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Anna Karenina

Anna Karenina

Titel: Anna Karenina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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ganzen Tun nur nach diesen. Nach Moskau zurückgekehrt, erklärte er
    seiner Frau voll Stolz, alle Vorbereitungen seien getroffen, das Haus werde wie ein Putzkästchen aussehen, und er
    rate ihr dringend, dorthin überzusiedeln. Daß seine Frau aufs Land zog, war für Stepan Arkadjewitsch in vieler
    Hinsicht sehr angenehm und erwünscht: für die Kinder war es gesund, die Ausgaben wurden dadurch geringer, und er
    selbst fühlte sich dann freier. Darja Alexandrowna ihrerseits war der Ansicht, daß ein Sommeraufenthalt auf dem
    Lande für die Kinder geradezu notwendig sei, namentlich für das kleine Mädchen, das nach dem Scharlachfieber noch
    gar nicht wieder zurechtkommen wollte; auch freute sie sich darauf, von all den kleinen Demütigungen erlöst zu
    werden, den kleinen Schulden beim Holzhändler, beim Fischhändler, beim Schuhmacher; denn diese Schulden waren ihr
    eine Pein. Außerdem war ihr die Reise aufs Land noch deshalb erwünscht, weil sie ihre Schwester Kitty zu bewegen
    hoffte, zu ihr aufs Land zu kommen; diese sollte um die Mitte des Sommers aus dem Auslande zurückkehren, und es
    waren ihr kalte Bäder verordnet worden. Kitty schrieb aus dem Badeorte, nichts könne ihr reizvoller erscheinen, als
    den Sommer mit Dolly zusammen in Jerguschowo zu verleben, wo alles für sie beide voll von Kindheitserinnerungen
    sei.
    Zuerst hatte Dolly auf dem Lande eine recht schwere Zeit durchzumachen. Sie hatte als Kind auf dem Lande gelebt
    und sich aus jener Zeit die Vorstellung bewahrt, daß das Leben auf dem Lande eine Erlösung von allen städtischen
    Unannehmlichkeiten bedeute, daß das Leben dort, wenn auch nicht unterhaltsam (darüber tröstete sich Dolly leicht),
    so doch dafür billig und bequem sei: man habe da alles, es sei alles billig, alles könne man sich verschaffen, und
    es tue den Kindern gut. Aber jetzt, wo sie als Hausfrau auf das Land kam, sah sie, daß die Dinge ganz anders lagen,
    als sie gedacht hatte.
    Am Tage nach ihrer Ankunft kam ein gehöriger Platzregen, und in der Nacht kam das Wasser auf dem Vorflur und im
    Kinderzimmer durch die Decke, so daß die Bettchen in die Wohnstube hinübergetragen werden mußten. Eine
    Gesindeköchin war nicht vorhanden; von den neun Kühen waren nach Aussage der Viehmagd einige noch Färsen, andere
    waren mit dem ersten Kalbe trächtig, wieder andere waren schon zu alt oder auch harteutrig. Weder Butter noch Milch
    war in genügender Menge vorhanden, nicht einmal für die Kinder. Eier gab es nicht. Eine Henne war nirgends zu
    bekommen; zum Braten und Kochen wurden alte, zähe Hähne mit violettem Fleisch verwendet. Weiber zum Scheuern waren
    nicht zu haben; sie hatten alle auf den Kartoffelfeldern zu tun. Spazierenzufahren war unmöglich, weil das
    Deichselpferd stätisch war und in der Gabeldeichsel ausschlug. Auch zum Baden war nirgends eine Möglichkeit; das
    ganze Ufer des Flusses war vom Vieh zerstampft und lag nach der Landstraße hin frei da. Man konnte nicht einmal im
    Garten spazierengehen, weil das Vieh durch den zerbrochenen Zaun in den Garten hineinkam, darunter auch ein
    furchtbarer Stier, der entsetzlich brüllte und von dem man sich daher wohl auch versehen konnte, daß er stieß.
    Ordentliche Kleiderschränke gab es nicht; die, die da waren, ließen sich nicht zumachen und öffneten sich von
    selbst, wenn jemand an ihnen vorbeiging. Es mangelte an eisernen und irdenen Kochtöpfen; desgleichen fehlte ein
    Waschkessel; und in der Mädchenstube fand sich nicht einmal ein Plättbrett.
    Als Darja Alexandrowna in dieses von ihrem Standpunkte aus furchtbare Elend hineingeraten war, befand sie sich
    in der ersten Zeit, statt Ruhe und Erholung zu finden, geradezu in Verzweiflung: sie quälte und plackte sich,
    soweit ihre Kraft nur irgend reichte; sie fühlte, daß es aus dieser Lage keine Rettung gab, und mußte fortwährend
    die Tränen zurückdrängen, die ihr in die Augen traten. Der Verwalter, ein ehemaliger Wachtmeister, an dem Stepan
    Arkadjewitsch wegen seines hübschen Äußeren und seines achtungsvollen Benehmens Gefallen gefunden und den er
    deshalb vom Pförtner zum Verwalter befördert hatte, zeigte für Darja Alexandrownas Nöte keinerlei Teilnahme; er
    sagte nur achtungsvoll: »Es ist nichts zu machen; die Leute sind gar zu unbrauchbar«, und leistete ihr nicht die
    geringste Hilfe.
    Die Lage schien hoffnungslos. Aber es gab im Oblonskischen Hause wie in vielen Familien eine wenig
    hervortretende und doch sehr wichtige und nützliche

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