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Anne auf Green Gables

Anne auf Green Gables

Titel: Anne auf Green Gables Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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habe keine Ahnung, ob ich die Prüfung bestanden habe. Aber es ist wunderbar, wieder zu Hause zu sein! Green Gables ist das schönste Fleckchen Erde von der ganzen Welt.«
    »Und wie geht es den anderen, Anne?«
    »Moody Spurgeon, Jane und Ruby meinen, sie wären bestimmt mit Pauken und Trompeten durchgefallen. Aber ich glaube, das ist ziemlich übertrieben, jetzt kann man sowieso noch nichts sagen. Wir müssen abwarten, bis die Ergebnisse da sind, und das wird wohl noch mindestens vierzehn Tage dauern. Vierzehn Tage — wie soll ein Mensch das bloß aushalten!? Ich wünschte, ich könnte auf der Stelle einschlafen und erst aufwachen, wenn alles vorbei ist.«
    Diana wusste, dass es zwecklos war, nach Gilbert Blythe zu fragen, deshalb sagte sie einfach: »Du hast es bestimmt geschafft. Mach dir keine Sorgen.«
    »Lieber würde ich durchfallen, als nicht unter den Besten zu sein«, brach es aus Anne heraus. Diana verstand natürlich sofort den wahren Sinn ihrer Worte: Annes Erfolg wäre unvollständig und bitter, wenn sie es nicht schaffen sollte, Gilbert Blythe zu übertrumpfen.
    Mit diesem Ziel vor Augen hatte Anne während der Prüfungen ihr Letztes gegeben und bei Gilbert war es nicht anders gewesen. Die beiden hatten sich wohl ein Dutzend Mal in der Stadt zufällig auf der Straße getroffen, dabei aber stets so getan, als würden sie sich überhaupt nicht kennen. Anne hatte ihren Kopf jedes Mal sehr hoch getragen und sich dabei immer sehnlicher gewünscht, sie hätte damals eingelenkt. Doch mit ihrer Reue wuchs auch der Wunsch, bei der Prüfung besser abzuschneiden als er. Sie wusste, dass mittlerweile schon ganz Avonlea darauf gespannt war, wer von den beiden als Erster auf der Liste erscheinen würde. Jimmy Glover und Ned Wright hatten sogar eine Wette darüber abgeschlossen und Josie Pye hatte überall verbreitet, sie würde nicht im Geringsten daran zweifeln, dass Gilbert Blythe ein besseres Ergebnis erzielen würde als Anne Shirley.
    Doch es gab noch einen anderen, sehr viel edleren Grund, warum Anne die Prüfung unbedingt mit Bravour bestehen wollte: Sie wollte Marilla - und besonders natürlich Matthew - eine Freude damit machen. Matthew hatte ihr gesagt, er wäre fest davon überzeugt, dass sie alle anderen überflügeln und »die ganze Insel schlagen« würde -eine Möglichkeit, an die Anne noch nicht einmal im Traum gedacht hatte. Doch sie hoffte von ganzem Herzen, zumindest unter die ersten Zehn zu kommen, um Matthews warme braune Augen vor Stolz und Freude zum Strahlen zu bringen. Das wäre der schönste Lohn für die Plackerei mit all diesen völlig phantasielosen Gleichungen und Konjugationen.
    Als die vierzehn Tage vergangen waren, begannen Anne und ihre Mitprüflinge Tag für Tag das Postamt zu belagern, mit zitternden Fingern die Zeitung aus Charlottetown aufzuschlagen und nach den Prüfungsergebnissen zu suchen. Doch vergeblich!
    Eine weitere Woche verstrich und die Prüfungsergebnisse waren immer noch nicht da. Anne hatte das Gefühl, die Spannung nicht länger ertragen zu können. Ihr Appetit ließ nach, ihr Interesse an ihrer Umwelt schwand zusehends. Matthew, dessen mitfühlende Augen Annes zunehmende Blässe und ihr schleppender Gang bei der täglichen Rückkehr vom Postamt nicht entgangen waren, begann sich Sorgen um sein Mädchen zu machen. Als Mrs Lynde energisch die Ansicht vertrat, dass von einer konservativen Regierung wohl auch nichts anderes als eine endlose Verzögerung der Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse zu erwarten sei, spielte er ernstlich mit dem Gedanken, bei der nächsten Wahl vielleicht doch für die Liberalen zu stimmen. Eines Abends war es dann aber endlich doch so weit. Anne saß an ihrem Fenster und schien beim Anblick des sommerlichen Gartens mit all seinen bunten Blumen und süßen Düften die Prüfung gerade einmal ein wenig vergessen zu haben, als sie Diana hastig über die Holzbrücke laufen und mit einer Zeitung winken sah.
    Mit einem Satz war Anne auf den Beinen. Sie wusste natürlich sofort, was in der Zeitung stand, die Diana in der Hand hielt, in ihrem Kopf drehte es sich und ihr Herz schlug so heftig, dass es ihr weh tat. Sie konnte sich nicht von der Stelle bewegen.
    Es schien eine kleine Ewigkeit zu dauern, bis Diana endlich zu ihr in das kleine Zimmer im Ostgiebel von Green Gables stürzte.
    »Anne, du hast bestanden!«, rief sie atemlos. »Als Allerbeste zusammen mit Gilbert Blythe - ihr steht beide ganz oben, aber dein Name wird zuerst genannt! Ach,

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