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Anna Karenina

Anna Karenina

Titel: Anna Karenina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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besaß, spaßhaft zu erzählen, rief bei Warjenka ordentliche Lachkrämpfe hervor, als sie zum dritten und vierten
    Male, immer mit neuen humoristischen Zusätzen, erzählte, wie sie gerade dem Gast zu Ehren sich ein paar neue
    Schleifen angesteckt habe und schon ins Wohnzimmer getreten sei; da habe sie auf einmal das Poltern des alten
    Kastens von Wagen gehört. Und wer sei in dem Kasten darin gewesen? Wasenka in eigener Person habe mit seinem
    schottischen Mützchen und mit seinen Liedern und mit seinen Gamaschen auf dem Heu gesessen.
    »Hättest du wenigstens noch die Kutsche anspannen lassen! Ja, und dann hörte ich rufen: ›Halt, halt!‹ Na, dachte
    ich, er hat doch noch Mitleid mit ihm gehabt. Ich sah hin, und da stieg der dicke Deutsche zu ihm ein, und sie
    fuhren davon ... Und mit meinen schönen Schleifen hatte ich mich vergebens geputzt!«
Fußnoten
    1 (frz.) Stellen Sie sich vor, daß die
    Kleine ...
    2 (frz.) Er macht einer jungen und
    hübschen Frau den Hof.
    3 (frz.) Ich glaube, daß Weslowski Kitty
    ein klein wenig den Hof macht.
    4 (frz.) dieser kleine Flirt.
    5 (frz.) Aber das ist ja lächerlich ...
    Aber das ist ja höchst lächerlich.
    6 (frz.) Und außerdem ist es
    lächerlich.
    7 (frz.) Man kann eifersüchtig sein, aber
    in diesem Grade, das ist höchst lächerlich.

16
    Darja Alexandrowna führte ihre Absicht aus und fuhr zu Anna. Es tat ihr sehr leid, daß sie damit ihre Schwester
    verletzte und etwas tat, was deren Mann unangenehm war; sie sagte sich selbst, daß Ljewin und seine Frau durchaus
    richtig handelten, wenn sie keinerlei Beziehungen mit Wronski zu haben wünschten. Aber anderseits hielt sie es für
    ihre Pflicht, Anna zu besuchen und ihr zu zeigen, daß ihre Gefühle gegen sie trotz ihrer veränderten Lage
    unverändert geblieben seien.
    Da Darja Alexandrowna bei dieser Fahrt dem Ljewinschen Ehepaar nicht gern etwas zu verdanken haben mochte, so
    schickte sie ins Dorf, um sich Pferde zu mieten. Aber als Ljewin davon erfuhr, kam er zu ihr und machte ihr
    Vorwürfe.
    »Warum meinst du denn, daß mir deine Besuchsreise unangenehm sei? Und wenn sie mir wirklich unangenehm wäre, so
    würde sie mir dadurch noch unangenehmer, wenn du nicht meine Pferde nimmst«, sagte er. »Du hattest mir doch gar
    nicht bestimmt gesagt, daß du hinfahren wolltest. Mietest du dir im Dorfe Pferde, so ist das erstens für mich
    peinlich, und zweitens, was die Hauptsache ist: die Leute übernehmen das, bringen dich aber nicht bis an dein Ziel.
    Ich habe Pferde, und wenn du mich nicht kränken willst, so benutze sie.«
    Darja Alexandrowna mußte sich fügen, und am festgesetzten Tage stellte Ljewin für seine Schwägerin ein
    Viergespann und die gleiche Zahl von Wechselpferden bereit. Er hatte die Tiere aus den Arbeits- und Reitpferden
    ausgesucht, und wenn sie auch nicht schön aussahen, so waren sie doch imstande, Darja Alexandrowna an einem Tage
    hinzubringen. Gerade jetzt, wo Ljewin sowohl für die Fürstin, die wieder abreiste, wie auch für die Hebamme Pferde
    nötig hatte, machte ihm die Sache Schwierigkeiten; aber um der Pflicht der Gastfreundschaft willen konnte er nicht
    zugeben, daß Darja Alexandrowna sich von anderswoher Pferde mietete; außerdem wußte er auch, daß die zwanzig Rubel,
    die seiner Schwägerin für diese Fahrt abverlangt worden waren, für sie sehr ins Gewicht fielen, und Darja
    Alexandrownas Geldangelegenheiten, die sich in recht übler Verfassung befanden, betrachteten Ljewin und seine Frau
    wie ihre eigenen.
    Auf Ljewins Rat fuhr Darja Alexandrowna noch vor Sonnenaufgang ab. Der Weg war gut, der Kaleschwagen bequem, die
    Pferde liefen munter, und auf dem Bock saß außer dem Kutscher noch an Stelle eines Dieners der Gutsschreiber, den
    ihr Ljewin zu größerer Sicherheit mitgegeben hatte. Darja Alexandrowna schlummerte ein und wachte erst wieder auf,
    als sie sich bereits dem Einkehrhause näherten, wo die Pferde gewechselt werden mußten.
    Sie trank bei demselben reichen Bauern Tee, bei dem Ljewin auf seiner Fahrt zu Swijaschski eingekehrt war, und
    unterhielt sich mit den Weibern über die Kinder und mit dem Alten über Graf Wronski, den dieser sehr lobte; dann
    fuhr sie um zehn Uhr weiter. Zu Hause hatte sie vor Sorgen um die Kinder niemals Zeit, ruhig zu denken. Dafür
    wimmelten nun jetzt auf dieser vierstündigen Fahrt alle die bisher zurückgehaltenen Gedanken plötzlich in ihrem
    Kopfe durcheinander, und sie überdachte wie nie zuvor ihr Leben in seinem ganzen

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