Anita Blake 09 - Herrscherin der Finsternis
nicht nur das Kleid. Meine Haare türmten sich zu einem komplizierten Hügel, von dem hier und da dicke Locken herabhingen. war auch unnatürlich viel Haar, und daran sah ich, dass ich e Perücke oder zumindest ein paar Haarteile trug. Da war sogar ein Schönheitspflästerchen auf meiner Wange. Es hätte eigentlich albern aussehen müssen, aber das tat es nicht. Mein Spiegelbild flackerte, wurde größer, und dann stand Jean-Claude in den Spiegel und mein Bild war verschwunden.
Er war von Kopf bis Fuß in weißen Satin gekleidet, in einen Anzug, der zu meinem Kleid passte. Goldbrokat glänzte an den Ärmeln und am Hosensaum. Die weißen Stiefel reichten bis über die Knie und waren mit weiß-goldenen Bändern verschnürt. Es war eine geckenhafte Aufmachung, tuntig, um es modern auszudrücken, doch er wirkte nicht geckenhaft. Er sah elegant aus und lässig wie ein Mann, der sich den Schlips ausgezogen hat und in etwas Bequemeres geschlüpft ist. Seine Haare fielen in langen schwarzen Korkenzieherlocken herab. Nur sein fein geschnittenes, maskulines Gesicht und die mitternachtsblauen Augen sahen aus wie immer.
Ich schüttelte den Kopf, was sich mit dem schweren Haarturm sonderbar anfühlte. »Ich will hier weg«, und damit streckte ich die Arme aus, um den Traum zu zerreißen.
»Warte, bitte, ma petite. Ehrlich, ich will dich warnen.« Er blickte um sich, als wäre der Spiegel ein Gefängnis. »Damit will ich dir nur zeigen, dass ich dich nicht berühren werde. Ich bin nur gekommen, um zu reden.«
»Dann rede.« »War es der Meister von Albuquerque, der dich verletzt hat?«
Die Frage fand ich seltsam. »Nein, Itzpapalotl hat mir nichts getan. «
Bei dem Namen zuckte er zusammen. »Sprich den Namen in diesem Traum nicht laut aus.«
»Na gut, aber sie hat mir nichts getan.« »Aber du hast sie gesehen?«, fragte er. »Ja» Er machte ein ratloses Gesicht, nahm seinen weißen Hut und schlug ihn gegen sein Bein, als wäre das eine gewohnte Geste, obwohl ich sie noch nie bei ihm gesehen hatte. Andererseits hatte ich ihn erst einmal in solchen Klamotten gesehen, und da kämpften wir um unser Leben und hatten wirklich keine Zeit, um auf Kleinigkeiten zu achten.
»Albuquerque ist tabu. Der Rat hat allen Vampiren und ihren Dienern den Zutritt zu der Stadt verboten. Das ist seit fünfzig Jahren so.«
Ich starrte ihn an. »Das ist ein Witz.« »Nein, ma petite, das ist kein Witz.« Er sah beunruhigt aus, nein, er hatte Angst.
»Sie war nicht feindselig, Jean-Claude, ehrlich.« »Dann gibt es einen Grund dafür. Hattest du Polizei bei dir?« »Nein.«
Er schüttelte den Kopf und schlug wieder den Hut gegen sein Bein. »Dann will sie etwas von dir.« »Was könnte sie von mir wollen?« »Das weiß ich nicht.« Ein neuerlicher Schlag mit dem Hut, während er mich durch die Glasscheibe ansah.
»Hat sie wirklich jeden Vampir getötet, der zufällig auf der Durchreise war?« » Oui. «
»Warum hat der Rat nicht jemanden geschickt, der ihr in den Hintern tritt?« Er blickte zu Boden, dann sah er auf, und in seinen Augen stand Angst. »Ich glaube, der Rat fürchtet sie.«
Da ich drei Ratsmitglieder schon persönlich kennengelernt hatte, zog ich die Augenbrauen hoch. »Warum ? Ich meine, ich weiß, dass sie mächtig ist, aber so mächtig ist sie auch wieder nicht.«
» Ich weiß es nicht ma petite, aber sie haben lieber ihr Territorium für tabu erklärt, als gegen sie zu kämpfen. » Das war eindeutig beunruhigend. » Es wäre nette gewesen, wenn ich das vor meiner Reise erfahren hätte.«
»Ich weiß, deine Privatsphäre ist dir wichtig, ma petite. Ich habe dich in all den langen Monaten in Ruhe gelassen. Ich habe deine Entscheidung respektiert, aber uns verbindet nicht nur unsere Romanze, an der es zurzeit mangelt. Du bist auch mein menschlicher Diener, ob du willst oder nicht. Das bedeutet, du kannst nicht einfach ohne die geringste Diplomatie das Territorium eines anderen Vampirs betreten.«
»Ich bin in einer Polizeiangelegenheit hier. Ich dachte, ich könnte jedes Territorium betreten, solange es um Polizeiarbeit geht. Ich bin hier als Gutachter für übernatürliche Fälle, nicht als dein menschlicher Diener.«
»Normalerweise ist das so, aber der Meister, auf dessen Gebiet du dich gerade befindest, richtet sich nicht nach den Erlassen des Rates. Sie macht ihre eigenen Gesetze.« »Und das heißt das für mich ?«
»Vielleicht fürchtet
Weitere Kostenlose Bücher