Ann Kathrin Klaasen 08 - Ostfriesenfeuer
Abendkleid gepasst als zu diesem kurzen Bademantel.
Sie wusste genau, dass Weller ihr hinterhersah, und es gefiel ihr.
Sie stellte den Rechner auf den Tisch, und auf dem Bildschirm erschien Willbrandt. Sie musste wirklich ein starkes Teleobjektiv benutzt haben. Willbrandt war ganz nah zu sehen. Er las die Nordwest-Zeitung.
Weller fand das Bild uninteressant. Ann Kathrin fragte, ob es vergrößert werden könnte.
»Ja klar. Warum?«, wollte Kim Riedel wissen.
»Ich frage mich, was er da so interessiert liest.« Sie deutete auf das Datum. »Wenige Tage später verschwand er und wurde zersägt.«
»Den Lokalteil«, sagte Kim Riedel, noch bevor das Bild vergrößert war. »Er interessierte sich nicht für die große Politik. Aber für alles, was um ihn herum geschah. Besonders Versteigerungen.«
Das nächste Bild zeigte ihn bei einer Versteigerung.
»Er war der typische Abstauber, der sich am Elend anderer bereicherte. Kein Wunder, dass sie den umgelegt haben. Auf den waren bestimmt jede Menge Leute stinksauer. Wenn irgendwo Grundstücke oder Häuser zwangsversteigert wurden, war er da, hat in meinem Beisein aber immer nur ganz unten mitgeboten, wenn überhaupt. Das Haus mit dem Café hat er auch ersteigert. Weit unter Wert. Und dann …«, sie tippte sich an die Stirn, »eine leerstehende Metzgerei in Esens. Jetzt will er sie wieder loswerden.«
»Waren Sie dabei?«, hakte Weller nach und fing sich noch einen Blick von Ann Kathrin ein.
»Nein, natürlich nicht. Das ist schon länger her. Reine Recherche. Ich höre mich halt um, was die Leute so erzählen.« Dann zögerte sie. »Ob ich Ihnen meinen Observationsbericht und alle Hintergrundfacts geben darf, weiß ich aber nicht. Ich würde das gerne erst mit meinem Chef besprechen.«
»Wir ermitteln in einem Mordfall«, gab Weller zu bedenken, aber Kim Riedel zeigte sich reserviert.
»Heutzutage weiß man nie … Auf einmal verstößt das gegen irgendwelche Datenschutzbestimmungen oder einen Ehrenkodex. Ich will hier keinen Mandantenverrat begehen.«
»Ich denke«, mischte Ann Kathrin sich ein, »Sie kennen den Mandanten gar nicht, der die Firma beauftragt hat.«
»Ja, aber vielleicht verstößt es trotzdem gegen seine Interessen, wenn ich jetzt …« Sie stöhnte und gab zu: »Herrgott, ich brauche den Job, verdammt nochmal! Ich bin vollkommen von deren Willkür abhängig. Die können mir einen Auftrag geben oder eben nicht. Es gibt genug Freie wie mich, die sich um so einen Job reißen …«
Ann Kathrin ging zum Laufband und stellte sich darauf, als wollte sie losjoggen. Von hier aus sah Ann Kathrin auf den riesigen Flachbildschirm, der doppelt so groß war wie ihr altes Fernsehgerät im Distelkamp. Auf dem Display des Laufbands lagen zwei Fernbedienungen.
»Von hier aus gucken Sie also Fernsehen und joggen gleichzeitig?«, fragte Ann Kathrin.
Kim Riedel nickte wie nebenbei, als würde jeder vernünftige Mensch so etwas tun.
Der Fernseher war so ausgerichtet, dass man den Bildschirm vom Sofa aus gar nicht richtig sah.
»Praktisch. Kein Zeitverlust. Sie sind sehr effektiv«, sagte Ann Kathrin. Es klang wie Lob, aber Weller hörte auch den leichten Spott heraus.
»Darum geht es doch heutzutage, oder nicht? Effektiv sein! Schneller. Weiter. Höher. Mit immer weniger Leuten. Sehen Sie«, grinste Kim Riedel, »ich bin bei meinen Ermittlungen grundsätzlich allein und völlig auf mich gestellt. Sie beide tapern überall zu zweit rum. Stimmt doch. Weil Sie Beamte oder Angestellte sind, geht das auch. In der freien Wildbahn dagegen …«
»Wir können Ihren Laptop auch beschlagnahmen, und dann …«
»Das ist kein Laptop, sondern ein ganz neues Thinkpad-Tablet two.«
»Wie auch immer. Beschlagnahmen kann ich es mit dem gleichen alten Formular.«
Ann Kathrin sah der Frau an, wie unangenehm ihr der Gedanke war, jemand könne ihre privaten E-Mails lesen.
Kim Riedel willigte ein, den Bericht gleich digital als Anlage an Ann Kathrin zu schicken: »Oder soll ich Ihnen den besser ausdrucken?«
Ann Kathrin lächelte. »Wir haben auch schon Computer.«
Dann gab sie Kim Riedel ihre E-Mail-Adresse, wartete die Sendung ab und sah auf das Display ihres iPhone.
»Es könnte sein«, sagte Weller zu Kim Riedel, »dass Sie den Mörder kennen.«
Sie blickte ihn erschrocken an. »Sie meinen, ich habe im Grunde für ihn gearbeitet? Diesen Willbrandt ausspioniert, eine Analyse über seine Bewegungs- und Verhaltensmuster geschrieben, und das war dann Grundlage für
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