Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)
vorbei. „Die Oberwelt ist nicht mehr zu retten“, sagte sie betont langsam und deutlich, als belehrte sie ein törichtes Kind.
Anna sprang auf und fing an im Raum hin und her zu marschieren. „Oma, dass wir angeblich nichts tun können, dass ich es lassen sollte und so weiter, das habe ich bereits gehört! Wie oft habe ich dich gebeten, mir zu erklären, was hier eigentlich los ist?!“ Sie stampfte voller Wut mit dem Fuß auf, als sie wieder vor ihr stand. „Wir drehen uns ständig im Kreis! Was kommt dabei raus? Nichts und wieder nichts!! Es muss etwas geben, das uns weiterhilft. Es geht nicht anders!“
Alphira sah sie halb amüsiert, halb erschrocken an und lächelte müde. „Wie benimmst du dich eigentlich? Was bist du heute so aufmüpfig? Du warst sonst immer so ein braves Mädchen.“ Ihr Kopf sank auf die Kissen, die Augenlider fielen zu. Sie sah noch blasser aus als zuvor.
Die junge Frau atmete tief durch und sprach etwas gefasster: „Oma, ich habe immer versucht, deine Meinung zu respektieren. Aber so langsam sehe ich, dass das einfach ins Nichts führt.“
Die Großmagierin schwieg, ihr erschöpftes Gesicht blieb bewegungslos.
Anna seufzte, kniete sich wieder vor ihr und zog leicht an ihrer Hand. „Guck mal, was ich mitgebracht habe. So jemanden habe ich in der Oberwelt noch nie gesehen.“
Alphira öffnete die Augen einen Spalt. Auf der Handfläche stand der kleine Drache und reckte seine ausgebreiteten Flügel trotzig in den Himmel. Seine klaren Augen mit einem leichten Anflug von Rosa blitzten wie kostbare Diamanten auf. Alphira schluckte, beugte sich vor, schaute die Figur genauer an und fragte mit belegter Stimme: „Wo hast du das her?“ Jedes Wort fiel wie ein Stein.
Die junge Frau setzte eine unschuldige Miene auf, sah den kleinen Drachen von allen Seiten an, schwenkte ihre Hand leicht und ließ die Diamantaugen nochmals aufleuchten.
„Sag mir nicht, du warst wieder beim großen Sumpf!“ Die Großmagierin bedachte ihre Novizin mit einem vorwurfsvollen Blick. „Ich habe es dir oft genug gesagt, du sollst nicht hingehen. Du hast dort nichts verloren.“
„Und wenn doch?“ Anna schoss hoch und drehte mit der Figur in der ausgestreckten Hand leichten Fußes einige Pirouetten durch das Zimmer. „Ich habe diesen Drachen dort gefunden!“ Sie lächelte zufrieden. „Die Schwertvögel hatten ihn irgendwo aufgetrieben. Ich habe den Kleinen den blöden Biestern abgenommen. Die waren vielleicht sauer! Sie haben einen Aufstand gemacht, als wenn er aus purem Gold wäre! Er ist aber höchstens aus rotem Lehm, so rau und stumpf, wie er ist. Aber ich habe ihn einfach mitgenommen. Schon allein aus Prinzip.“ Stolz schwang in ihrer Stimme. „Ich dachte, wenn er nicht glänzt, dann muss er was anderes an sich haben, weshalb sie so viel Lärm um ihn gemacht haben.“
Alphira lehnte sich wieder zurück, atmete tief durch, ließ ihre Novizin aber nicht aus den Augen. „Leg die Figur wieder dorthin, wo du sie gefunden hast“, verlangte sie in bemüht strengem Ton.
Anna blickte sie irritiert an. „Aber die Biester quasselten etwas von der Herrscherin, die sich dafür sehr interessieren würde. Und wer sollte das sein?“
Die Großmagierin setzte sich gerade auf, sah die junge Frau von unter zusammengezogenen Augenbrauen an und deklamierte: „Diese Bestien erzählen ohnehin viel zu viel Blödsinn. Du sollst die Figur zurückbringen!“
„Und wenn sie diesmal ausnahmsweise doch keinen Quatsch erzählt haben?“ Sie lief zu ihr hin. „Warum wollten sie den kleinen Drachen dieser Herrscherin bringen? Wen meinten sie denn überhaupt?“ Sie kniete sich wieder vor ihr, nahm ihre kühle, schwache Hand und sah sie flehend an. „Oma, du weißt, warum die Schwertvögel so aufgeregt waren und von wem sie sprachen. Erklär es mir! Es ist wichtig! Diese Figur ist ein kleiner Drache. Das kannst du doch nicht leugnen. Und ich habe nie Drachen in der Oberwelt gesehen. Kannst du mir sagen, was es mit der Figur auf sich hat?“
Alphira bewegte ihren Kopf langsam von links nach rechts und zurück. „Das brauchst du nicht. Du kannst mit all dem nichts anfangen. Solltest du auch nicht. Vergiss es einfach. Bring ihn wieder dorthin, wo er war“, sagte sie mit fester Stimme und zog ihre Hand zurück.
„Gut“, nickte Anna, „dann gehe ich zu den Viechern zurück und frage sie aus, welcher Herrscherin sie den Drachen bringen wollten.“
„Lass das. Es bringt nichts. Es ist zu gefährlich. Den Weg gehst
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