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Anna Karenina

Anna Karenina

Titel: Anna Karenina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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später noch mehrmals mit gelindem Ärger. Als nämlich von der Strafe gesprochen wurde, die einem
    in Rußland verurteilten Ausländer bevorstände, und daß es doch unrichtig sei, ihn mit Ausweisung über die Grenze zu
    bestrafen, da wiederholte Ljewin einen Vergleich, den er tags zuvor im Gespräche von einem Bekannten gehört
    hatte:
    »Ich meine, ihn über die Grenze zu schicken, das wäre ganz dasselbe, wie wenn man einen Hecht damit bestrafen
    wollte, daß man ihn ins Wasser setzt.« Erst später fiel ihm ein, daß dieser Gedanke, den er von seinem Bekannten
    gehört und nun wie einen eigenen geäußert hatte, ursprünglich aus einer Krylowschen Fabel stammte und daß sein
    Bekannter ihn aus einem Zeitungsaufsatz zitiert hatte.
    Nachdem Ljewin seine Schwägerin zu sich nach Hause gebracht und Kitty wohl und munter angetroffen hatte, fuhr er
    in den Klub.
Fußnoten
    1 (frz.) toller Tag, Maskenball.
    2 (frz.) tausend Grüße.

7
    Er kam im Klub gerade zur rechten Zeit an. Gleichzeitig mit ihm fuhren noch eine Menge von Mitgliedern und
    Gästen vor. Ljewin war sehr lange nicht im Klub gewesen, zum letzten Male in der Zeit, als er nach seinem Abgang
    von der Universität noch in Moskau lebte und in der Gesellschaft verkehrte. Er erinnerte sich noch an den Klub,
    nämlich an die Einzelheiten der äußeren Einrichtung; aber welchen Eindruck eigentlich das Klubleben früher auf ihn
    gemacht hatte, das hatte er vollständig vergessen. Aber sobald er in den weiten, halbkreisförmigen Hof gefahren,
    aus der Droschke gestiegen und die Stufen vor dem Tor hinaufgegangen war und der Pförtner mit dem breiten
    Schultergurt geräuschlos die Tür vor ihm geöffnet und sich vor ihm verbeugt hatte; sobald er im Pförtnerzimmer die
    Gummischuhe und Pelze jener Klubmitglieder erblickt hatte, die der Ansicht waren, daß man weniger Mühe habe, wenn
    man diese Kleidungsstücke gleich unten ablege, als wenn man sie erst mit hinaufnehme; sobald er das geheimnisvolle,
    ihm vorauseilende Klingelzeichen gehört, die sanft ansteigende teppichbedeckte Treppe erstiegen und auf dem
    Vorplatz das Standbild und an der oberen Tür den ihm wohlbekannten, nun schon gealterten, dritten Pförtner in der
    Klublivree erblickt hatte, der nicht zu langsam und nicht zu schnell die Tür öffnete und den Ankömmling musterte:
    da überkam ihn wieder die ehemalige Klubempfindung, das Gefühl wohligen Aufatmens, das Gefühl inniger Befriedigung,
    das Gefühl einer wohlanständigen Umgebung.
    »Darf ich um Ihren Hut bitten«, sagte der Pförtner zu Ljewin, der die Klubbestimmung, daß Hüte im Vorzimmer
    gelassen werden sollten, vergessen hatte. »Sie sind lange nicht hier gewesen. Der Fürst hat Sie gestern
    eingeschrieben. Fürst Stepan Arkadjewitsch ist noch nicht da.«
    Der Pförtner kannte nicht nur Ljewin, sondern auch alle seine Bekannten und Verwandten und erwähnte daher sofort
    zwei diesem besonders nahestehende Personen.
    Ljewin durchschritt den ersten Saal, der durch spanische Wände abgeteilte Nischen enthielt und gewöhnlich nur
    als Durchgang diente (rechts davon lag ein nur durch einen niedrigen Verschlag abgetrenntes Zimmer, in dem ein
    Obsthändler saß), überholte einen langsam gehenden alten Herrn und trat in den von einer lärmenden Gesellschaft
    erfüllten Speisesaal.
    Er ging die Tische entlang, die fast sämtlich bereits besetzt waren, und musterte die Anwesenden. Überall
    erblickte er die verschiedenartigsten Personen, alte und junge, solche, die er kaum von Ansehen kannte, und andere,
    die ihm näherstanden. Kein einziger von ihnen zeigte eine verdrießliche, sorgenvolle Miene. Es machte den Eindruck,
    als hätten sie alle mit ihren Hüten auch ihre Nöte und Sorgen im Vorzimmer gelassen und schickten sich nun an, die
    irdischen Güter des Lebens recht mit Bedacht zu genießen. Auch Swijaschski war da, und der junge Schtscherbazki,
    und Newjedowski, und der alte Fürst, und Wronski, und Sergei Iwanowitsch.
    »Aber du kommst ja so spät!« sagte der Fürst lächelnd und reichte ihm über die Schulter weg die Hand. »Wie geht
    es Kitty?« fügte er hinzu und zog das Mundtuch zurecht, das er sich hinter einen Westenknopf gesteckt hatte.
    »Ganz nach Wunsch; sie befindet sich wohl. Die drei Schwestern essen heute zusammen bei uns zu Hause.«
    »Aha, Linchen-Trinchen! Na, bei uns hier ist kein Platz mehr. Aber geh an jenen Tisch dort und sichere dir
    schleunigst einen Stuhl«, sagte der Fürst und nahm, indem er sich wegwandte,

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