Anna Strong Chronicles 05 - Blutrotes Verlangen
mustert mich. »Ich glaube, er ist eifersüchtig.«
»Was?«
»Ich glaube, er ist scharf auf dich.«
»Er hasst mich«, erwidere ich schnaubend. »Und er ist verheiratet.«
Jetzt schnaubt Lance verächtlich. »Er ist ein Mann, oder nicht? Er hat einen Schwanz. Warum sonst sollte er so abfällig über einen anderen Mann sprechen, den er gar nicht kennt?«
Er drückt mich an sich. »Was hältst du von seiner Geschichte? Von der Sache mit den ausgebluteten Vampiren?«
Ich zucke mit den Schultern. »Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Ich weiß gar nicht, warum er damit zu mir gekommen ist. Erwartet er, dass ich irgendetwas unternehme?«
Lance interpretiert meinen Unmut richtig. »Glaubst du, er will dich so wieder in den Schoß der Familie zurückholen? Damit du ihm hilfst, den oder die Täter aufzuspüren?«
Ich schmiege mich an seine Brust. »Wenn er glaubt, ich würde wieder mit ihm zusammenarbeiten, nach allem, was zwischen uns vorgefallen ist, kann er nicht mehr ganz bei Trost sein. Er hat seine Wächter, sollen die sich darum kümmern.« Ich lasse die Hand zu der Beule zwischen seinen Oberschenkeln gleiten. »Ich will nicht mehr darüber reden. Uns fällt doch bestimmt eine angenehmere Beschäftigung ein.«
Er lacht und stupst mich mit dem Ellbogen an. »Erst stellen wir dich mal unter die Dusche und waschen dir den Kneipengestank ab. Dann werden wir schon sehen, was sich ergibt.« Dazu braucht er mich nicht erst zu überreden.
Irgendjemand hat einmal gesagt, das beste Geschlechtsorgan des Körpers sei das Gehirn. Muss ein Vampir gewesen sein. Man kann unmöglich erklären, wie scharf es ist, das Begehren des Partners fühlen und darauf reagieren zu können, ohne sich auf Worte verlassen zu müssen. Lance und ich brauchen einander nicht zu sagen, was wir wollen. Wir fühlen es, wir ahnen es voraus.
Die Luft um uns herum lädt sich auf. Sein Körper versetzt mir einen Stoß, der mich durchfährt wie elektrischer Strom, erst in der Dusche, danach im Bett. Ich heiße ihn in meinem Körper, in meinem Geist willkommen, und wir teilen mehr als nur einen Augenblick körperlicher Lust. Ich öffne ihm die Tür zu meiner Seele. Das ist der zweite Lichtblick an einem ansonsten trübseligen Tag.
Wieder einmal ist Lance im Morgengrauen verschwunden. Diesmal muss er nach New York. Abercrombie & Fitch haben ihn für ihren neuen Winterkatalog ausgesucht, die Aufnahmen werden eine ganze Woche dauern. Ich fange schon an, ihn zu vermissen, ehe die Haustür ins Schloss fällt.
Sobald er weg ist, meldet sich mein Ärger wieder. Ich bin wütend auf Culebra, weil er zu einem so schmutzigen Trick gegriffen hat. Wütend auf Sandra, die nicht einmal mit mir reden will. Wütend auf Williams, weil er immer noch glaubt, er könnte mich einfach so herumdirigieren.
Ich suche nach einer Ablenkung. Die Sonntagszeitung liegt auf dem Couchtisch. Ich bin gestern gar nicht dazu gekommen, sie zu lesen. Da ich schon einen Becher Kaffee in der Hand habe, lasse ich mich also auf dem Sofa nieder. Lances Duft hängt noch in der Luft, und das ist an sich schon Ablenkung genug, so dass ich nur halb bei der Sache bin, während ich die Zeitung durchblättere, bis mir ein Artikel im Wirtschaftsteil ins Auge springt.
Es geht darin um eine hiesige Kosmetikfirma, die mit großem MarketingTrommelwirbel in den Markt einsteigen will. Aber es ist nicht das Produkt, das meinen Blick gefesselt hat, sondern das Foto von Davids Ex-Freundin Gloria Estrella neben der Firmenchefin, einer Frau namens Simone Tremaine. Gloria ist das Gesicht der Kampagne für das neue Produkt Eternal Youth, eine revolutionäre Anti-Aging-Creme (behauptet der Artikel). Die PräsentationsParty soll in zwei Wochen in Glorias Restaurant stattfinden.
Das bringt mich zum Lächeln. Wie passend, dass die Königin der Eitelkeit ein Anti-Aging-Produkt vermarktet. Wahrscheinlich hat sie sich schon einen lebenslangen Vorrat davon bestellt. Ich betrachte das Bild genauer. Gloria sieht gut aus. Offenbar hat sie sich von ihrem abenteuerlichen Konflikt mit dem Gesetz erholt. Als ich sie zuletzt gesehen habe, stand sie unter Verdacht, ihren Geschäftspartner Rory O’Sullivan ermordet zu haben. Mein Vater und ich haben dafür gesorgt, dass die Ermittlungen gegen sie eingestellt wurden, indem wir die Polizei auf eine andere, die richtige Spur gelenkt haben. O’Sullivan hatte die Rechte an einer Formel für ein Heilmittel gegen AIDS den Mit-Vorständen des Forschungsunternehmens unter der
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