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Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Tolstoi
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erwartet; aber jetzt fühlte er, daß das schönste Glück bereits hinter ihm lag. Sie war ganz und gar nicht mehr so, wie er sie in der ersten Zeit gesehen hatte. Seelisch und körperlich hatte sie sich zu ihrem Nachteil verändert. Ihre ganze Figur hatte sich verbreitert, und auf ihrem Gesichte lag, als sie von der Schauspielerin sprach, ein böser Ausdruck, der es unangenehm entstellte. Er betrachtete sie, wie jemand eine Blume betrachtet, die er gepflückt hat, und die nun verwelkt, so daß er nur mit Mühe an ihr die Schönheit wiedererkennt, um derentwillen er sie gepflückt und zugrunde gerichtet hat. Und trotzdem fühlte er, daß er damals, als seine Liebe stärker war, imstande gewesen wäre, wenn er es ernstlich gewollt hätte, diese Liebe aus seinem Herzen herauszureißen; aber jetzt, wo er, wie in diesem Augenblicke, keine Liebe zu ihr zu empfinden meinte, war er sich bewußt, daß das Band, das ihn an sie knüpfte, nie zerreißen konnte.
     
    »Nun also, was wolltest du mir von dem Prinzen erzählen? Ich habe den Teufel ausgetrieben, gewiß, ich habe ihn ausgetrieben«, fügte sie hinzu. »Teufel« war im Verkehr zwischen ihnen die Bezeichnung der Eifersucht. »Ja, also was fingst du an, von dem Prinzen zu erzählen? Warum ist dir denn die Sache so widerwärtig gewesen?«
     
    »Ach, es war geradezu unerträglich!« antwortete er und bemühte sich, den verlorenen Gedankenfaden wiederzufinden. »Er gewinnt nicht bei näherer Bekanntschaft. Wenn ich dir einen Begriff von ihm geben soll: er ist ein vortrefflich gefüttertes Stück Vieh, wie sie auf den Ausstellungen die ersten Preise bekommen, weiter nichts«, sagte er in einem ärgerlichen Tone, durch den ihre Aufmerksamkeit erregt wurde.
     
    »Aber wie kann das nur sein?« erwiderte sie. »Er hat doch vieles gesehen und ist ein gebildeter Mensch?«
     
    »Das ist eine ganz andere Art von Bildung, die Bildung solcher Leute. Auch was er von Bildung besitzt, hat er sich offenbar nur deshalb angeeignet, um ein Recht zu haben, die Bildung gering zu schätzen, wie denn diese Leute alles gering schätzen, mit Ausnahme der sinnlichen Vergnügungen.«
     
    »Aber ihr alle liebt ja diese sinnlichen Vergnügungen«, sagte sie, und wieder bemerkte er ihren finsteren Blick, der es vermied, sich auf ihn zu richten.
     
    »Warum verteidigst du ihn denn so?« fragte er lächelnd.
     
    »Ich verteidige ihn nicht; er ist mir vollständig gleichgültig. Aber ich meine, wenn du nicht selbst diese Vergnügungen liebtest, so hättest du ja den Auftrag ablehnen können. Aber es macht dir Vergnügen, diese Therese im Evagewande zu sehen ...«
     
    »Da ist der Teufel doch wieder«, sagte Wronski, ergriff ihre auf dem Tische liegende Hand und küßte sie.
     
    »Ja, aber ich kann mich nicht zwingen! Du weißt nicht, welche Pein ich ausgestanden habe, während ich auf dich wartete! Ich meine, daß ich nicht eifersüchtig bin. Ich bin nicht eifersüchtig; ich vertraue dir, wenn du hier bist, bei mir bist; aber wenn du irgendwo anders allein dein mir unverständliches Leben führst ...«
     
    Sie bog sich von ihm weg, machte endlich den Häkelhaken aus der Arbeit los, und schnell bildete sich nun mit Hilfe des Zeigefingers Masche auf Masche aus der weißen, im Lampenlichte schimmernden Wolle, und schnell und nervös drehte sich das feine Handgelenk in der gestickten Manschette hin und her.
     
    »Nun, und wie war es denn damit? Wo bist du mit Alexei Alexandrowitsch zusammengestoßen?« fragte sie auf einmal mit unnatürlich klingender Stimme.
     
    »Wir trafen in der Tür aufeinander.«
     
    »Und er hat dich so gegrüßt?«
     
    Sie zog das Gesicht in die Länge, änderte, indem sie die Augen halb zudrückte, schnell ihre ganze Miene, legte die Hände zusammen, und Wronski er blickte auf ihrem schönen Antlitz plötzlich genau denselben Ausdruck, mit dem Alexei Alexandrowitsch ihn gegrüßt hatte. Er lächelte, und sie lachte fröhlich auf mit jenem hübschen, aus voller Brust kommenden Lachen, das einen ihrer Hauptreize bildete.
     
    »Ich habe für sein Verhalten schlechterdings kein Verständnis«, sagte Wronski. »Wenn er nach dem, was du ihm im Landhause mitgeteilt hast, mit dir gebrochen hätte, wenn er mich zum Duell gefordert hätte ... Aber das begreife ich nicht: wie kann er eine solche Lage ertragen? Daß er darunter leidet, ist ja deutlich.«
     
    »Der?« erwiderte sie höhnisch. »Der ist vollständig zufrieden.«
     
    »Weshalb müssen wir alle eine solche Pein

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