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Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung

Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung

Titel: Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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Pläne eines Teils der Welt vor der Aufmerksamkeit und Neugierdedes anderen abzuschirmen, Bedeutung hat nun einmal ihren Preis – ich, John Shepherd, kann meine Privatangelegenheiten nach Belieben geheimhalten, weil sie ohnehin niemandem der Beachtung wert erschienen; doch auf Sir Walter richtet sich ein Augenmerk, dem zu entgehen schwieriger sein dürfte, und deshalb, diese Behauptung wage ich, wäre ich nicht allzu überrascht, wenn sich all unserer Vorsicht zum Trotz die Wahrheit gerüchteweise doch herumspräche; unter welcher Voraussetzung, wie ich eben ausführen wollte – da Anfragen zweifellos nicht ausbleiben werden –, ich solche von unseren reichen Marinekommandeuren für besonders interessant halte, und wenn ich das noch hinzufügen darf: ich kann zu jeder Zeit binnen zwei Stunden hier sein, so daß Sie auch der Mühsal einer Antwort enthoben wären.«
    Sir Walter nickte nur. Aber gleich darauf erhob er sich und machte ein paar Schritte durchs Zimmer, wobei er sarkastisch bemerkte:
    »Es dürfte unter den Herren von der Marine nur wenige geben, die nicht Augen machen würden, wenn sie sich in einem Haus dieses Stils wiederfänden.«
    »Sie würden Augen machen, o ja, und sich dann glücklich preisen«, sagte Mrs. Clay, denn Mrs. Clay war auch zugegen; ihr Vater hatte sie hergefahren, da nichts Mrs. Clays Gesundheit so zuträglich war wie eine Fahrt nach Kellynch, »aber ich bin ganz einer Meinung mit meinem Vater, daß ein Seemann als Mieter sehr wünschenswert wäre. Ich durfte schon mit einigen ihres Standes Bekanntschaft machen, und neben ihrer Großzügigkeit sind sie auch so ausnehmend achtsam und ordentlich in allem! Diese vielen wertvollen Gemälde hier, Sir Walter, könnten Sie völlig unbesorgt an Ort und Stelle lassen, wenn Sie das wollten. Alles im und ums Haus würde tadellos gepflegt werden, die Gartenanlagen wären in fast so guter Hand wie jetzt. Und auch was Ihren entzückenden Blumengarten angeht, Miss Elliot, hätten Sie nicht das geringste zu befürchten.«
    »Immer vorausgesetzt«, entgegnete Sir Walter kühl, »ich würde einer Vermietung überhaupt zustimmen, so ist noch keineswegs entschieden, welche Privilegien ich damit einhergehen ließe. Ich halte nichts davon, einem Mieter zu viele Rechte einzuräumen. Der Park würde ihm natürlich offenstehen, und wenige Marineoffiziere (und auch sonst wenige Männer) dürften solche Dimensionen gewohnt sein; aber inwieweit ich die Gärten zur Verfügung stelle, ist eine ganz andere Frage. Ich wüßte nicht, warum meine Strauchpflanzungen uneingeschränkt zugänglich sein sollen, und was ihren Blumengarten betrifft, so würde ich Miss Elliot zu größter Vorsicht raten. Ich bin sehr wenig geneigt, einem Mieter von Kellynch Hall irgendwelche außerordentlichen Vergünstigungen zuzugestehen, das sage ich Ihnen, ob er nun Seemann ist oder Soldat.«
    Nach einer kurzen Pause erlaubte sich Mr. Shepherd zu antworten:
    »In allen diesen Fällen gibt es bewährte Usancen, die das Verhältnis von Vermieter und Mieter klar und sauber regeln. Ihre Sache, Sir Walter, ruht in ganz sicheren Händen. Glauben Sie mir, ich werde dafür Sorge tragen, daß kein Mieter mehr an Rechten erhält, als ihm zusteht. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, daß Sir Walter Elliot nicht eifriger über seine Interessen wachen kann, als John Shepherd es für ihn tun wird.«
    Hier mischte Anne sich ein:
    »Die Marine hat sich so verdient um uns gemacht, sollten Seeleute da nicht wenigstens ebensoviel Anspruch wie andere Leute auf alle Annehmlichkeiten und Privilegien haben, die ein Zuhause geben kann? Sie plagen sich wahrlich hart genug dafür, das wird wohl keiner von uns abstreiten.«
    »Sehr wahr, sehr wahr. Was Miss Anne sagt, ist sehr wahr«, erwiderte darauf Mr. Shepherd, und »Oh! Unbedingt!« seine Tochter; aber von Sir Walter kam wenig später:
    »Der Beruf mag seine Meriten haben, aber ich würde es ungern sehen, wenn ein Freund von mir ihm angehörte.«
    »Ach wirklich!« hieß es darauf, mit allen Anzeichen der Verwunderung.
    »Doch, doch, er mißfällt mir aus zweierlei Gründen; ich habe zwei sehr gewichtige Einwände dagegen. Denn erstens steigen durch ihn Leute von niederer Geburt übergebührlich hoch auf und gelangen zu Ehren, von denen ihre Vorväter nicht zu träumen gewagt hätten, und zweitens beraubt er einen Mann aufs schaurigste aller Jugend und Kraft; Seeleute altern schneller als irgend jemand sonst, ich habe es mein Leben lang beobachtet.

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