Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung
Admiral, pah, jetzt ist die rechte Zeit. Wenn
du
nicht fragst, bleibe ich da & frage selbst.« – »Also gut, Sir, also gut«, hieß es mit einiger Ungeduld von seinem Begleiter, der noch im Reden die Tür öffnete. – »Dann übernimmst du es also – versprichst du’s mir?« erwiderte der Admiral mit seiner ganzen natürlichen Stimmgewalt, der nun auch keine dünne Türe mehr Einhalt gebot. »Ja – Sir – ja.« Und der Adml wurde abrupt stehengelassen, die Tür geschlossen, und es war soweit, Anne war mit Capt. W. allein. Sie versuchte gar nicht erst, ihm ins Gesicht zu sehen; er aber trat unverzüglich ans Fenster, er schien unschlüssig & verlegen; – und etwa 5 Sekunden lang bereute sie ihr Verhalten –schalt sich eine Närrin, errötete über ihre Taktlosigkeit. – Wie gern hätte sie über das Wetter oder das Konzert gesprochen – aber ihre einzige Erleichterung mußte es sein, eine Zeitung zur Hand zu nehmen. – Die peinigende Pause dauerte jedoch nicht lang; nach einer halben Minute drehte er sich um, & indem er sich dem Tisch näherte, an dem sie saß, sagte er in einem gehemmten, gepreßten Ton – »Sie haben sicher schon zu viel mitgehört, Madam, um nicht zu wissen, daß ich Adml Croft versprechen mußte, in einer bestimmten Sache mit Ihnen zu reden –& nur aus diesem Wissen heraus spreche ich jetzt – so sehr es meinem – meinem ganzen Anstandsempfinden zuwiderläuft, mir eine solche Freiheit herauszunehmen. – Sie werden mich nicht für unverschämt halten, hoffe ich doch, da ich ja für einen anderen spreche, und das nicht aus freien Stücken; – und den Adml kann wohl keiner, der ihn so gut kennt wie Sie, je der Unverschämtheit verdächtigen –. Seine Absichten sind stets die gütigsten & besten; – und nichts anderes, das werden Sie merken, leitet ihn auch bei dem Ansuchen, das ich nun – mit mehr als gemischten Gefühlen – an Sie richten muß.« – Er hielt inne – aber nur, um Atem zu schöpfen – eine Antwort schien er nicht zu erwarten. – Anne lauschte, als hinge ihr Leben vom Ausgang seiner Rede ab. – Er fuhr fort, mit gezwungener Lebhaftigkeit: – »Der Adml, Madam, wurde heute morgen im Vertrauen davon unterrichtet, daß Sie – mein Gott, mir fehlen die Worte, ich schäme mich – (sein Atem ging rasch, er sprach hastig) – wie peinlich, Sie über Ihre eigenen Belange ins Bild setzen zu wollen – Sie wissen zweifellos, worauf ich hinauswill – Es wurde ganz im Vertrauen erzählt, daß Mr. Elliot – daß in der Familie eine Verbindung zwischen Mr. Elliot & Ihnen eine ausgemachte Sache sei. Es wurde hinzugefügt, daß Sie in Kellynch wohnen werden – daß Kellynch geräumt werden soll. Daß das nicht korrekt sein kann, weiß der Admiral. – Aber ihm kam der Gedanke, daß dies der
Wunsch
der Betroffenen sein könnte.–Und ich bin nun von ihm beauftragt, Madam, Ihnen zu sagen, daß sein Vertrag für Kellynch aufgehoben wird, wenn dies der Wunsch Ihrer Familie ist, & daß er & meine Schwester sich gern ein anderes Haus suchen & dabei keine Sekunde lang das Gefühl haben werden, etwas zu tun, das unter ähnl. Umständen nicht auch für
sie
getan würde. – Das ist alles, Madam. – Nur ein Wort von Ihnen, mehr brauche ich nicht als Antwort. – Daß gerade
ich
es bin, der den Mittelsmann in dieser Sache abgeben muß, ist eine zu seltsame Fügung! – und glauben Sie mir, Madam, auch eine schmerzhafte. – Aber schon einige wenige Worte werden genügen, um der Peinlichkeit & Beklemmung, die wir wohl
beide
empfinden, abzuhelfen.« Anne sagte ein Wort oder zwei, doch sie waren nicht zu verstehen – Und ehe sie die Sprache wiedergefunden hatte, setzte er hinzu: »Wenn Sie mir nur sagen, daß der Adml ein paar Zeilen an Sir Walter schreiben darf, reicht das schon. Sagen Sie nur dieses eine Wort,
ja.–
Dann mache ich mich gleich mit Ihrer Botschaft auf. –« Dies wurde mit einer Beherztheit gesprochen, die die Botschaft schon vorwegzunehmen schien. – »Nein, Sir – sagte Anne.– Es gibt keine Botschaft zu überbringen. – Sie sind fehlunter– der Adml ist fehlunterrichtet. – Ich weiß seine freundliche Absicht zu schätzen, aber er irrt sich. Es ist nichts Wahres an irgendeinem dieser Gerüchte.« – Er schwieg einen Moment lang. – Zum ersten Mal, seit er wieder ins Zimmer gekommen war, blickte sie ihm ins Gesicht. Er verfärbte sich – & er sah sie an, so durchdringend & so bezwingend, wie nur seine Augen es konnten, schien ihr. »
Nichts
Wahres an
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