Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Animal Tropical

Animal Tropical

Titel: Animal Tropical Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pedro Juan Gutiérrez
Vom Netzwerk:
reglos da.
    »Agneta, zieh deinen BH aus.«
    »He?«
    »Deinen Büstenhalter, dein Bikinioberteil.«
    »Ah … nein, nein.«
    »Warum nicht?«
    »Nein.«
    »Damit du gleichmäßig braun wirst. Deine Brüste sind ganz weiß.«
    »Nein.«
    »Schämst du dich?«
    »Ja.«
    »Dabei bist du in anderen Dingen so schwedisch. Als wärst du vom Land.«
    »Ich bin vom Land.«
    Auf der anderen Seite des Kanals entladen ein paar LKWs Erde auf den Ufersteinen. Es sind drei riesige Laster, die einen Höllenlärm veranstalten. Sie kippen die Erde ab, wirbeln Staub auf und fahren davon. Alles ist wieder still.
    Eine Stunde später kehren wir nach Hause zurück. Agneta bereitet das Abendessen zu und ich mir einen Screwdriver. Ich nehme mein Glas und gehe ins Wohnzimmer. Stelle den Fernseher an. Es ist noch zu früh für die Simpsons. Es läuft eine Polizeisendung. Berichte von zehn, zwölf Minuten. Ein Afrikaner hat in einem Laden ein kleines Spielzeugauto geklaut. Der Geschäftsführer hat die Polizei gerufen und will jetzt, dass man den Mann abführt. Der Neger zieht einen Schein hervor. Er will das Autochen bezahlen. Der Geschäftsführer will nicht, dass er bezahlt. Er will ihn drankriegen und von der Polizei abführen lassen. Ich verstehe nichts, sie sprechen Schwedisch. Der Afrikaner verteidigt sich wortreich, macht Gesten, dass der Typ ihn am Hals packen und erwürgen will. Dabei will er doch nur das Spielzeug bezahlen und fertig. Die beiden Polizisten sind sehr gelassen und sprechen auch. Die Kamera wechselt zur Großaufnahme, und man sieht, dass Weihnachten ist. Dann sieht man den Afrikaner draußen, neben dem Streifenwagen, weitersprechen. Sie stehen alle im Schnee. Um sie herum sind Weihnachtsbäume. Agneta ruft mich. Das Abendessen ist fertig. Ich schalte den Fernseher aus und trinke den Rest des Screwdrivers.

20
    Unmerklich änderten sich die Dinge. Jetzt geht Agneta gern im Supermarkt einkaufen und hat im Kühlschrank etwas mehr als Brot und Lachs. Manchmal kauft sie sogar Delikatessen wie griechischen Ziegenkäse oder würzige andalusische Riesenoliven. Es gefällt ihr, ohne BH herumzulaufen, sodass sich die Brustwarzen unter dem Hemd abzeichnen. Sie kocht auch nicht mehr einen ganzen Tag, um die Sachen dann einzufrieren und in der Tiefkühltruhe aufzubewahren. Die Nichte mit den schönen Titten kam zu Besuch und war ganz überrascht: »Oh, Tante, noch nie war dein Kühlschrank so gut sortiert. Wie schön.«
    Und sie witzelt über die Nachbarin mit den Millionen: »Jedes Jahr steht sie mit mehr Millionen in der Zeitung. Im letzten Jahr hatte sie zweiundzwanzig Millionen, aber sie hat schon einen Ehemann. Sorry, da kann ich nichts für dich tun, hahaha.« Und ich frage sie: »Und wenn sie plötzlich Witwe wird und einsam und traurig ist und jemanden um sich braucht?«
    »Dann ziehen wir sofort nach Karesuando oder nach Lappland, hahaha.«
    Ihre Laune ist besser geworden. Jeden Tag liest sie das Horoskop in der Zeitung. Schütze und Wassermann. Sie und ich. Und zieht Schlüsse daraus. Oder wir gehen zum Pferderennen, und sie spielt voller Begeisterung. Sie plant, ein Jahr in Havanna zu arbeiten. Gestern haben wir auf dem Balkon gefrühstückt. An verschiedenen Balkonen vom Haus sind Blumentöpfe, und sie sagt zu mir:
    »Die Nachbarn haben viele Blumen.«
    »Nur der mit dem Hund nicht und du.«
    »Hmmmm … ich könnte auch Blumen haben. Nachher kaufe ich welche.«
    Einen Augenblick lang sitzen wir schweigend da. Ich sage zu ihr:
    »Ich glaube, als ich ankam, warst du in einer gelangweilten Phase. Oder traurig. Ich weiß nicht genau.«
    »Ja, ein bisschen.«
    »Es war dir egal, was passierte.«
    »Hmmm.«
    »Jetzt bist du viel lebenslustiger, finde ich.«
    Ihre Augen röten sich, und sie ist kurz davor, in Tränen auszubrechen. Sie geht ins Bad. Geduldig warte ich. Endlich kommt sie heraus. Sie hat sich ein bisschen das Gesicht gewaschen, um sich wieder zu fangen, und ich will sie etwas aufmuntern:
    »Mach dir keine Sorgen, Schätzchen. Wir durchlaufen alle Phasen der Traurigkeit und der Verlassenheit.«
    Sie klammert sich an mich, umarmt und küsst mich. Zum ersten Mal in ihrem Leben zeigt sie eine so zuckersüße Geste. Auch ich streichele sie.
    »Ahhh, wie schön.«
    »Ich liebe dich sehr, Pedro.«
    Schweigend streicheln wir einander. Sofort steht mir der Schwanz, und ich presse ihn an ihre Schenkel, aber ich will nicht vögeln. Zwischen uns beiden wogt eine Art Wärmewelle. Liebe und Stille und Frieden.
    Am Nachmittag

Weitere Kostenlose Bücher