Anmutig älter werden (German Edition)
Norman freute sich jedoch über jeden männlichen Besuch, den ich mitbrachte. So ging es mit den beiden viele Jahre.
In den Achtzigerjahren behauptete Norman, die Russen würden doch noch kommen. Hardy, der immer eigenartiger wurde, hatte sich im Dorf mit allen verkracht und wollte nur noch weg, weit weg.
Sie kauften ein Schloss auf den Bermudas. Dies war weit genug entfernt. Ich hatte dort auch meine »Ruthlis Räume«, aber es war eben auch für mich sehr weit. Hardy wurde immer unglücklicher und bei einem meiner Besuche merkte ich, dass er trank. Betrunken fuhr er mit mir auf den schmalen Straßen zum Meer. An einem traumhaften Strand mit seinem rosafarbenen Sand gab es eine lange Aussprache.
Norman hatte einen neuen jungen, lustigen Freund, der Friseur war. Hardy hatte all diese Männer neben ihm mit Fassung ertragen, wusste er doch, dass er eines Tages alles erben würde. Nun hatte er keine Kraft mehr. »Stehe doch zu deinem Alter, deinem Aussehen. Du bist doch ein Mensch mit Talenten. Ohne deine Hilfe und Nähe wäre Norman erledigt.« Schon indem ich das sagte, spürte ich, dass ich Hardy nicht mehr erreichen konnte.
Kurze Zeit später kam er mich in München besuchen, tod-, todunglücklich. Er konnte nicht mehr auf den Bermudas leben, nicht mehr mit Norman, aber auch nicht ohne ihn. Seine Mutter, die am Bodensee in einem Altenheim lebte, starb zu dieser Zeit. Somit hatte er keine Verpflichtung mehr, er war frei. Da nahm er sich im April im Bodensee das Leben. Diesen Mut hatte ich ihm nicht zugetraut. Wir suchten ihn überall und fanden ihn nicht. Nach vierzehn Tagen gab ihn der See in der Nähe des Konstanzer Yachthafens wieder frei. Seine Jacke hatte er dort an einen Baum gehängt.
Norman war nun untröstlich.
»Ruthli, please come. Save my life.«
Der neue junge, lustige Freund plante, Norman abends vor dem Fernseher von hinten mit einem Hammer erschlagen zu lassen, da Norman ihm versprochen hatte, dass er im Testament großzügig bedacht sei.
Leider hatte der lustige Friseur das in einer Bar mit einem dortigen Gangster besprochen, der diese noch nicht geschehene Tat bei der Polizei meldete, weil er selbst noch etwas Schlimmeres verbrochen hatte. Der Freund wurde des Landes verwiesen und Norman versank in tiefe Trauer.
Ruthli sollte jetzt helfen. Ich dumme Gans flog natürlich gleich auf die Bermudas, auch noch auf meine Kosten. Der Multimillionär nahm das einfach so hin.
Beim Abendessen in einem feudalen Restaurant bat er mich zu bleiben, mit ihm zu leben, und alles, was Hardy erben sollte, sei für mich. Norman war kein uninteressanter Mann, aber meine Freiheit aufzugeben wegen Geld?
»Nein, Norman, das kann ich nicht.«
Auf eigene Kosten flog ich wieder zurück.
Das ist in Kurzform die Geschichte von Hardy und Norman, die mich 1963 an den Untersee nach Salenstein brachten und mich lehrten, noch mehr auf meinen eigenen Füßen zu stehen und die Verantwortung für mein Leben nicht aus meinen Händen zu geben.
Kraftquelle Natur
W o auch immer ich bin, brauche ich die tägliche Berührung mit der Natur, einen Spaziergang im Wald oder am Wasser. Oder einfach dazusitzen, einen Baum anzuschauen, mich an ihn anzulehnen, seinen Energiestrom zu spüren und dankbar zu sein für die Schönheit, die sich da vor mir ausbreitet.
Diese innere Ruhe und Konzentration habe ich auch, wenn ich drehe. Auch wenn viele Menschen um mich herum sind, bin ich dann mit meiner Rolle allein. Ich bin ganz bei mir. Das ist fast wie eine Meditation.
Freunde fürs Leben
N achdem ich Schloss Salenstein als meinen Sommersitz verloren hatte, schaute ich mich in dieser Gegend, die mir so gut tat und die mich inspirierte für alle meine Bilder und Bücher, nach Ersatz um.
Inzwischen war Wolfgang Rademann der wichtigste Mann in meinem Leben geworden. Da er die Bodenseeregion mit ihren blühenden Obstbäumen ebenso liebte wie ich, suchte er mit mir ein kleines Domizil in Salenstein, das wir in einem alten, umgebauten Bauernhaus fanden. Ich liebte dieses Dachzimmer mit Blick auf die Reichenau vom ersten Moment an.
Besonders genoss ich es, dass mein Sohn Alexander ganz in meiner Nähe in Konstanz lebte. Für meine Entwicklung war dieser kleine, ruhige Ort sehr wichtig. Ich schrieb und malte und meine Fernsehwelt war weit weg. Mit fünfzig Jahren hatte ich mich entschlossen, nicht mehr Theater zu spielen, auch keine Tourneen mehr zu machen, die meist unter katastrophalen Umständen stattfanden und an meiner Gesundheit und
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