Anita Blake 06 - Tanz der Toten
Er klang höflich, zu höflich, so als ob er still in sich hineinlachte. »Ja doch, verdammt.« »Aber du bist mit Edward befreundet.« »Ich habe nie behauptet, konsequent zu sein, Jean-Claude.« »Du bist einer der konsequentesten Leute, die ich je gekannt habe, ma petite.«
»Wie konsequent kann ich sein, wenn ich mit zwei Männern gleichzeitig ausgehe?« »Glaubst du, du bist frivol, weil du dich nicht zwischen uns entscheiden kannst?« Dabei beugte er sich zu mir und strich mit der Hand meinen Jackenärmel hinauf.
Das Problem war, ich hatte mich fast entschieden. lag mir auf der Zunge, ihm das zu sagen, aber ich tat es nicht. Erstens war ich mir nicht hundertprozentig sicher. Zweitens hatte Jean-Claude mich erpresst, damit ich mit ihm ausging. Er wollte die Chance, mich zu umwerben, ohne dass Richard dabei war, und das hieß eben, wirklich mit ihm auszugehen. Er hatte es so ausgedrückt: »Wenn Sie Richard erlauben, Sie zu küssen, und mir nicht, dann ist das nicht fair.« Wenn ich mich für Richard entschied, würde er angeblich einfach zur Seite treten. Ich glaube, seine Selbstgefälligkeit reichte so weit, dass er das ernst meinte. Der Meister der Stadt konnte sich nicht vorstellen, dass sich irgendeine nicht schließlich doch herumkriegen ließ. Nicht wenn man für seinen schönen Körper empfänglich war. Er hörte nicht auf, ihn anzubieten. Ich hörte nicht auf, abzulehnen. Würde er sich wirklich höflich zurückziehen, wenn ich Richard ihm vorzog, oder würde er ein Blutbad anrichten?
Ich starrte in seine dunkelblauen Augen und wusste es nicht. Ich kannte ihn seit Jahren. Ging seit Monaten mit ihm aus. Trotzdem blieb er für mich ein Rätsel. Ich wusste einfach nicht, was er dann tun würde. Ich war nicht bereit, diesen Schalter umzulegen, noch nicht.
»Worüber denkst du so ernsthaft nach, ma petite? Sage nicht, über den Mörder. Das würde ich dir nicht glauben.« Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, darum schüttelte ich den Kopf.
Seine Hand glitt über meine Schultern, bis ich in seiner Armbeuge lehnte. Ihn so nah bei mir zu spüren, ließ es in meinem Bauch flattern. Er beugte sich zu mir, als wollte er mich küssen, und ich hielt ihn auf, mit der linken Hand auf seiner Brust. Sowie ich seine nackte Haut berührte, zweifelte ich, ob das hilfreich war.
»Du hast dich die ganze Fahrt über benommen. Was ist auf einmal los?«, fragte ich. »Ich versuche, dich zu beruhigen, ma petite.« »Ja, klar.«
Er wickelte den anderen Arm um meine Taille, drehte mich mit dem Oberkörper zu sich herum. Ich hielt die Pistole noch in der Hand, doch das wurde langsam peinlich. Gegen Jean-Claude würde ich sie nicht einsetzen, und der Mörder würde nicht durch die geschlossene Wagentür kommen. So viel Gewalt in einer Menschenmenge, während Polizisten den Verkehr dirigierten, schien selbst für einen Profi ein bisschen zu unerschrocken.
Ich schob den Arm hinter seinen Rücken, ohne die Pistole loszulassen. »Wenn du mich küsst, muss ich mir wieder die Lippen nachziehen.«
Er kam ganz dicht heran, seine Lippen schwebten über meinen, er hätte mich einatmen können, dabei flüsterte er: »Das muss nicht sein.« Er küsste mich auf die Wange, strich mit den Lippen an meinem Kinn entlang.
Ich berührte sein Gesicht mit dem Rand der Mündung und drehte es so, dass ich ihn ansehen konnte. Seine Augen waren zum Ertrinken tief. »Keinen Tropfen«, sagte ich, und es war mir ernst. Nur einmal hatte ich ihm freiwillig Blut gespendet, und da hatte er im Sterben gelegen. Ich tauschte mit dem Meister der Stadt keine Körperflüssigkeiten aus.
Er rieb seine Wange an dem Lauf. »Ich wollte ein bisschen tiefer.« Er senkte den Kopf über mein Schlüsselbein und leckte von da an abwärts. Eine Sekunde lang fragte ich mich, wie tief er gehen wollte, dann schob ich ihn von mir weg.
»Lieber nicht«, sagte ich halb lachend. »Geht es dir jetzt besser, ma petite?«
Einen Herzschlag lang starrte ich ihn an, dann musste ich lachen. Es ging mir tatsächlich besser. »Du bist ein hinterhältiger Mistkerl, weißt du das?« »Das wurde mir schon einmal gesagt«, meinte er lächelnd.
Die Polizei hatte die Menschenmenge zurückgedrängt, und der Wagen fuhr weiter. »Du hast das nur getan, um mich aufzuheitern.« Es hörte sich ein bisschen vorwurfsvoll an. Er riss erstaunt die Augen auf, »Würde ich so etwas tun?«
Ich sah ihn an und spürte, wie mein Lächeln ins
Weitere Kostenlose Bücher