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Anidas Prophezeiung

Anidas Prophezeiung

Titel: Anidas Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Moment lang mit offenem Mund an. Dann klappte er ihn hörbar zu. »Ihr müsst Euch irren, Lady«, erwiderte er steif. »Ich heiße Marten.«
    Wie zum Beweis rief es von drinnen: »Marten, was treibst du da draußen?« Der Wirt rief eine barsche Erwiderung und wandte sich zum Gehen, aber Ida hielt ihn zurück.
    »Ich bin es, Ida. Erinnerst du dich nicht mehr an mich?«
    Er blieb stehen und wandte sich halb zu ihr um. Sie konnte sein Profil sehen, die scharf hervorspringende Nase und die schwerlidrigen Augen, und war sich nun vollkommen sicher, den Gesuchten vor sich zu haben.
    »Ida«, sagte der dicke Mann nachdenklich. »Eine der Töchter dieses Lords unten in Sendra, richtig?« Er senkte seine schweren Kinne auf die Brust. Ein schwaches Lächeln glitt über seine Züge. »Kommt herein, Lady, setzt Euch ein wenig zu mir. Ihr sucht meinen Bruder, nicht mich. Simon ist mein kleiner Bruder.«
    Ida folgte ihm sprachlos in die Gaststube. Er deutete befehlend mit einem fetten Zeigefinger auf ihren Tisch in der Ecke und ging selbst zur Theke hinüber. Dort wechselte er gedämpft einige Worte mit dem zwielichtig aussehenden Mann und schickte ihn dann offensichtlich fort. Der finstere Kerl warf Ida einen äußerst anzüglichen Blick zu und schob sich aus der Tür.
    Der Wirt schenkte zwei Krüge mit schäumendem Bier ein und kam damit zu ihr an den Tisch. Er ließ sich schwer neben sie auf die Bank sinken, die ächzend unter seinem Gewicht nachgab, und schob Ida wortlos einen der Krüge hin. Sie fühlte sich neben dem fetten, scharf nach Schweiß riechenden Mann unangenehm eingezwängt, verzog aber keine Miene. Stattdessen griff sie nach dem Krug und nahm einen tiefen Zug daraus. Als sie sich den Schaum aus den Mundwinkeln wischte, begegnete sie dem lauernden Blick aus hellen Augen.
    »Ihr seht Eurem Bruder wirklich erstaunlich ähnlich«, bemerkte sie.
    Der Wirt warf den Kopf in den Nacken und lachte dröhnend. »Das zu hören, würde meinen hochnäsigen Bruder sicher wenig erfreuen.« Er wischte sich über die feucht gewordenen Augen. »Ich meine mich zu erinnern, dass der eitle Bursche immer etwas zu sehr auf sein feines, gut trainiertes Äußeres bedacht war.«
    Ida grinste und trank. »Das könnte stimmen«, sagte sie. »Nein, aber dennoch: Ihr und Simon habt große Ähnlichkeit. Eure Augen und die Nase und Eure Stimme, sogar etwas in Eurer Gestik erinnert mich an ihn.« Sie schwieg und versuchte sich Simons Gesicht zu vergegenwärtigen.
    Der dicke Mann trank schweigend und sah sie unter gesenkten Lidern scharf an. »Was wollt Ihr von meinem Bruder, Lady?« In seiner Stimme schwang immer noch unverhohlener Argwohn mit.
    Ida senkte den Blick und suchte nach einer unverfänglichen Antwort. Ihr benebelter Kopf war ihr dabei keine große Hilfe. »Entschuldigt, Wirt, aber könnte ich etwas zu essen bekommen? Etwas Brot würde genügen. Ich bin nicht mehr allzu nüchtern. Euer Bier ist wirklich ausgezeichnet.«
    »Das will ich meinen«, dröhnte der Mann geschmeichelt. »Ich braue es immerhin selbst. Leni, bring der Lady einen anständigen Happen und mir auch.«
    »Also?«, fragte er, als die riesige Holzplatte mit kaltem Braten, Würsten, hellem Käse, geräuchertem Schinken und einem angeschnittenen, wagenradgroßen Laib Brot vor ihnen auf dem Tisch stand. Er säbelte sich einen ordentlichen Batzen davon ab und spießte dazu eine der dunkelroten Würste auf. »Greift zu.« Er wies auf die Platte. Aus vollen Backen kauend, blickte er sie auffordernd an.
    »Also«, wiederholte Ida und biss nachdenklich von dem dunklen, leicht gesäuerten Brot ab. »Eigentlich habe ich sogar zwei Gründe, aus denen ich nach Eurem Bruder suche, Marten. Zum einen besitzt er etwas von mir, was ich gerne wiederhätte. Und zum anderen ist er der Letzte, der meinen Bruder gesehen hat. Ich will ihn fragen, ob er eine Ahnung hat, wohin Albuin verschwunden ist.«
    Erstaunen blitzte für einen Moment in den verschlagenen Augen des Wirtes auf. »Er hat Euch beklaut, der feine Herr Ritter? Ich halte nicht viel von ihm, aber das überrascht mich doch ein wenig.« Er lachte grollend.
    Ida schüttelte hastig den Kopf. »Nein, nicht bestohlen. Ich habe ihm damals etwas zur – Aufbewahrung gegeben, als er von Sendra fortging. Ich möchte ihn nun bitten, es mir zurückzugeben.«
    »Ihr wollt mir nicht sagen, worum es sich dabei handelt, hm?« Der Wirt griff nach dem Schinken und schnitt sich eine dicke Scheibe ab, die er ganz in den Mund steckte. »Wäre Euch

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