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Animal Tropical

Animal Tropical

Titel: Animal Tropical Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pedro Juan Gutiérrez
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Rückflugticket? O nein, bitte, sieh noch einmal genau nach.«
    Ich durchsuchte alles genau. Und tatsächlich. Als Einziges war der Rollstuhl zurückgelassen worden. Er hatte weder Geld noch Kleidung noch Pass. Nichts.
    »Also, da ist nichts mehr, Kurt. Was soll ich tun? Die Polizei rufen? Übrigens sollte hier aufgewischt werden, der Gestank nach Scheiße ist unerträglich. Und du brauchst unbedingt ein neues Bad.«
    »Ja, nein, ich weiß nicht. Ich bin völlig durcheinander, so gedemütigt. Was für eine Demütigung.«
    »Vergiss die Demütigung, und steh mit beiden Beinen auf dem Boden, Kurt. Sag was! Soll ich die Polizei holen?«
    »Nein, nein, keine Polizei! Dadurch wird alles noch komplizierter. Ich werde zur Botschaft gehen und mir einen neuen Pass holen, und … oje, ich habe ja gar kein Geld.«
    »Sag mal, entschuldige die Frage, aber kriegst du Erektionen, oder ficken sie dich in den Arsch?«
    »Ja, ja, durch ein sehr starkes Medikament. Bis zu drei Stunden Erektion, aber ich spüre nichts. Die Mädchen finden’s toll, weißt du, und ich habe meinen Spaß beim Zusehen und in der Fantasie … aber, ojeoje, was tue ich jetzt nur?«
    »Keine Ahnung, Kurt. Ich habe nicht die geringste Ahnung, was du tun könntest.«

9
    Am Dienstag rief Agneta an. Sehr aufgekratzt: »Gestern Abend habe ich My Dear Drum’s Master gelesen.« Per Kurier schickte sie einen Umschlag mit Unterlagen über das Seminar. Das Flugticket für den dreizehnten Mai lag bereit. Wie schön, mitten im Frühling. Ich muss schnell die ärztliche Untersuchung für die Versicherung schicken. Wir sprachen über alles Mögliche, ohne jeden Zusammenhang.
    »Es ist sehr heiß hier.«
    »Wir haben hier gerade mal drei, vier Grad. Ich würde gern mal nach Kuba, so für ein Jahr.«
    »Es gibt keine Arbeit.«
    »Ach, macht nichts. Ich verkaufe mein Auto und komme damit schon eine Zeit lang zurecht.«
    Dann, ich weiß nicht, wie, kamen wir in Fahrt. Ich glaube, ich fing an, wie immer. Ich mag ihre Stimme, ihre Zweifel beim Sprechen, ihre Langsamkeit. Und da stand er mir, und ich begann ihn sanft zu wichsen und sagte ihr das. Sie daraufhin: »Ah, das gefällt mir. Ist das wahr? Tust du das wirklich? Ich sitze hier im Büro, ich kann gar nichts machen.« Ich machte gemächlich weiter, streichelte mir den Schwanz, rieb Spucke darauf, damit er glatt durch die Hand glitt. Was ich bislang noch nicht erwähnt habe, ist, dass sich Agnetas Welt völlig umzukrempeln begann, als sie das Nacktfoto von mir im Schnee mit dem steifen Schwanz erhielt. Aus den Alpen kehrte ich nach Wien zurück. Ein paar Tage wohnte ich in einem Dachgeschoss in der Radetzkystraße. Agneta rief mich jeden Nachmittag an. Es wurde früh dunkel in Wien, aber in Stockholm war es um vier Uhr nachmittags stockfinstere Nacht. Ich weiß nicht mehr, wie, aber es wurde uns zur Gewohnheit, am Telefon zu masturbieren. Ich nehme an, sie betrachtete das Foto und hörte sich all die Ungeheuerlichkeiten an, die ich zu ihr sagte. Mir reichte es, ihre Stimme und ihre Seufzer zu hören.
    Jetzt sprach Agneta von etwas anderem. Von ihrer Chefin, die aus dem Urlaub in Sizilien zurückgekommen war und Geschichten erzählte, und alle lachten.
    »Warum lachen bloß alle? Sie ist eine blöde Kuh.«
    »Sie ist befriedigt vom Mittelmeer zurückgekehrt. Wahrscheinlich hat sie Sex mit einem Sizilianer gehabt.«
    »Nicht mit einem Sizilianer. Sie hatte Sex mit ihrem Freund. Oh, die blöde Kuh.«
    »Mit ihrem Freund, der dein Ex ist.«
    »Ja, mein Ex. Eine merkwürdige Situation.«
    »Vielleicht in Schweden. In Kuba ist das völlig normal. Jeder mit jedem, wie der Dichter sagt.«
    »Welcher Dichter?«
    »Irgendein Dichter. Er sagte: Jeder mit jedem.«
    Agneta schweigt. Sie ist sehr sinnlich. Ich finde es erotisch, zu wissen, dass sie dasitzt und schweigt, während sie an mich denkt. Und wenn sie spricht, spricht sie sehr sanft und schmeckt mich mit Hingabe. Und dann schnurrt sie:
    »Tust du es immer noch?«
    »Ja.«
    »Noch genau so?«
    »Ja. Lässt du dir die Haare in den Achselhöhlen wachsen?«
    »O nein. Ein paar Tage habe ich es ausprobiert, und ich mag es nicht.«
    »Macht nichts. Wenn ich komme, werde ich dich schon überzeugen. Ich hab’s nicht eilig.«
    Ich machte weiter, hielt mich aber zurück. Ich wollte den Strahl nicht in die Luft: verspritzen, sondern lieber für Gloria oder jemand anders aufbewahren.
    »Die werden mir kündigen. Ich darf das nicht. Wir sprechen jetzt schon seit … hmmm, dreiundzwanzig

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