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Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Tolstoi
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kann froh sein, wenn man nur die eigenen behält. Da, dieser Schwarm hier ist mir schon zum zweitenmal davongegangen ... Ein Glück noch, daß die Kinder ihm nachgerannt sind und ihn eingeholt haben. Bei uns wird gerade gepflügt. Da haben sie ein Pferd ausgespannt und sind ihm nachgejagt ...«
     
    »Nun, was meinst du, Fomitsch? Sollen wir mähen, oder sollen wir noch warten?«
     
    »Na ja, nach unserer Regel muß man bis zum Peterstag warten. Aber Sie lassen ja immer schon früher mähen. Na, so Gott will, wird es eine schöne Heuernte werden. Das Vieh wird die Hülle und Fülle haben.«
     
    »Aber wie denkst du über das Wetter?«
     
    »Das steht in Gottes Hand. Vielleicht wird auch das Wetter gut bleiben.«
     
    Ljewin ging wieder zu seinem Bruder.
     
    Dieser hatte noch nichts gefangen; aber er langweilte sich nicht und schien in heiterster Stimmung zu sein. Ljewin sah, daß er, durch das Gespräch mit dem Arzte angeregt, Lust hatte, ein bißchen zu reden. Ljewin hingegen wollte möglichst schnell nach Hause zurück, um das Erforderliche wegen der Beschaffung von Mähern für den nächsten Tag anzuordnen und so seinem Zweifel über die Heuernte, der ihn stark beschäftigte, ein Ende zu machen.
     
    »Nun, komm, dann wollen wir wieder fahren!« sagte er.
     
    »Wozu sollen wir denn so eilen?« erwiderte jener. »Laß uns doch noch ein Weilchen sitzen! Aber was bist du naß geworden! Wenn ich auch nichts fange, es ist doch schön. Jede Art von Jagd hat das Gute, daß man dabei mit der Natur in innige Berührung kommt. Sieh nur, wie wunderhübsch dieses stahlgraue Wasser ist! Diese Wiesenufer«, fuhr er fort, »erinnern mich immer an ein Rätsel – besinnst du dich? Das Gras spricht zum Wasser: ›Wir und schwanken ...‹«
     
    »Ich kenne das Rätsel nicht«, antwortete Ljewin in gedrücktem Tone.
     

3
     
    » W eißt du, ich habe eben an dich gedacht«, hob Sergei Iwanowitsch von neuem an. »Nach den Erzählungen dieses Arztes zu urteilen, muß es ja bei euch hier im Kreise ganz toll zugehen; und er ist ein ganz intelligenter junger Mensch. Ich habe es dir schon früher einmal gesagt und wiederhole es dir: es ist nicht gut, daß du die Versammlungen nicht mehr besuchst und dich überhaupt von der ganzen Kreisverwaltung zurückgezogen hast. Wenn sich die anständigen Leute davon fernhalten, dann wird natürlich alles Gott weiß was für einen Verlauf nehmen. Wir bezahlen eine ganze Masse Geld; aber das geht für die Gehälter drauf, und von Schulen, Heilgehilfen, Hebammen, Apotheken ist keine Rede; nichts davon ist vorhanden.«
     
    »Ich habe es ja versucht«, antwortete Ljewin leise und widerwillig. »Aber ich kann es nicht. Was soll ich da machen!«
     
    »Aber was kannst du denn nicht? Ich muß gestehen, daß ich das nicht begreife. Gleichgültigkeit oder Verständnislosigkeit sind ja doch bei dir ausgeschlossen; ist es wirklich nur Trägheit von dir?«
     
    »Weder das erste noch das zweite noch das dritte. Ich habe es versucht und habe eingesehen, daß ich dabei nichts zu leisten vermag«, erwiderte Ljewin.
     
    Er hörte ohne rechte Aufmerksamkeit, was sein Bruder sagte. Er blickte über den Fluß hinüber nach dem Ackerlande und bemerkte da etwas Schwarzes, konnte aber nicht erkennen, ob es nur ein Pferd oder der Verwalter zu Pferde sei.
     
    »Warum vermagst du denn nichts zu leisten? Du hast einen Versuch gemacht und deiner Ansicht nach kein Glück damit gehabt, und nun hast du gleich die Flinte ins Korn geworfen. Wie kann man nur so wenig Ehrgeiz haben?«
     
    »Ehrgeiz«, versetzte Ljewin, bei dem dieses Wort einen wunden Punkt getroffen hatte, »was hier der Ehrgeiz soll, verstehe ich nicht! Hätte man mir auf der Universität gesagt, daß andere die Integralrechnung verständen und ich sie nicht verstände, da wäre der Ehrgeiz in Frage gekommen. Hier aber muß man doch zunächst die Überzeugung haben, daß man die für diese Tätigkeit erforderlichen Fähigkeiten besitzt, und namentlich, daß diese ganze Tätigkeit wirklich so wichtig ist.«
     
    »Na, sag mal! Ist denn das etwa nicht wichtig?« rief Sergei Iwanowitsch, etwas verstimmt darüber, daß sein Bruder etwas, wofür er selbst sich interessierte, unwichtig fand, und ganz besonders darüber, daß der Bruder ihm offenbar fast gar nicht zuhörte.
     
    »Mir scheint es nicht wichtig, und mich interessiert es nicht; also was verlangst du da weiter von mir?« antwortete Ljewin. Er hatte unterdessen erkannt, daß das, was er in der Ferne

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