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Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung

Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung

Titel: Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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guter Letzt stellte sich heraus, daß er ganz einfach nicht mitwollte. Er hatte wohl Angst, ihm könnte bei uns langweilig werden; aber auf mein Wort, ich hätte gedacht, wir im Cottage hätten Leben genug zu bieten für einen Mann mit gebrochenem Herzen.«
    Charles lachte wieder und sagte: »Nein, Mary, du weißtganz genau, was dahintersteckt. – Es ist alles deine Schuld« (dies an Anne gerichtet). »Er dachte, wenn er mit uns kommt, findet er dich gleich nebenan; er dachte, alle würden in Uppercross wohnen, und als er begriff, daß es zu Lady Russell noch drei Meilen weiter sind, verließ ihn der Mut, und er getraute sich nicht mehr, mitzukommen. Das ist die Wahrheit, bei meiner Ehre. Mary weiß es.«
    Aber Mary nahm es sehr ungnädig auf; ob deshalb, weil Captain Benwicks Geburt und Stand ihm kein Recht gaben, sich in eine Elliot zu verlieben, oder weil es nicht sein durfte, daß Anne ihm Uppercross anziehender machen könnte als sie selbst, mag dahingestellt bleiben. Annes Wohlwollen dagegen wurde durch das Gehörte nicht geschmälert. Sie bekannte frei, daß sie sich geschmeichelt fühlte, und fragte noch ein wenig weiter.
    »Oh! er schwärmt von dir«, rief Charles, »in den höchsten Tönen –« Mary fiel ihm ins Wort. »Also wirklich, Charles, ich habe ihn Anne in der ganzen Zeit, die ich dort war, keine zwei Mal erwähnen hören. Du kannst mir glauben, Anne, er spricht überhaupt nie von dir.«
    »Gut«, gab Charles zu, »ich behaupte nicht, daß er im gewöhnlichen Sinn von dir spricht – aber es ist vollkommen klar, daß er dich ganz außerordentlich bewundert. – Sein Kopf ist voll von irgendwelchen Büchern, die du ihm empfohlen hast, und er will mit dir unbedingt über sie reden; er hat in einem davon irgendwas herausgefunden, von dem er glaubt – ach, ich will gar nicht so tun, als könnte ich mich erinnern, aber es war sehr feinsinnig – ich habe gehört, wie er es Henrietta auseinandergesetzt hat – und ständig hieß es ›Miss Elliot dies‹ und ›Miss Elliot das‹! O doch, Mary, ich sage dir, es war so, ich habe es selbst gehört, und du warst nebenan. – ›Eleganz, Liebenswürdigkeit, Schönheit‹ – die Vortrefflichkeiten von Miss Elliot ließen sich gar nicht alle aufzählen.«
    »Und ich muß dir sagen«, rief Mary hitzig, »wenn es wirklichso war, dann spricht das sehr gegen ihn. Miss Harville ist erst seit Juni tot. Solch ein Herz zu gewinnen, ist nicht viel wert, nicht wahr, Lady Russell? Sie stimmen mir doch sicherlich zu?«
    »Ich muß Captain Benwick erst einmal kennenlernen, bevor ich mich da festlege«, erwiderte Lady Russell lächelnd.
    »Und das werden Sie sehr bald, nehmen Sie mein Wort darauf, Ma’am«, sagte Charles. »Auch wenn er nicht den Mut hatte, mit uns zu fahren und sich hernach erneut aufzumachen, um Ihnen seinen Besuch abzustatten, wird er eines Tages auf eigene Faust hier in Kellynch auftauchen, das verspreche ich Ihnen. Ich habe ihm gesagt, wie viele Meilen es sind und welche Straße er nehmen muß, und ich habe ihm erzählt, daß die Kirche äußerst sehenswert ist, denn für solche Dinge ist er sehr zu haben. Ich fand das einen sehr brauchbaren Vorwand, und er hat jedes Wort von mir begierig in sich aufgesogen, und so, wie er schaute, bin ich mir sicher, daß er bald vor der Tür stehen wird. Also, ich habe Sie gewarnt, Lady Russell.«
    »Einen Bekannten von Anne begrüße ich jederzeit gerne«, war Lady Russells freundliche Antwort.
    »Wieso Annes Bekannter«, sagte Mary, »ich finde, er ist viel eher mein Bekannter, denn ich habe ihn die letzten beiden Wochen hindurch jeden Tag gesehen.«
    »Nun, dann wird mir Captain Benwick eben als euer gemeinsamer Bekannter willkommen sein.«
    »Glauben Sie mir, Ma’am, Sie werden nichts sonderlich Angenehmes an ihm finden. Er ist einer der fadesten jungen Männer, die je gelebt haben. Er ist mehrere Male mit mir von einem Ende des Strands bis zum anderen gegangen, ohne ein einziges Wort zu sagen. Er ist keineswegs ein junger Mann von Manieren. Sie werden ihn ganz bestimmt nicht mögen.«
    »Da sind wir uneins, Mary«, sagte Anne. »Ich glaube, Lady Russell würde ihn sehr wohl mögen. Ich glaube, sie würde soviel Gefallen an seinem Geist finden, daß sie an seinen Manieren schon bald nichts mehr auszusetzen hätte.«
    »Ganz meine Meinung, Anne«, sagte Charles. »Ich bin sicher, Lady Russell würde ihn mögen. Er ist ein Mann ganz nach Lady Russells Herzen. Man braucht ihm nur ein Buch in die Hand zu

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