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Animal Tropical

Animal Tropical

Titel: Animal Tropical Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pedro Juan Gutiérrez
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muss an Mignón denken und die großen Vögeleien, die wir in den Siebzigern dort hatten. Ich hatte gerade viereinhalb Jahre Militärdienst hinter mir und war völlig crazy. Mignón und diese Vögeleien über vierundzwanzig Stunden waren wie ein Elektroschock. Doch die Herberge existiert nicht mehr, und Mignon ist vielleicht gestorben oder eine dieser schmutzigen, zerlumpten Alten. Sie ist fünfzig, genau wie ich, aber ich bin sicher, dass sie wie siebzig aussieht, falls sie noch lebt. Eines Tages muss ich allen Mut zusammennehmen und sie aufsuchen. Etwas weiter ist die Bar Okinawa. Die Straße ist kaputt und von einer Riesenlache aus grünem, fauligem Wasser bedeckt und stinkt nach Scheiße. Über der Bar ist – stolz – ein Riesenschild angebracht: »3. Kategorie«. Tagsüber gefällt es mir hier sehr. Jetzt ist sie dunkel und geschlossen. Auf dem Gehsteig sitzen drei Neger und eine kleine Schwarze auf ein paar Kisten, alle blutjung. Dieser Abschnitt von San Miguel hinter dem Hotel Telégrafo ist viel zu dunkel für mein Wohl. Offenbar bemerken sie, dass ich ein bisschen angesäuselt bin. Einer von ihnen ruft mir zu: »Komm mal rüber, Kumpel.«
    »Komm du.«
    »Komm schon, mein Freund. Diese Kleine hier beißt niemanden. Komm und sieh sie dir an.«
    Das junge Mädchen spreizte völlig ungeniert die Beine und fing laut an zu lachen. Ich wartete ab. Der Typ kommt näher. Ich stehe auf dem gegenüberliegenden Gehsteig. Er muss um die Riesenlache aus fauligem Wasser und Scheiße herumgehen. Ich taste in der Hosentasche nach meinem Schweizer Taschenmesser. Er will mir zu nahe kommen, um leise zu reden. Ich weiche einen Schritt zurück.
    »Bleib, wo du bist, und rede!«
    »Keine Angst, Alter, ich will dir bloß ein Geschäft vorschlagen. Hier gibt’s alles, was du willst.«
    »Was hast du?«
    »Rum und Gras gleich hier. Wenn du Pülverchen willst, hole ich’s dir sofort. Und die Süße da drüben besorgt’s dir ganz nach Belieben.«
    Ich schweige und lasse ihn nicht aus den Augen.
    »Das kommt dich günstig, also fackele nicht lange.«
    Ich schweige weiter. Der Typ glaubt, ich sei unentschlossen, und sagt zu mir: »Wenn du lieber Fleisch vom Hahn willst, sag’s nur. Jeder von uns hier, den du willst, gibt dir seinen Sporn.«
    »Hey, was, zum Teufel, meinst du mit Sporn? Was soll das?«
    »Hahaha, schon gut, du wirkst so unentschlossen wie jemand, der nicht weiß …«
    »O doch, ich weiß. Lass das Gras sehen.«
    »Komm her.«
    »Nein, bring’s mir rüber.«
    Niemand ist mehr in Sicht. Während der Kerl herüberkommt, habe ich Zeit, mich zur Wand zu drehen. Ich ziehe die größte Klinge aus dem Messer; stecke es wieder in die Hosentasche. Jetzt kommen zwei. Ich halte sie auf Distanz. Sie zeigen mir das Gras. Ich rieche daran.
    »In Ordnung. Gib mir zwei.«
    »Zwei Grüne.«
    »Sehe ich wie ein Yankee aus, oder was? Einen für beide.«
    »Verdammt, Alter, du bist ganz schön stachelig heute Abend. Lass mich auch von was leben, und mach mich nicht platt.«
    »Einen Dollar für beide.«
    »Okay, gib schon.«
    Ich gebe ihnen den Dollar. Sie bleiben hartnäckig: »Komm doch mit rüber, und sieh dir die Kleine an. Ein Bonbon von fünfzehn. Und wir haben auch noch ein süßeres Schnuckelchen. Zwölf zarte Jährchen, aber allererste Sahne.«
    »Nein. Ich hau jetzt ab.«
    »Sie machen’s dir, wie du willst. Jede der beiden.«
    Sie schicken sich an, näher zu kommen, lächelnd, tun freundschaftlich. Gehen einen Schritt vor. Ich ziehe das Messer und fuchtele drohend damit in der Luft.
    »Bleibt, wo ihr seid, und macht Platz. Ich gehe jetzt!«
    »Sieh mal einer an, wie ausgebufft, der Alte! Geht mit blanker Waffe auf uns los!«
    »Los, bewegt euch, ich will keine Scherereien heut Nacht.«
    Der andere, im Eingang von der Bar gegenüber, steht auf und fragt: »Was ist da los? Was ist in unseren Freund gefahren? Macht er Arger?«
    »Nein, nein. Immer mit der Ruhe, der ist nur ein bisschen nervös.«
    »Einen Scheiß bin ich. Verduftet.«
    Sie ziehen sich zurück. Gehen um die Lache herum und bleiben mitten auf der Straße stehen. Sie sind wütend. Einer von ihnen droht mir: »Hör mal zu, du weiße Flasche, lass dich hier bloß nie wieder blicken, sonst kriegst du’s mit mir zu tun. Ich hab nämlich auch was für blanke Waffen übrig. Stiletts haben’s mir ganz besonders angetan.«
    »Ich komme hierher, wann immer und so oft es mir in den Eiern juckt. Ich bin aus diesem Viertel.«
    »Halt’s Maul und verschwinde. Ich krieg

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