Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer
jetzt zur Toilette zu gehen. Als würde es ihn vom Kommissar zum Schuljungen degradieren.
Ann Kathrin hatte der jungen Frau die Fotos nicht gezeigt, ihr aber sehr plastisch die Situation geschildert.
»Es geht um das Leben von Eike. Er ist in den Händen eines skrupellosen Täters. Er will Eike umbringen, und wir alle sollen sozusagen Zeugen seines Todes werden. Ich gehe davon aus, dass Sie den Mann kennen. Das alles hängt irgendwie mit der Party bei den Warfsmanns zusammen. Sie waren mit meinem Sohn da. Bitte schildern Sie mir minutiös, was dort geschehen ist.«
Der Stuhl unter Weller wackelte. Er versuchte, das zu ignorieren, aber es störte ihn sehr.
Rebekka Simon begann jede neue Aussage mit den Worten: »Ich weiß ja nicht, ob es wichtig ist, aber …«
Jedes Mal sagte Ann Kathrin daraufhin: »Alles kann wichtig sein. Versuchen Sie einfach, sich genau zu erinnern.«
Weller hielt sich aus dem Gespräch völlig heraus, machte nur Notizen und versuchte, nicht mit dem Stuhl umzukippen.
Beim Ausräumen des Wohnzimmers hätten Eike und Rebekka mitgeholfen, um eine größere Tanzfläche zu schaffen. Eike hätte teilweise den Discjockey gespielt, weil er »ein Feeling dafür hat, was die Menschen gut draufbringt und sie Party machen lässt«. Sie selbst hätte so wild und ausgelassen getanzt, dass sie zwischendurch einmal duschen gegangen sei und ihre Klamotten gewechselt habe.
»Das tut so richtig gut«, sagte sie. »Wir machen das immer wieder, wenn der Rhythmus mit dir eins wird und du dich nur noch im Takt bewegst, dann kommt so ein Gefühl von Freiheit. Der ganze Mist fällt von einem ab. Das habe ich von Eike. Er schüttelt sich dann immer so.« Sie machte es vor. »Der ganze Alltagsstress fällt dann von einem ab wie Ungeziefer von einem Baum, wenn der Wind ihn so richtig durchpustet.«
»Hat Ines Küppers mitgetanzt? Und wie war es mit Frau Warfsmann?«
»Oh ja, die Michaela war besonders wild drauf. Vielleicht wollte sie auch unbedingt, dass ihre Party uns allen in guter Erinnerung bleibt. Die ist voll abgegangen. Ich bin mir auch sicher, dass sie was eingeworfen hatte. Ich weiß ja nicht, ob es wichtig ist, aber sie war Partydrogen gegenüber recht aufgeschlossen. Sie dürfen sich das nicht vorstellen wie die klischeehaften Drogensüchtigen aus dem Fernsehprogramm. Hier pusht man sich nur ein bisschen mit Amphetaminen oder so, wie andere Leute …«, sie hielt die Kaffeetasse hoch, »mit Kaffee, Red Bull oder Guarana. Es geht nur darum, länger gut drauf zu bleiben.«
Zu Wellers Verwunderung fragte Ann Kathrin nicht, ob sie selbst auch so etwas genommen hatte. Wollte sie die Freundin ihres Sohnes nicht in Verlegenheit bringen? Stattdessen hakte sie nach: »Und Ines Küppers?«
Rebekka Simon winkte ab. »Nein, die hat nicht mitgemacht. Ich weiß ja nicht, ob es wichtig ist, aber als ich duschen gegangen bin, da habe ich gehört, wie Michaela an die Tür von Ines geklopft hat. Sie hat Ines aufgefordert, sich nicht so dämlich anzustellen und rauszukommen. Alle würden sich amüsieren, und es würde riesig abgehen. Sie solle doch nicht so blöd sein und sich in ihrem Schneckenhaus verkriechen. Ich glaube, Michaela war ziemlich sauer. Sie schimpfte:
Glaub ja nicht, dass du uns so die Stimmung verderben kannst! Entweder du machst mit oder nicht. Ist doch deine Sache!«
»Und? Ist Ines Küppers danach gekommen?«
»Das weiß ich nicht. Ich habe geduscht. Und danach …«
Rebekka sah auf ihre Tassen und wendete sich von Ann Kathrin ab. Sie setzte sich so hin, dass sie sie nicht mehr ansehen musste, sondern die Fußbodenleisten schienen plötzlich besonders interessant zu sein.
»Und was ist dann geschehen?«
»Ach, das spielt bestimmt überhaupt keine Rolle für Ihren Fall. Das ist überhaupt nicht wichtig, glaube ich.«
»Alles ist wichtig. Bitte erzählen Sie mir alles, woran Sie sich erinnern.«
»Na ja, dann haben Eike und ich … also …« Sie stellte die Tasse ab. »Wir hatten Sex.«
Nee, dachte Weller, jetzt bloß keine Details.
»Im Badezimmer?«, wollte Ann Kathrin wissen.
»Nein, neben dem Zimmer von Ines.«
»Ist dort ein Gästezimmer?«
»Nein, da ist das Kinderzimmer von Emma. Die war an dem Tag aber natürlich nicht da, sondern schlief bei den Großeltern. Eike und ich haben das Kinderzimmer als Gästezimmer benutzt, wenn Sie so wollen.«
»Sie haben also dort gemeinsam übernachtet?«
»Ja, in dem Gästezimmer haben wir aber nicht alleine geschlafen. Sondern außer uns
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