbarkeit von solcher Bedeutung!
Tallis musste etwas von meinen Gedanken aufgefangen haben, denn sie blinzelte mir zu. Jinqx hielt immer noch Ter'briach in der schmutzigen, vernarbten Hand.
»Ich nehme sie auf mich«, sagte Kallis entschlossen. »Ich werde Ter'briach für uns hüten, meine Schwestern. Das Herz der Erde muss wieder zu den Grennach zurückkehren, das allein kann die Lösung sein.« Sie hielt Jinqx auffordernd die schmale Hand hin. Jinqx zuckte fatalistisch mit den Achseln und reichte der alten Grennach das Schmuckstück. Alle hielten den Atem an. Meine Tante machte unwillkürlich einen Schritt nach vorne, als wollte sie die Übergabe verhindern.
Kallis lächelte triumphierend, als das Herz der Erde in ihre Hand fiel. »Seht ihr«, begann sie und verstummte. Ein leises Stöhnen kam von ihren Lippen, sie wankte und wurde bleich. Jinqx beobachtete sie aus halb geschlossenen Augen, ein leises, unangenehmes Lächeln spielte um ihren Mund. Kallis lehnte sich schwer gegen eine ihrer Schwestern. Ihre Finger krampften sich um das Herz der Erde, und die Kanten der Brosche schnitten tief hinein. Einige helle Blutstropfen fielen zu Boden.
»Lass sie los«, riefen ihre Schwestern durcheinander. »Gib sie der Krähe zurück, Kallis. Lass Ter'briach fallen, du verletzt dich!« Die Grennach konnte die besorgten Rufe offensichtlich nicht mehr hören. Sie war zu Boden gesunken und wand sich in heftigen Krämpfen. Ihre Augen waren verdreht und vor ihren zerbissenen Lippen stand blutiger Schaum. Jinqx hockte still da und betrachtete ungerührt das grausige Schauspiel.
»Mach dem ein Ende, Jinqx«, bat Tallis. Jinqx schüttelte schweigend den Kopf. Ylenia hockte sich neben die stöhnende Kallis und versuchte vergeblich, ihre verkrampften Finger zu öffnen.
»Nein«, sagte Jinqx scharf. »Nicht du, weiße Hexe. Sie würde dir genauso schaden!« Ylenia sank auf ihre Fersen zurück und starrte Jinqx an. Dann wandten beide wie auf ein geheimes Kommando den Kopf und sahen zu mir. Jinqx nickte. Ich erhob mich zögernd und ging auf die verkrümmt daliegende Kallis zu. Mein flehender Blick traf sowohl bei Ylenia als auch bei der dunklen Frau auf unnachgiebige, wenngleich ermutigende Mienen. Also seufzte ich ergeben, hockte mich neben Kallis und fasste behutsam nach ihrer eisern geballten Faust. Die Finger gaben weich unter meinem tastenden Griff nach und öffneten sich. Das Herz der Erde lag unschuldig funkelnd da. Ich nahm es mit einem bebenden Atemzug zwischen Daumen und Zeigefinger, überzeugt davon, dass ich gleich diejenige sein würde, die sich in Krämpfen auf dem Boden wand. Jemand schrie leise auf.
Staunend betrachtete ich das Schmuckstück in meiner Hand. Es lag da, kühl und strahlend, und schien leise im Takt meines Pulses zu vibrieren. Ich blickte auf und begegnete den verblüfften Blicken der Grennach. Jinqx kaute auf ihrer Pfeife herum und schmunzelte. Meine Tante kümmerte sich um die ohnmächtige Kallis, und meine alte
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