Anita Blake 04 - Giergige Schatten
dunkelblau, genau wie Jean-Claudes Augen. Das vage orientalisch wirkende Muster war noch dunkler und sah fast schwarz aus. Das Blau der Bluse mit dem offenen Kragen passte zur Jacke. Mit den schwarzen, hochhackigen Pumps sah ich todschick aus. Ronnie hatte auch die Jacke ausgesucht Ihr einziger Nachteil war, dass sie die Browning nicht so gut verdeckte. Sie blitzte immer wieder hervor, wenn ich mich bewegte. Bisher war noch niemand schreiend aus den Geschäften gerannt. Wenn sie gewusst hätten, dass ich unter der hübschen Jacke an jedem Unterarm ein Messer trug, hätten sie es vielleicht getan.
Ronnie musterte die Auslage des Juweliers, und ich musterte ihre Augen. Sie waren grau. Die gleiche Farbe wie bei Gabriel, aber es gab einen Unterschied. Ihre waren menschlich. Gabriels wirkten selbst in seiner Menschengestalt nicht menschlich.
»Was ist los?« Ich schüttelte den Kopf. »Musste an letzte Nacht denken.«
»Was hältst du denn nach dieser Nacht von deinem Casanova?« Beim Juwelier standen die Leute in Dreierreihen. Wir würden uns den Weg zur Vitrine erzwingen müssen. Ich wollte hier nichts kaufen, darum stand ich nur
.eben Ronnie und sah mir die Leute an. Alle machten ,in feindseliges Gesicht, aber das war nicht persönlich gemeint. Sie kauften Geschenke, wo es nur noch zwei Wochen bis zum Fest waren. Ho, ho, ho.
Das Geschäft war ein einziges Gedränge und Geschiebe. Ich spürte die Platzangst in mir aufsteigen. »Willst du etwas kaufen?« Ronnie blickte mich an. »Du hast meine Frage noch gar nicht beantwortet.« »Lass uns aus dem Gedränge verschwinden, dann tue ich's vielleicht.«
Sie stand auf und winkte mich nach vorn. Ich bahnte uns einen Weg in die offene Halle. Ich bin klein und war zu hübsch angezogen, um einschüchternd zu wirken, und doch machten die Leute vor mir Platz. Vielleicht sahen sie die Pistole. Als wir schließlich draußen waren, atmete ich einmal tief durch. Auch hier war es voll, aber nichts im Vergleich zu den Läden. Hier streifte man mich wenigstens nicht. Wenn es doch einer tat, konnte ich ihn deswegen anschreien.
»Willst du dich setzen?« Auf einer Bank waren wundersamerweise zwei Plätze frei. Ronnie bot es mir an, weil ich in Bürokleidung war, was hohe Absätze bedeutete. Sie mit ihren bequemen Joggingschuhen brauchte sich nicht hinzusetzen. Noch taten mir die Füße nicht weh. Vielleicht gewöhnte ich mich langsam an hohe Absätze. Igitt.
Ich schüttelte den Kopf. »Gehen wir zur Nature Company. Vielleicht finde ich da etwas für Josh.« »Wie alt ist er jetzt, dreizehn?«, fragte Ronnie. »Fünfzehn«, antwortete ich. »Voriges Jahr war er so groß wie ich. Inzwischen wird er ein Riese sein. Judith sagt, er wächst schneller aus den Jeans raus, als sie welche nachkaufen kann.«
»Ein Wink, ihm Jeans zu schenken?«, sagte Ronnie. »Wenn, dann ignoriere ich ihn. Ich kaufe ihm etwas das Spaß macht, nichts zum Anziehen.«»Viele Jugendliche hätten lieber Klamotten«, wand Ronnie ein. »Nicht Josh, noch nicht jedenfalls. Er scheint nach mir zu kommen.«
»Was wirst du wegen Richard tun?«, fragte sie mich. »Du lässt aber auch nicht locker, wie?« »Ganz bestimmt nicht.« »Ich weiß nicht, was ich tun werde. Nach allem, was ich vorige Nacht gesehen habe. Nach allem, was mir Jean-Claude erzählt hat. Ich weiß es einfach nicht.«
»Du weißt, dass Jean-Claude es dir mit Absicht erzählt hat«, sagte sie. »Um einen Keil zwischen euch zu treiben.« »Ich weiß, und es hat gewirkt. Mir ist, als würde ich Richard gar nicht kennen. Als hätte ich einen Fremden geküsst.«
»Lasst euch von Langzahn nicht auseinander bringen.« Ich musste lächeln. Wenn Jean-Claude wüsste. »Keine Sorge.« Sie knuffte mich sacht an der Schulter. »Ich glaube dir nicht.«
»Es wird nicht Jean-Claude sein, der uns auseinander bringt, Ronnie. Wenn Richard mich monatelang angelogen hat ...« Ich sprach den Satz nicht zu Ende. Das war nicht nötig.
Wir standen vor dem Nature-Company-Laden. Es wimmelte von Leuten. Der Laden brummte wie ein Schwarm aufgeregter Leuchtkäfer, war nur nicht halb so hell.
»Worüber hat er dich belogen?« »Er hat mir nichts von dem Kampf gesagt, der zwischen ihm und Marcus läuft.« »Du hast ihm dagegen alles erzählt«, sagte sie. »Na ja, nein.«
» Er hat dich nicht angelogen, Anita. Er hat es dir nur nicht erzählt. Lass es ihn erklären. Vielleicht hatte er einen guten Grund.« Ich drehte mich um und sah ihr ins Gesicht. Es war ganz mild vor
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