Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung
gut gemacht, Mutter?«
Mrs. Musgrove setzte schon wohlgelaunt dazu an, den Plan rundum gutzuheißen, sofern denn auch Henrietta und die anderen Lust hätten, als Mary ihr aufgeregt ins Wort fiel:
»Großer Gott, Charles! wie konntest du nur auf so eine Idee kommen? Eine Loge für morgen abend reservieren! Hast du denn vergessen, daß wir morgen abend am Camden Place erwartet werden, und zwar eigens zu dem Zweck, Lady Dalrymple und ihre Tochter und Mr. Elliot kennenzulernen – all unsere wichtigsten Verwandten? Wir sollen ihnen ganz ausdrücklich vorgestellt werden! Wie kannst du so vergeßlich sein?«
»Pah!« erwiderte Charles, »was ist schon eine Abendgesellschaft? Auf so etwas gebe ich nichts. Dein Vater hätte uns zum Essen einladen können, wenn er soviel Wert darauf legt, uns zu sehen. Mach du, was du willst, ich gehe ins Theater.«
»O Charles, wenn du das tust! Es ist zu verabscheuenswert! Wo du doch versprochen hast, daß du kommst.«
»Versprochen habe ich gar nichts. Ich habe nur gegrient und gedienert und das Wort ›erfreut‹ gesagt. Das ist nicht versprochen.«
»Aber du mußt kommen, Charles. Es wäre unverzeihlich, fortzubleiben. Wir sind doch eingeladen, damit wir vorgestellt werden können. Es haben immer so enge Beziehungen zwischen den Dalrymples und uns geherrscht. Alles, was auf einer Seite passiert ist, wurde der anderen immer sofort mitgeteilt. Wir sind sehr eng verwandt, weißt du: und erst recht mit Mr. Elliot, mit dem du ganz besonders dringend bekannt werden solltest! Mr. Elliot kann jede Aufmerksamkeitvon uns erwarten. Denk nur, der Erbe meines Vaters – das künftige Oberhaupt unserer Familie.«
»Hör mir auf mit Erben und Oberhäuptern«, rief Charles. »Ich bin keiner von denen, die der herrschenden Macht den Rücken kehren, um vor der aufgehenden Sonne zu katzbuckeln. Wenn ich nicht vorhabe, um deines Vaters willen hinzugehen, dann wäre es ja wohl schändlich, wenn ich um seines Erben willen hinginge. Was schert mich Mr. Elliot?«
Die legere Ausdrucksweise war Balsam für Anne, die sah, daß Captain Wentworth ganz Ohr war: er schaute wie gebannt her und lauschte, und bei den letzten Worten richtete sich sein forschender Blick von Charles weg auf sie.
Charles und Mary redeten im gleichen Stil weiter; er, halb im Ernst und halb im Scherz, plädierte hartnäckig fürs Theater, sie, todernst, argumentierte hitzig dagegen, ließ aber bei aller Entschlossenheit, selbst zum Camden Place zu gehen, keinerlei Zweifel daran, daß sie sich für sehr dumm verkauft fühlen würde, wenn die anderen ohne sie ein Stück ansahen. Mrs. Musgrove schaltete sich ein.
»Ich glaube, wir verschieben es lieber. Charles, geh doch besser und tausch die Loge in eine für Dienstag um. Es wäre ein Jammer, wenn wir uns aufspalten müßten, und auf Miss Anne müßten wir auch verzichten, wenn ihr Vater eine Gesellschaft gibt, und Henrietta und mir würde es alle Freude an dem Stück rauben, wenn Miss Anne nicht mit uns kommt.«
Anne war ihr aufrichtig dankbar für ihre warmen Worte, und mehr noch dafür, daß sie dadurch Gelegenheit erhielt, in nachdrücklichem Ton zu antworten –
»Wenn ich frei entscheiden könnte, Ma’am, wäre die Gesellschaft daheim (außer daß Mary dort ist) nicht der geringste Hinderungsgrund. Ich habe keinen Spaß an solchen Veranstaltungen und würde sie mit dem größten Vergnügen gegen ein Schauspiel vertauschen, und erst recht mit Ihnen. Aber man sollte es vielleicht besser nicht darauf ankommen lassen.«
Sie hatte es gesagt; aber sie zitterte, als es heraus war, sie wußte ja, daß ihre Worte mitgehört wurden, und wagte nicht einmal einen Versuch, sich ihrer Wirkung zu vergewissern.
Man war sich bald einig, daß Dienstag der bessere Tag sei, nur Charles ließ es sich nicht nehmen, seine Frau noch ein wenig weiterzunecken, indem er darauf beharrte, daß er morgen eben allein ins Theater gehen würde, wenn sonst niemand mitkam.
Captain Wentworth stand von seinem Stuhl auf und ging zum Kamin, nur um gleich darauf wieder von ihm wegzutreten und sich, scheinbar weniger planvoll, in Annes Nähe aufzustellen.
»Sie sind noch nicht lange genug in Bath«, sagte er, »um Gefallen an den hiesigen Abendgesellschaften zu finden.«
»Nein, das stimmt. Ihr üblicher Ablauf reizt mich nicht. Ich bin keine Kartenspielerin.«
»Früher waren Sie keine, ich erinnere mich. Sie hatten nichts für Karten übrig; aber die Zeit bringt viele Veränderungen mit sich.«
»So sehr
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