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AnidA - Trilogie (komplett)

AnidA - Trilogie (komplett)

Titel: AnidA - Trilogie (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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roch.

    Ich muss gestehen, dass ich an diesem Tag von Jinqx' Spezialrezept noch reichlich Gebrauch machte. Jinqx hatte wie vorhergesagt irgendwo in einer ihrer Taschen noch eine weitere Flasche aufgetan und hielt eifrig mit. Wieder hatte ich das Gefühl, dass, je mehr sie trank, sie umso nüchterner wurde. Aber auch mit mir schien sich etwas verändert zu haben. Hätte mich noch vor kurzem ein solch ausgedehntes Besäufnis mit der Sturmkrähe zu einem schwankenden, seiner Sinne nicht mehr mächtigen Bündel schlecht zusammengeleimter Haut und Knochen gemacht, war ich an diesem Nachmittag, der dem Bad folgte, trotz des reichlich genossenen Schnapses allenfalls ein wenig benommen und vielleicht auch meiner Artikulationsfähigkeit nicht mehr ganz so sicher. Aber mein Geist arbeitete klar und scharf wie selten zuvor, und ich spürte den mächtig und langsam schlagenden Puls der beiden Herzen wie eine stete Trommel, die mich nicht zur Ruhe kommen ließ.
    Jinqx blieb den ganzen Tag über bei mir, etwas, das sie noch nie zuvor getan hatte, und sie war geradezu gesprächig. Ich erinnere mich im Rückblick nicht mehr an alles, worüber wir redeten, und das schmerzt mich sehr, jetzt, da sie nicht mehr bei mir ist. Eine Sache allerdings ist mir so frisch im Gedächtnis geblieben, als wäre sie gestern erst geschehen.
    Wir saßen auf einem stillen Seitenast des riesigen Baumes und ließen unsere Beine ins Leere baumeln. Jinqx hatte den letzten Schluck aus ihrer Flasche genommen und sie mit einem bedauernden Achselzucken wieder eingesteckt. Ich bot ihr den winzigen Rest aus der Flasche an, die sie mir geschenkt hatte. »Wir sollten uns gleich Nachschub besorgen«, sagte sie und hob sie lachend an den Mund. Ich klammerte mich an einen dünnen Ast und beugte mich weit vor, um die Äste unter uns zu beobachten, auf denen reger Betrieb herrschte.
    Jinqx warf mir die geleerte Flasche zu und rülpste. »Komm, meine Freundin«, sagte sie in geradezu überschwänglicher Laune. Sie reichte mir die Hand und zog mich mit Schwung hoch. Ich verlor das Gleichgewicht und fiel schwer gegen sie, und sie hielt mich fest und taumelte ein paar Schritte rückwärts. Lachend und aneinander geklammert rutschten wir ein Stück den Ast hinunter und fingen uns erst in der nächsten Astgabel. Ich hockte da, kämpfte mit einem Schluckauf, und Jinqx begutachtete ohne Bedauern einen neuen, langen Riss in ihrem Mantelsaum.
    Dann gab sie mir wieder die Hand, aber diesmal, statt mich hochzuziehen, hob sie meine Hand vor ihre Augen und verweilte so. Ich sah, dass sie wieder einmal den Ring meiner Großmutter an meinem Finger betrachtete. Ihre Miene zeigte eine Mischung aus Ärger, Missbilligung und Sorge. »Warum trägst du diesen Ring?«, fragte sie seltsam scharf.
    Ich grinste und machte eine weit ausholende Bewegung mit der Hand, die mich fast von dem Ast katapultiert hätte. »Meine Liebste gab ihn mir vor ihrem Tod mit der Bitte, ihr niemals untreu zu werden«, schwadronierte ich in pathetischem Ton, versaute aber die ganze Wirkung durch ein albernes Kichern, das mir direkt danach entfleuchte.
    Jinqx verzog keine Miene. »Woher hast du ihn?«, bohrte sie weiter. Die Fragerei machte mich wütend. Was ging es Jinqx an, woher ich den Ring hatte und warum ich ihn trug? Dieser seltsame Anfall von Eifersucht schien mir so wenig zu ihr zu passen wie saubere, ordentliche Kleidung. Sie ließ meine Hand los und seufzte. »Sei vorsichtig, Eddy. Der Ring besitzt Magie, und ich kann nicht sehen, welcher Art sie ist. Er verursacht mir ein sehr ungutes Gefühl – und du weißt, dass ich mich auf meine Ahnungen immer verlassen kann.«
    Der Ton, in dem sie ihre Warnung aussprach, war beiläufig, aber ihre Worte verursachten mir dennoch eine Gänsehaut. Ich erklärte eilig die Herkunft des Ringes, und Jinqx lauschte, ohne eine Miene zu verziehen. Als ich geendet hatte, schwieg sie eine Weile und zuckte dann fatalistisch mit den Achseln.
    »Mag sein, dass ich mich irre«, sagte sie gleichgültig. »Behalte ihn einfach im Auge, das kann in keinem Fall schaden. Und wenn du deine Schwester triffst – warne sie.«
    Nach diesen Worten waren wir lange Zeit still. Ich fühlte mich unangenehm ernüchtert. Mir fiel ein, dass ich mit Ylenia und Tallis verabredet war, weil meine Tante irgendetwas mit mir und einer Schale anstellen wollte. Etwas Magisches. Ich entwickelte langsam, aber sicher eine Allergie gegen Zauberei. Trotzdem hatte ich nicht vor, betrunken vor den beiden zu

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