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Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer

Titel: Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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war zwar anderer Meinung, nickte aber und akzeptierte, dass er Suppe in ihren Teller goss. Sie kostete, sagte auch »Mhh, köstlich«, aber sie war geistig gar nicht bei ihm im Raum, und er bezweifelte, dass sie im Augenblick den Geschmack dieser italienischen Suppe von einem einfachen Eintopf unterscheiden konnte.
    »Also gut«, gab er nach, »meinetwegen. Aber dann ist Schluss für heute.«
    Sie lächelte und löffelte jetzt schneller. »Wirklich gut«, betonte sie noch einmal, und bevor sie die Suppe geschafft hatte, zog er schon seine bretonische Fischerjacke an, die fast jeder Tourist für typisch ostfriesische Handarbeit hielt, was ihn sehr amüsierte.

Je länger sie zu dieser imaginären Person auf dem Stuhl sprach, umso heftiger wurde deren Präsenz im Raum. Es war jetzt für Michaela Warfsmann, als würde dort wirklich Ines Küppers vor ihr sitzen. Die Tote. Die längst Beerdigte. Die längst Vergessene.
    »Ines …«, sagte sie unter Tränen, und das war zu ihrer eigenen Verblüffung nicht geschauspielert, sondern sie musste schon heulen, wenn sie nur den Namen aussprach. »Ines … es … es tut mir alles so leid …«
    Sie konnte, vom Seelenschmerz überwältigt, kaum weitersprechen. Sie erinnerte sich daran, dass sie diese Situation kannte. Es war lange her. In der Pubertät, als sie plötzlich Essstörungen bekam und durch die viele Kotzerei rasant abnahm, da hatte sie ein paar Therapiestunden verschrieben bekommen. Damals hatte die junge Therapeutin, die für Michaela noch dünner war als sie selbst, ein blaues Kissen vor sie hingelegt und gesagt: »Darauf sitzt Ihr Vater. Sagen Sie ihm jetzt alles, was Sie nie gewagt haben, ihm ins Gesicht zu sagen.«
    Sie war sich zuerst ganz dämlich vorgekommen, aber dann war es nur so aus ihr herausgesprudelt, und am Ende hatte sie tränenerstickt gegen das Kissen getreten. Es klatschte an die Wand und blieb an einem gerahmten Foto von Albert Einstein, der die Zunge herausstreckte, hängen.
    Später hatte sie einen Doppel-Whopper mit Käse verdrückt und drinbehalten.
    Aber jetzt, da sie mit diesem leeren Stuhl sprach, wusste sie, warum sie damals ihre Therapie abgebrochen hatte. Sie hatte Angst davor, auf dieses Kissen ihre Mutter zu setzen. Selbst der nicht anwesenden Mutter hätte sie nicht die Meinung sagen können. Die Blockade, die Verbote waren einfach zu groß.
    Jetzt begriff sie, warum sie immer ein Problem mit Ines Küppers gehabt hatte. Immer. Von Anfang an!
    Einerseits suchte sie fast zwanghaft ihre Nähe, andererseits musste sie sich ständig über sie erheben und sie piesacken.
    »Du bist wie meine Mutter! Ständig dieser jammerige Grundton. Immer dieses Herumgenörgele. Nie kann man ihr etwas recht machen. Sie findet immer noch etwas, das nicht stimmt, und ständig hat man das Gefühl, ihr etwas schuldig zu sein.«
    Ihr am Stuhl festgeklebter Körper wurde von einem Weinkrampf geschüttelt. Etwas in ihr löste sich gerade, als hätte sie diese Situation gebraucht, um endlich die Freiheit zu haben, ihrer Mutter zu sagen, was sie falsch gemacht hatte.
    »Und dann hat Ines ausbaden müssen, was deine Mutter verbockt hat«, sagte er, und seine Stimme machte ihr Angst.
    »Ja!«, schrie sie. »Ja, so war es, aber ich wusste das nicht … bis jetzt …«
    »Dann müsste eigentlich deine Mutter hier sitzen und nicht du.«
    Sie starrte ihn an. Meinte er das ernst? Würde er sie gleich freilassen und sich dann ihre Mutter holen? Vergrößerte er damit das Schuldenkonto, das sie bei ihrer Mutter sowieso schon weit überzogen hatte, noch mehr?
    Aber nein. Er würde sie auf jeden Fall töten. Sie wusste, wie er aussah. Er konnte sie nicht leben lassen. Trotzdem sagte sie: »Ich … ich bin Ihnen im Grunde dankbar. Sie haben mir die Augen geöffnet. Was ich in der Therapie nie geschafft habe, das war hier mit Ihnen in dieser Situation möglich. Danke! Von ganzem Herzen danke! Ich habe es wirklich verdient, hier festzukleben, damit ich endlich aus mir selbst herauskann. Danke …«
    Das war es doch, was er hören wollte.
Danke
, dachte sie und beobachtete aus den Augenwinkeln in der Fensterspiegelung sein Gesicht. Noch war nicht alles verloren. Erreichten ihre Worte sein krankes Hirn? War er wie sie eine früh verletzte Seele, die an ihren Peiniger in Liebe gebunden war?
    Er zog sich die dicke Jacke an.
    War es das? Ging er jetzt los, um sich auch noch ihre Mutter zu holen?
    »Bitte«, hörte sie sich flehen, »bitte tun Sie ihr nichts.«
    Er beugte sich

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