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Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Tolstoi
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kennt mich! Glauben Sie mir, bei Gott, Mütterchen Katerina Alexandrowna, er hat mich erkannt!« rief Agafja Michailowna sehr laut, um sich trotz des Geschreies des Kindes verständlich zu machen.
     
    Aber Kitty hörte nicht darauf, was sie sagte. Ihre Ungeduld stieg ebenso wie die des Kindes.
     
    Vor beiderseitiger Ungeduld konnte die Sache längere Zeit nicht in Ordnung kommen. Das Kind erfaßte nicht das, was es erfassen sollte, und wurde ärgerlich.
     
    Endlich, nach verzweifeltem Schreien, wobei das Kind zu ersticken drohte, und nach leeren Schluckbewegungen ordnete sich alles nach Wunsch, und Mutter und Kind fühlten sich gleichzeitig beruhigt und wurden beide still.
     
    »Aber der arme kleine Bursche ist ja wie in Schweiß gebadet«, sagte Kitty flüsternd, indem sie das Kind befühlte. »Woher meinen Sie, daß er Sie erkennt?« fügte sie hinzu und schielte nach den Augen des Kindes, die unter dem ins Gesicht gerutschten Häubchen schelmisch, wie es ihr vorkam, hervorschauten, nach den taktmäßig sich aufblähenden Bäckchen und nach dem auf der Innenseite roten Händchen, mit dem das Kind kreisförmige Bewegungen ausführte.
     
    »Das ist nicht möglich! Wenn er überhaupt schon jemanden erkennen könnte, so würde er doch zunächst mich erkennen«, erwiderte Kitty auf Agafja Michailownas Beteuerungen und lächelte dabei.
     
    Der Grund ihres Lächelns war dieser: obgleich sie gesagt hatte, er könne niemand erkennen, so war sie doch in tiefster Seele überzeugt, daß er nicht nur Agafja Michailowna erkenne, sondern schon alles mögliche wisse und verstehe und sogar vieles wisse und verstehe, was sonst niemand wisse und was sie, die Mutter, selbst erst durch ihn kennengelernt habe und zu verstehen anfange. Für Agafja Michailowna, für die Kinderfrau, für den Großvater, sogar für den Vater war Dmitri ein lebendes Wesen, das nur körperliche Pflege verlangte; aber für die Mutter war er schon längst ein beseeltes Wesen, zu dem sie bereits eine ganze Menge geistiger Beziehungen hatte.
     
    »Wenn er aufwacht, werden Sie es, so Gott will, schon selbst sehen. Wenn ich nur so mache, dann strahlt er nur so, das süße Kerlchen. Er strahlt nur so, ordentlich wie der helle Tag«, sagte Agafja Michailowna.
     
    »Na, schön, schön, wir wollen nachher mal sehen«, flüsterte Kitty. »Jetzt gehen Sie nur; er schläft ein.«
     

7
     
    A gafja Michailowna ging auf den Fußspitzen hinaus; die Kinderfrau ließ die Vorhänge herunter, jagte die Fliegen aus den Musselinvorhängen des Bettchens hinaus und verscheuchte einen Brummer, der fortwährend gegen die Fensterscheiben stieß; dann setzte sie sich und wedelte mit einem verwelkten Birkenzweige über den Köpfen der Mutter und des Kindes.
     
    »Nein, diese Hitze, diese Hitze!« stöhnte sie. »Wenn Gott nur ein bißchen Regen schicken wollte!«
     
    »Ja, ja, sch-sch-scht ...«, antwortete Kitty nur. Sie wiegte sich leise hin und her und drückte zärtlich Dmitris dickes, an der Handwurzel wie von einem Faden umwickeltes Ärmchen, das der Kleine immer sachte bewegte, wobei er die Augen bald auf, bald zu machte. Über die Bewegungen dieses Ärmchens beunruhigte sich Kitty; sie wollte dieses Ärmchen küssen, fürchtete sich aber, es zu tun, um das Kind nicht aufzuwecken. Endlich hörte das Ärmchen auf, sich zu bewegen, und die Augen schlossen sich. Nur von Zeit zu Zeit setzte das Kind seine Saugtätigkeit noch einmal fort, hob die langen, gebogenen Wimpern in die Höhe und blickte die Mutter mit seinen feuchten, im Halbdunkel schwarz erscheinenden Augen an. Die Kinderfrau hörte auf zu fächeln und schlief ein. Von oben her hörte man die kräftige Stimme des alten Fürsten und Katawasows Lachen.
     
    ›Die Unterhaltung ist offenbar auch ohne mich in Gang gekommen‹, dachte Kitty, ›aber es ist doch schade, daß Konstantin nicht da ist. Er ist gewiß wieder nach dem Bienenstand gegangen. Obgleich es mir leid tut, daß ihn dies sooft von Hause fern hält, so freue ich mich doch auch darüber. Das zerstreut ihn. Er ist jetzt viel heiterer geworden und fühlt sich viel wohler als im Frühjahr. Sonst war er so düster und quälte sich so mit seinen Gedanken, daß mir ordentlich bange um ihn wurde. Aber was ist er doch für ein seltsamer Mensch!‹ dachte sie lächelnd.
     
    Sie wußte, was ihren Mann quälte. Es war sein Unglaube. Zwar, wenn man sie gefragt hätte, ob sie meine, daß er im zukünftigen Leben wegen seines Unglaubens der Verdammnis anheimfallen

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