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Anita Blake 10 - Ruf des Bluts

Anita Blake 10 - Ruf des Bluts

Titel: Anita Blake 10 - Ruf des Bluts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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ihn umbringen lassen, ohne ein Wort zu sagen. Dein Gewissen hat nicht so gut funktioniert, solange er noch am Leben war.«
     
    Eine lange Zeit sagte Patrick gar nichts mehr. Wir rumpelten über die Straße, wichen Bäumen und Schlaglöchern aus. Da war nichts außer der Dunkelheit, dem goldenen Tunnel der Scheinwerfer und dem Motorgeräusch in der Stille. Ich war mir nicht sicher, ob Stille gerade das Beste war, aber immer noch besser, als wenn Patrick mir vorhielt, was für ein Ungeheuer ich war. Ich war ganz seiner Meinung, und das erschwerte mir das Zuhören.
     
    Dann störte etwas die Stille, dem noch schwerer zuzuhören war. Patrick weinte. Er drückte sich gegen die Tür, so weit wie möglich von uns weg, und weinte leise vor sich hin. Schließlich sagte er: »Du hast Recht. Ich habe nichts dagegen unternommen, und das wird mich für den Rest meiner Tage verfolgen.«
     
    »Willkommen im Club«, sagte ich. Er blickte mich forschend an. »Warum hast du es dann getan ?« »Jemand musste es tun.«
     
    »Ich werde den Anblick nie vergessen, wie du ihm die Finger abhackst. So eine kleine Frau ... Dein Gesicht bei dem Schuss. Es war so leer, als wärst du gar nicht da. Warum musstest gerade du es tun?«
     
    »Wäre es besser, wenn es einer der Männer getan hätte?« »Ja.« »Bitte komm mir nicht mit irgendeinem Machoscheiß. Sag nicht, du bist so aufgewühlt, weil es eine Frau getan hat.«
     
    Patrick schniefte. »Vielleicht doch. Ich meine, es käme mir nicht so furchtbar vor, wenn es einer der anderen getan hätte. Du bist so ein hübsches kleines Ding. Du solltest nicht anderen Leuten die Finger abhacken.«
     
    »Oh bitte«, stöhnte ich. »Noch wenn ich sterbe, werde ich diese Szene vor mir sehen. « »Und das wird bald sein, wenn du so weitermachst«, murmelte ich. »Was hast du gesagt?«, fragte Patrick. »Nichts.«
     
    Jason gab einen Laut von sich, der vielleicht ein Lachen sein sollte. Wenn er gewusst hätte, dass ich das ganz und gar nicht witzig gemeint hatte. Ich hatte schon genug Probleme damit, was ich getan hatte. Da brauchte ich nicht auch noch einen schluchzenden Jiminy Cricket, um zu begreifen, dass ich abgrundtief gefallen war. Das Monster blies mir nicht in den Nacken, es saß in meinem Kopf, satt und zufrieden. Das erkannte ich daran, dass ich mich nicht schuldig fühlte. Ich fühlte mich nur schlecht, weil man Schuldgefühle bei mir erwartete und ich sie nicht hatte. Ich sollte eine persönliche Grenze haben, die ich nicht zu überschreiten bereit war, und ich hatte immer gedacht, das sei die Folter. Scheinbar hatte ich mich geirrt.
     
    Die Tränen schnürten mir den Hals zu, aber ich wollte jetzt verdammt nochmal nicht weinen. Es war passiert. Ich musste das hinter mir lassen - oder zumindest so lange zurückdrängen, bis ich das Eigentliche erledigt hatte. Das Eigentliche war, Daniel und Charlotte zu retten. Wenn mir das nicht gelang, wäre alles umsonst gewesen. Und nicht nur das. Ich könnte Richard nicht mehr in die Augen sehen, wenn ich sie draufgehen ließe. Ich war wütend auf ihn gewesen, stinksauer, aber jetzt nicht mehr. Ich hätte eine Menge dafür gegeben, wenn er mich jetzt in den Arm nehmen könnte. Allerdings wäre er ganz Patricks Meinung. Richard war gut beraten, wenn er heute Nacht auf Belehrungsversuche verzichtete.
     
    Aber es war nicht nur Richard. Ich kannte den ganzen Zeeman-Klan. Sie waren so perfekt, dass es mir in den Zähnen wehtat. Von einem solchen Verlust würde sich diese Familie nie erholen. Meine hatte es auch nicht geschafft. Ich zählte darauf, dass Daniel und Charlotte über die Folter hinwegkommen würden, dass sie stark genug waren, sich nicht davon zerstören zu lassen. Ich hoffte, dass ich Recht behielt. Nein, ich betete, dass ich Recht behielt.
     
    Thompson hatte uns gesagt, in welchem Raum sie festgehalten wurden. Er lag an der Rückseite des Hauses nahe am Wald, so weit wie möglich von der Straße weg. Kaum überraschend. Möglich, dass Thompson noch ein paar nützliche Informationen hätte geben können. Vielleicht hätte ich weniger foltern und mehr drohen sollen. Vielleicht hätten wir dann schneller ins Haus gelangen können. Vielleicht aber auch nicht. Befragung mit Folter war etwas Neues für mich, wahrscheinlich fehlten mir die richtigen Methoden. Ich würde ja sagen, das kommt mit der Praxis, nur wollte ich das bestimmt nicht wiederholen. Schon von dem einen Mal drohten mir in Zukunft nervöse Anfälle. Wenn ich es noch einmal

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