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Anna im blutroten Kleid: Roman (German Edition)

Anna im blutroten Kleid: Roman (German Edition)

Titel: Anna im blutroten Kleid: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kendare Blake
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aber ihre Bewegungen wehen wie ein Flüstern durch die Luft. Ich höre jeden dicken Blutstropfen, der auf den Boden fällt.
    Ich öffne die Augen. Sie steht vor mir, die Göttin des Todes, mit schwarzen Lippen und kalten Händen.
    »Anna.« Ich ringe mir ein Lächeln ab.
    Sie blickt auf mich herab, auf den armseligen Jungen, der sich an ihre Wand presst. Mit gerunzelter Stirn schwebt sie weiter. Dann reißt sie sich abrupt von mir
los und blickt zum Fenster über meinem Kopf. Ehe ich mich rühren kann, schießen ihre Arme vor und durchbrechen die Scheibe. Mike oder Chase oder beide kreischen mir fast ins Ohr. Weiter weg höre ich Carmels Stimme.
    Anna hat Mike durch das Fenster ins Haus gerissen. Er schreit und heult wie ein gefangenes Tier, windet sich in ihrem Griff und vermeidet es, ihr Gesicht anzublicken. Sein Sträuben scheint sie nicht zu stören. Ihre Arme sind starr, als wären sie aus Marmor.
    »Lass mich los«, stammelt er. »Lass mich los, Mann, das war doch nur ein Scherz. Es war ein Scherz!«
    Sie stellt ihn auf die Beine. Er blutet aus Schnittwunden im Gesicht und an den Händen. Er weicht einen Schritt zurück. Anna fletscht die Zähne. Meine Stimme scheint einem anderen zu gehören, als ich kreische, sie solle aufhören. Mike hat keine Zeit mehr zu schreien, weil sie ihm die Hände in die Brust stößt und Haut und Muskeln zerfetzt. Sie zieht die Arme auseinander, als wollte sie sich durch eine sich schließende Tür zwängen, und zerlegt Mike Andover in zwei Hälften. Beide Teile fallen vor ihr auf die Knie und zucken und beben wie abgerissene Insektenbeine.
    Chases Schreie sind jetzt weiter entfernt. Ein Auto springt an. Ich krabbele von der Sauerei weg, die einmal Mike war, und vermeide es, die Hälfte des Körpers, die noch mit dem Kopf verbunden ist, genauer anzusehen. Ich will gar nicht wissen, ob er noch lebt. Ich will nicht wissen, ob er beobachten kann, wie seine andere Körperhälfte zuckt.
    Anna betrachtet gelassen den Toten. Dann ruht ihr Blick lange auf mir, ehe sie sich wieder auf Mike konzentriert. Als die Tür aufspringt, scheint sie es kaum zu bemerken, und dann packt mich jemand von hinten an den Schultern und zerrt mich aus dem Haus, weg von dem Blut. Meine Beine rutschen polternd über die Vordertreppe. Als mein Retter mich fallen lässt, schlage ich unsanft mit dem Kopf auf, und es wird wieder dunkel.

»He. He, Mann, bist du wach?«
    Die Stimme kenne ich. Ich mag sie nicht. Mühsam öffne ich die Augen, und da schwebt sein Gesicht über mir.
    »Wir haben uns Sorgen gemacht. Wir hätten dich nicht so lange schlafen lassen dürfen. Wir hätten dich ja ins Krankenhaus gebracht, aber wir wussten nicht, was wir denen hätten erzählen sollen.«
    »Es geht schon, Thomas.« Ich reibe mir die Augen, sammle meine letzte Willenskraft und richte mich auf. Die ganze Welt wabert und schwappt hin und her, dass mir übel wird. Irgendwie schaffe ich es, die Beine herumzuschwenken und die Füße auf den Boden zu setzen. »Was ist passiert?«
    »Das wüsste ich auch gern.« Er zündet sich eine Zigarette an. Ich wünschte, er würde sie ausdrücken. Mit dem zotteligen Haar und der Brille sieht er aus wie ein Zwölfjähriger, der seiner Mutter eine Packung Kippen aus der Handtasche geklaut hat. »Was hattest du denn im Korlov-Haus zu suchen?«
    »Warum bist du mir gefolgt?«, gebe ich zurück und
nehme das Glas Wasser entgegen, das er mir anbietet.
    »Ich habe genau das gemacht, was ich gesagt habe«, erwidert er. »Ich hätte bloß nie damit gerechnet, dass du so viel Hilfe brauchst. Verdammt auch, niemand betritt ihr Haus.« Die blauen Augen starren mich an, als wäre ich der allerletzte Idiot.
    »Ich bin jedenfalls nicht einfach da reinmarschiert und hingefallen.«
    »Das dachte ich auch nicht. Aber ich kann gar nicht glauben, dass sie das wirklich getan haben, dass sie dich ins Haus gelegt und versucht haben, dich zu töten.«
    Ich sehe mich um. Mir ist nicht klar, wie spät es ist. Die Sonne scheint, und ich bin in einer Art Antiquitätenladen. Er ist ziemlich überfrachtet, aber voller schöner Dinge. Nicht der alte Krempel, den man in heruntergekommenen Läden findet. Trotzdem riecht es nach alten Menschen.
    Ich sitze hinten auf einem verstaubten alten Sofa, und neben mir liegt ein Kissen, das mit meinem getrockneten Blut beschmutzt ist. Hoffentlich habe ich nicht auf diesem hepatitisschwangeren Lumpen geschlafen.
    Ich betrachte Thomas. Er scheint verrückt zu sein. Und er hasst die

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