Anita Blake 09 - Herrscherin der Finsternis
fest an die Stirn, dass Edward sich dagegenstemmen musste, um nicht zurückgedrängt zu werden. »Sie sollten besser dafür sorgen. Wir brauchen Sie nämlich nicht lebendig, nur die Kleine.«
»Aber ich brauche ihn lebendig«, sagte ich. Simon schoss mir einen kurzen Blick zu. »Verlogene Schlampe.«
»Sind Sie ein Hexer, Simon?«, fragte ich, obwohl ich die Antwort kannte. Ich hätte es sofort gespürt, wenn er praktizieren würde. »Was spielt das denn für eine Rolle?«
»Dann wissen Sie nicht, was ich für meinen Zauber brauche, nicht wahr? Ihr Boss wäre stinksauer, wenn Sie etwas vernichten, das ich brauche, um ihn vor dem Monster zu bewahren. « »Warum brauchen Sie ihn«, fragte Deuce.
Ich schluckte und überlegte. Mir fiel nichts Gutes ein. Ich versuchte es mit der Wahrheit. Funktioniert immer, wenn sonst nichts mehr geht. »Riker hat gesagt, dass er den Kindern nichts tun wird. Er sagte auch, dass er uns nichts tun wird. Er will nur, dass ich ihn vor dem Monster rette. Wenn Sie Ted den Kopf wegschießen, dann glaube ich nicht mehr an Rikers Versprechungen. Sobald ich glaube, dass er die Kinder und uns umbringt, habe ich keinen Anreiz mehr, ihm zu helfen.«
Simons Blick wanderte zu mir. »Wir können Ihnen Anreiz verschaffen.« Ich sah ihn nicht nicken, aber ich spürte Mickeys Bewegung hinter mir. Ich konnte nie gut widerstandslos Schläge einstecken. Ich duckte mich, ohne zu überlegen, und er verfehlte meine Schulter, aber ich hatte recht gehabt. Er verstand etwas vom Nahkampf. Ich drehte mich zu irgendeinem Gegenschlag herum, als mich der Pistolenkolben am Kinn traf. Ich glaube, er war sauer, weil ich mich geduckt hatte, denn er schlug hart.
Das Nächste, was ich wieder weiß, ist, dass ich am Boden lag und Deuce neben mir kniete. Er streichelte mein Gesicht. Ich hatte den Eindruck, dass er mich schon eine Weile hätschelte, so als wäre ich bewusstlos gewesen. Ich konnte mich nicht erinnern, ohnmächtig geworden zu sein. Die Sonnenbrille war weg. Ich wusste nicht, ob Deuce sie mir abgenommen oder ob sie mir runtergefallen war.
»Sie ist wach«, sagte Deuce mit leicht verträumter Stimme. Er schenkte mir ein sanftes Lächeln und strich mir weiter die Wangen.
Simon kniete sich ebenfalls hin und verdeckte das Türlicht. »Wie heißen Sie?« »Anita, Anita Blake.« »Wie viele Finger?« Ich sah seine Hand hin und her gehen und folgte ihr mit den Augen. »Zwei.« »Können Sie sich aufsetzen?« Gute Frage. »Mit ein bisschen Hilfe, vielleicht.«
Deuce schob den Arm hinter meinen Rücken und hob mich an. Ich ließ ihn das meiste Gewicht übernehmen, nicht weil es nötig war, sondern weil sie dann vielleicht dachten, ich sei stark mitgenommen und mich nicht mehr für so gefährlich halte; würden. Irgendeinen Vorteil brauchten wir schließlich.
Ich lehnte mich gegen Deuces Schulter. Er summte leise vor sich hin und streichelte mir in einem fort übers Gesicht. Endlich konnte ich alles sehen. Edward war auf Knien und hatte die Hände auf dem Cowboyhut verschränkt. Rooster hick ihm den Lauf an den Kopf. Edward sah unverletzt aus. Mehr als wollten sie ihn nur abhalten, eine Heldentat zu vollbrin-gen.
Mickey hatte eine blutige Lippe. Er wich meinem Blick sorgfältig aus.
»Können Sie stehen ?«, fragte Simon. »Mit etwas Hilfe, ja.« »Deuce«
Deuce half mir auf die Beine, und die Welt schwankte. Ich klammerte mich an ihn, während die Welt versuchte, durch mein Ohr rauszurutschen. Vielleicht brauchte ich gar nicht so zu tun, als ginge es mir schlecht.
»Scheiße«, sagte Simon. »Können Sie gehen, wenn Deuce Sie stützt?«
Ich nickte, und dabei wurde mir schlecht. Ich musste dagegen anatmen, ehe ich antworten konnte. »Ich glaube, schon.«
»Gut. Gehen wir.« Er ging rückwärts ins Haus und spähte in die Dunkelheit hinter uns, obwohl er wegen der hell erleuchteten Fenster wahrscheinlich nicht viel sehen konnte. Deuce und ich gingen als Nächste. Er hatte Edwards Draht um den Hals hängen wie ein Arzt das Stethoskop. Edward kam hinter mir, die Hände auf dem Hut, Rooster und Mickey bildeten den Schluss. Sie ordneten uns so an, dass Raum zum Manövrieren bliebe, wenn jemand anfing zu schießen.
Simon stieg die Treppe hinauf. Ich sah das Treppenhaus hinauf, und die Welt verschwamm. Deuce rief: »Simon, ich glaube, sie kann noch keine Treppen steigen.«
»Mickey.« Der Angesprochene rückte an den Fuß der Treppe vor.
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