Anita Blake 07 - Dunkle Glut
nicht mit ihr allein in den Keller gehen lassen.
Tammy hatte es geschafft, sich das Schulterholster über dem Anzug umzuschnallen. Sie hatte so eins, das nicht am Gürtel festgemacht zu werden braucht. Als ich auf Einkaufstour gewesen war, war mir diese Sorte sämtlich zu groß gewesen. Teils weil ich schmale Schultern hatte. Ich hätte das Holster verkleinern müssen. Aber ich kaufe keine Sachen, an denen etwas geändert werden muss, weder Kleider noch Holster.
Reynolds lächelte mich an. »Larry ist wirklich enttäuscht, dass er nicht mitkommen kann.« »Ich bin erleichtert«, sagte ich. Sie sah mich stirnrunzelnd an. »Ich dachte, sie haben ihn gern als Rückendeckung dabei.«
»Ja, aber die Pistole wird ihm nichts nützen, wenn die Decke einstürzt.« »Rechnen Sie damit?«
Ich zuckte die Achseln. Ich hatte mich bisher auf anderes konzentriert, auf den Schutzanzug, auf irgendwelche Einzelheiten, auf Wrens Witzeleien. Es war mir gelungen, nicht daran zu denken, dass wir über einen einsturzgefährdeten Fußboden laufen würden, den wir kurz darauf als Kellerdecke über dem Kopf hatten, während wir durch Wasser wateten, in dem lauter Särge und Vampire schwammen. Ließ sich das noch steigern?
»Sagen wir, ich bin vorsichtig.« »Und wollen Larry nicht riskieren.« »Richtig. Mir gefällt die Vorstellung nicht, dass Larry verletzt werden könnte, egal wodurch.« Dabei sah ich sie eindringlich an. Sie riss erstaunt ihre hellbraunen Augen auf, dann lächelte sie. »Mir auch nicht, Anita, mir auch nicht.«
Ich nickte und beließ es dabei. Ich hatte genug Elternverhalten an den Tag gelegt. Mir war nicht einmal klar, warum ich ihr nicht traute, aber es war so. Weibliche Intuition oder vielleicht konnte ich niemandem mehr so recht vertrauen. Vielleicht.
Tucker kam zu uns zurück. »Zeit, die Kopfhaube aufzusetzen.« Sie sah mich direkt an.
Ich nickte. Ich ließ mir von ihr die Atemmaske anlegen. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich aufs Atmen - ein, aus, ein, aus. Wenn man beim Tauchen zu schnell atmete, konnte man seine Lungen zum Platzen bringen. Jetzt brauchte ich nur aufzupassen, dass ich nicht hyperventilierte.
Sie setzte mir die Haube auf. Ich sah ihr dabei zu und wusste, meine Augen waren ein bisschen zu groß. Wrens fröhliche Stimme kam durch den Lautsprecher in der Maske. »Atmen Sie normal, Anita.«
»Ich atme normal«, antwortete ich. Die Behauptung klang durchaus merkwürdig, wenn einem die eigene Atmung laut und unheilvoll um die Ohren schnaufte. Mit dem Mundstück einer Tauchermaske konnte man nicht sprechen, allerdings hatte ich mal festgestellt, dass man damit schreien konnte, wenn man es sich zwischen die Zähne klemmte. Unter Wasser schallt alles höllenmäßig.
Durch die Kopfhaube war die Sicht nicht die beste. Ich drehte probehalber den Kopf, um zu sehen, wie groß der tote Winkel war. Das Blickfeld war sehr eingeengt.
Tammys Stimme kam über meinen Lautsprecher. »Es ist schwer, in dem Ding etwas zu sehen.« »Sie werden sich daran gewöhnen«, meinte Tucker. »Ich hoffe, dass wir den Anzug gar nicht erst so lange anbehalten müssen«, sagte ich.
»Wenn wir sagen >rennt<, dann rennen Sie, als wäre der Teufel hinter ihnen her«, sagte Tucker. »Weil der Boden gleich einstürzt?« Ich glaube, sie nickte, aber das war in dem ganzen Aufzug schwer festzustellen. »Richtig.«
»Gut, aber wenn wir an der Treppe ankommen, übernehme ich die Führung, und wenn ich sage >rennt<, dann heißt das, die Vampire sind hinter uns her.«Wren und Tucker wechselten einen Blick. »Sie sagen, rennt, und wir fragen, wie schnell«, führte Wren aus. »Klar«, sagte Tucker.
»Prima«, meinte ich. Ehrlich gesagt, war ich verdammt erleichtert, dass ich nicht zu argumentieren brauchte. Keine langen Erklärungen. Wunderbar. Wenn ich nicht wie ein Schwein geschwitzt hätte, während ich meinen Atem so schauerlich hörte wie Poes Verräterisches Herz und lernen musste, auf metallverstärkten Sohlen zu laufen, hätte ich gesagt, die Arbeit mit der Feuerwehr war eine angenehme Abwechslung. Aber das war sie nicht. Ich hätte mich lieber mit Sondereinsatzkräften in ein beschossenes Gebiet abgeseilt, als in diesem Mumienanzug durch die Gegend zu schlurfen und aufzupassen, dass ich nicht hinfiel. Es war nur eine Phobie, verdammt. Alles war in Ordnung. Mir passierte gar nichts. Mein Körper glaubte mir nicht. So ist das bei Phobien. Sie sind nicht
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