Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer
aber eins, weil ihnen noch nie ein Dienstwagen geklaut worden war.
PK Diepholz aus Jever fand tröstliche Worte: »Immerhin ist der Wagen unversehrt, praktisch scheckheftgepflegt. Hätte ja auch sein können, dass die damit einen Unfall bauen oder die Sitze aufschlitzen oder reinkacken. Soll es alles schon gegeben haben, wenn auch nicht bei uns.«
Schrader öffnete die Fahrertür und inspizierte den Innenraum. Er explodierte sofort.
»Unversehrt? So eine Scheiße! Die Kiste stinkt nach Qualm! Die haben hier drin geraucht! Ja, sind die denn von allen guten Geistern verlassen? Die können doch nicht in meinem Dienstfahrzeug rauchen!«
»Früher«, erinnerte Diepholz sich, »hab ich während des Dienstes vierzig geraucht, manchmal mehr.«
»Ja, früher. Da war ich auch noch für Atomkraft. Wir haben saure Nierchen gegessen, Hühnerleber, Schildkrötensuppe Lady Curzon und … ach!«
Schrader winkte sauer ab.
Der Bericht aus der Pathologie warf Ann Kathrins Überlegungen, die Leiche sei im oberen Bereich des Osterfeuers platziert worden, um. Plötzlich gab es eine andere Erklärung für die Verteilung der Knochen. Im Bericht stand eindeutig, die Leiche sei in vier Teile zersägt worden.
Ann Kathrin ging beim Versuch, sich das vorzustellen, vor ihrem Computer auf und ab, aber dann brauchte sie frische Luft.
Vor der Polizeiinspektion ging es ihr besser. Irgendjemand grüßte sie freundlich. Sie nahm es zur Kenntnis, grüßte aber nicht zurück. Zu sehr war sie mit ihren Gedanken beim Täter.
Er musste einen Raum in der Nähe haben, in dem er das ungestört hatte tun können. So etwas machte Krach. Der Raum war entweder schallgedämpft, oder das Haus lag sehr einsam.
Er muss dort eine Waschgelegenheit haben, dachte sie, denn das Ganze war eine recht blutige Angelegenheit. Er musste die Möglichkeit haben, mit einem Fahrzeug unauffällig eine Leiche zu transportieren.
Sie stellte sich ein einsames Haus vor, vielleicht hinter dem Deich, mit einer Garage. Die Garage musste innen einen Zugang zum Haus haben, damit er sicher sein konnte, nicht gesehen zu werden, wenn er die Leichenteile verlud.
Unwahrscheinlich, dass er sein Wohnzimmer oder die Küche in ein Schlachthaus verwandelt hatte. Er musste einen Keller besitzen.
Entweder war der Mann sehr einsam und bekam selten oder nie Besuch, oder, was sie wahrscheinlicher fand, er hatte seinen Keller dafür ausgestattet.
»Wir haben es«, sagte sie laut vor sich hin, während zwei Kinder an ihr vorübergingen, »mit einem äußerst gut organisierten Täter zu tun. Das ist kein durchgeknallter, triebgesteuerter Spontantäter. Unser Mann hat jedes Detail genau geplant und vorausberechnet. Vermutlich ist er intelligent. Eine gute Ausbildung ist wahrscheinlich, und handwerkliche Fähigkeiten hat er auch.«
Sie stellte ihn sich relativ kräftig vor. Wenn das Haus in Deichhöhe war und einen Keller hatte, dann musste es schon älter sein. Heutzutage baute man in Norden und Norddeich keine Keller mehr, weil die sowieso nur nass waren und dadurch Schimmel und Feuchtigkeit ins ganze Gebäude zogen. Ihr Haus im Distelkamp stand, wie die anderen Neubauten, auf einer soliden Betondecke.
Die Kinder stießen sich an und lachten. »Guck mal, die redet mit sich selbst! Die hat sie nicht mehr alle auf dem Zaun!«
Wir kommen dir näher, dachte sie. Je mehr wir über dich wissen, umso näher kommen wir dir. Warte nur, bald werden wir uns Auge in Auge gegenüberstehen.
Sie ging in ihr Büro zurück, wo sie auf Rupert und Schrader stieß. Die zwei regten sich über die Kollegen aus Jever auf, die zwar den Wagen zurückgebracht hatten, aber nicht die Autodiebe.
»Die rennen immer noch frei rum und lachen uns aus«, schimpfte Rupert.
Ann Kathrin schlug vor, sie über die Handys erneut zu orten und dann festzunehmen.
Rupert rieb sich die Hände. Schrader veranlasste alles Nötige, und Ann Kathrin klärte Rupert über die Erkenntnisse aus der Pathologie auf.
Rupert tippte sich gegen die Stirn: »Ich versteh den Typen nicht. Der muss doch völlig verrückt sein«, sagte er kopfschüttelnd. »Ich meine, warum schneidet der ihm Arme und Beine ab, lässt aber den Kopf am Rumpf? Also, ich hätte an seiner Stelle …« Rupert stockte, weil er sich vergaloppiert hatte, und erläuterte: »Also, wer versetzt sich hier immer so in einen Täter … Du doch, oder nicht? Du hättest doch auch zuerst den Kopf abgetrennt, oder?«
Sie warf ihm einen zurechtweisenden Blick zu. »Ich versuche
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