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Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Tolstoi
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mit allem einverstanden. Aber jetzt ist es ihm ein tiefer Schmerz, daß er einem fremden Menschen seine Tochter überlassen hat. Aber sein Wort zurücknehmen, das kann er nicht. Karenin kam zur Beerdigung. Aber wir trafen Vorsorge, daß er mit meinem Sohne nicht zusammentraf. Für ihn, als den Ehegatten, ist das Ganze immer noch leichter zu ertragen; sie hat ihn durch ihren Tod nun wieder frei gemacht. Aber mein armer Sohn hatte sich ihr mit Leib und Seele hingegeben. Alles hatte er ihr zum Opfer gebracht: auf seine Laufbahn verzichtet, sich von seiner Mutter losgesagt; und doch hatte die Frau kein Mitleid mit ihm, sondern richtete ihn mit Vorbedacht völlig zugrunde. Nein, da mag man sagen, was man will, selbst ihr Tod zeigt, daß sie eine schändliche Frau war, eine Frau ohne alle Religion. Gott verzeihe es mir, aber ich kann nur mit Haß an sie denken, wenn ich sehe, was sie aus meinem Sohne gemacht hat.«
     
    »Und wie ist er jetzt?«
     
    »Gott hat uns geholfen, indem er uns diesen serbischen Krieg gesandt hat. Ich bin eine alte Frau und verstehe von Politik nichts; aber für meinen Sohn ist das eine Gnade Gottes. Natürlich, für mich als Mutter ist es furchtbar; und was die Hauptsache ist: es heißt, ce n'est pas très bien vu à Petersbourg 2 . Aber was ist zu tun! Das war das einzige, was ihn wieder in die Höhe bringen konnte. Sein Freund Jaschwin hatte sein ganzes Geld verspielt und beschloß nun, nach Serbien zu gehen; der suchte meinen Sohn vorher noch auf und überredete ihn, es auch zu tun. Nun hat er daran etwas, was ihn beschäftigt und interessiert. Bitte, reden Sie doch ein bißchen mit ihm; im wünsche so sehr, ihm eine Zerstreuung, eine Ablenkung zu verschaffen. Er ist so gedrückt. Und unglücklicherweise hat er auch noch Zahnschmerzen. Aber Sie wiederzusehen, wird ihm eine große Freude sein. Bitte, reden Sie ein bißchen mit ihm; er geht auf dieser Seite auf und ab.«
     
    Sergei Iwanowitsch erwiderte, es sei ihm eine große Freude, das zu tun, und begab sich nach der anderen Seite des Zuges.
     
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    1 (frz.) völlige Entkräftung.
     
    2 (frz.) das wird in Petersburg nicht sehr gern gesehen.
     

5
     
    I n dem schrägen, abendlichen Schatten einer Menge von Säcken, die auf dem Bahnsteig aufgeschichtet war, ging Wronski in seinem langen Mantel, den Hut tief in die Augen gedrückt, die Hände in den Taschen, wie ein wildes Tier im Käfig auf und ab; immer nach zwanzig Schritten wendete er scharf um. Sergei Iwanowitsch glaubte, als er sich ihm näherte, Wronski sähe ihn und tue nur so, als ob er ihn nicht bemerke. Aber dadurch ließ sich Sergei Iwanowitsch nicht abschrecken. Über persönliche Empfindlichkeiten war er bei Wronski erhaben.
     
    In diesem Augenblick war Wronski in Sergei Iwanowitschs Augen ein wichtiger Mitarbeiter an einer großen Sache, und er hielt es für seine Pflicht, mit ihm zu reden und ihm seine Anerkennung auszusprechen. Er trat an ihn heran.
     
    Wronski blieb stehen und blickte ihn an; sobald er ihn erkannt hatte, kam er ihm einige Schritte entgegen und drückte ihm kräftig die Hand.
     
    »Vielleicht ist es Ihnen nicht erwünscht, mit mir zu sprechen«, sagte Sergei Iwanowitsch. »Aber kann ich Ihnen nicht irgendwie nützlich sein?«
     
    »Mit niemandem kann mir ein Gespräch so wenig unangenehm sein wie mit Ihnen«, erwiderte Wronski. »Nehmen Sie mir das nicht übel; Angenehmes gibt es für mich im Leben nicht mehr.«
     
    »Ich verstehe das und wollte Ihnen auch nur meine Dienste anbieten«, sagte Sergei Iwanowitsch und blickte Wronski in das Gesicht, dem das Leid seinen Stempel aufgeprägt hatte. »Können Sie einen Brief an Ristitsch oder Milan brauchen?«
     
    »Danke, nein!« antwortete Wronski, der anscheinend das Anerbieten nur mit Mühe verstanden hatte. »Wenn es Ihnen recht ist, so wollen wir auf und ab gehen. In den Wagen ist eine so stickige Luft. Einen Brief? Nein, ich danke Ihnen; um zu sterben, dazu braucht man keine Empfehlungen. Oder höchstens eine an die Türken ...«, fügte er hinzu und lächelte dabei, aber nur mit dem Munde; die Augen behielten ihren grimmig schmerzerfüllten Ausdruck.
     
    »Das wohl, aber mit den leitenden Persönlichkeiten in Verbindung zu treten, was für Sie doch unumgänglich notwendig ist, würde Ihnen doch vielleicht leichter werden, wenn sie darauf vorbereitet sind. Indes, ganz wie Sie wünschen. Ich habe mich sehr gefreut, als ich von Ihrem Entschlusse hörte. Es werden bereits so viele Anklagen gegen die

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