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AnidA - Trilogie (komplett)

AnidA - Trilogie (komplett)

Titel: AnidA - Trilogie (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Mensch, kein ... was auch immer ich dort erwartete zu sehen: kleinwüchsige Wesen mit langen Schwänzen, die geschickt von Ast zu Ast turnten, aber keine Affen, sondern ... Ich zermarterte mir das Hirn, aber es wollte mir nicht einfallen.
    Unser Haus, das Haus meiner Großmutter, stand still und dunkel da und schien mich zu erwarten. Ich stürmte die kleine Vortreppe hinauf und riss die Tür auf. »Großmutter! Ich bin zu Hause!«
    Da war niemand, aber ich hörte leise Schritte, die sich im Obergeschoss bewegten. Ich erklomm die steile Treppe und ging durch die Kammern, öffnete eine Tür, schloss sie wieder, öffnete eine andere, Stunde um Stunde. Die Räume waren klein und verschachtelt, voll gestellt mit allerlei Gerümpel. Da stand mein Kinderbett und dort lehnte der große Spiegel, der immer im Schlafzimmer meiner Großmutter gehangen hatte. Ich wischte mit dem Ärmel über sein staubblindes Glas und blickte hinein. Ein Gesicht blickte mir entgegen, und ich musterte es neugierig. Die Frau, die mich ansah, war mir fremd. Sie war genauso groß gewachsen wie ich, was ungewöhnlich war, überragte ich doch die meisten Männer noch um eine Handbreit. Sie hatte ein schmales, ernsthaftes Gesicht mit einer ausgeprägten Nase und einem kräftigen Kinn. Ihr Haar über der breiten Stirn hatte offenbar seit längerem keinen Friseur mehr gesehen und hätte einen Schnitt vertragen können. Seltsame Haarfarbe, dachte ich belustigt. Als könnte sie sich nicht entscheiden. Ihre Augen waren goldgrün und ernst, und in den Winkeln zeigten sich winzige Fältchen. Ihr breiter Mund hatte großzügig geschwungene Lippen, die sich jetzt zu einem winzigen Lächeln bogen. Ich lächelte zurück. Die Frau hob eine ihrer großen Hände und hielt sie mir entgegen. In der Handfläche lagen zwei silbern verschlungene Broschen: rot und Funken sprühend die eine und von einem zarten blauen Dunst umhüllt die andere. Ich atmete tief und erleichtert ein und zog meine Hand aus der Tasche. In ihr fühlte ich ein fremdes, schweres Gewicht, schwerer, als die kleinen Schmuckstücke hätten sein dürfen. Unwillkürlich ahmte ich die Geste der Fremden nach und öffnete meine Handfläche. Grünlich wabernd wie unter Wasser schimmerte Ter'firan, und Ter'briach in seiner erdigen Fülle lastete schwer zwischen meinen Fingern.
    Die Lippen der fremden Frau formten stumme Worte, und ich bemühte mich verzweifelt, sie zu lesen. »Adina«, sagte ich unwillkürlich. Dann schüttelte ich den Kopf. »AnidA.« Die Frau streckte mir die Hände entgegen. Blau und rot schimmerten die Herzen. Hinter ihr erschien schattenhaft eine weiße, schlanke Gestalt. Haar glänzte schwarz-weiß-silbern.
    »Großmutter«, rief ich erleichtert und drehte mich um. Nachtschwarze Gewänder schimmerten, und eine dunkel verhüllte Gestalt zog sich zurück, ehe ich sie genauer betrachten konnte. Als ich mich zum Spiegel umwandte, war seine Fläche leer. Ich konnte das Zimmer erkennen, in dem ich stand, jede Einzelheit bis hin zu den Spinnweben und den Spuren, die ich auf dem staubigen Boden hinterlassen hatte. Aber Adina/Anida war fort. Ich trat dicht an den Spiegel heran und versuchte, sie irgendwo in einer der dämmrigen Ecken zu finden. An den Spiegel gepresst, bemerkte ich erst das wahrhaft Merkwürdige: Wo war mein eigenes Spiegelbild?

    Schweißgebadet und mit einem heftigen Ruck, als wäre ich aus geringer Höhe in mein weich gepolstertes Schlafnest gefallen, erwachte ich. Ich rappelte mich schlecht gelaunt auf und stieg in meine Kleider. Chloe steckte ihren Kopf aus der Schlafkuhle und blinzelte mich verdutzt an. Ich wollte schwimmen gehen, vielleicht half mir das, die schweren Träume aus meinem Kopf zu vertreiben.
    Die Luft war kühl und schmeckte prickelnd wie Wein. Ein leichter Dunst lag über allem und ließ die Konturen sanft verschwimmen. Ich stieg in den leeren Transportkorb, dessen Bedienung ich inzwischen gelernt hatte, und ließ mich zum Waldboden hinab. Die dicken Moospolster federten wie ein exquisiter Teppich unter meinen bloßen Füßen. Ich spürte, wie meine Stimmung sich zu heben begann. Niemand bewegte sich in den Gassen, die die dicken Wurzeln bildeten, und die wenigen Laute, die ich hörte, stammten von den Tieren in den Stallungen und den erwachenden Vögeln überall in den Baumwipfeln.
    Ein leiser, süßer Vogelruf weckte meine Aufmerksamkeit, als ich mich dem Rand der Lichtung näherte. Ich blickte mich um und sah Jinqx' dunkle, schweigende Masse, die gegen

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