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Anne in Avonlea

Anne in Avonlea

Titel: Anne in Avonlea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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die geflochtenen Teppiche ihrer Mutter aus und Mrs. Levi Boulter ein paar alte Stühle. Tante Mary Shaw leiht uns ihren Küchenschrank mit den Glastüren. Manila gibt uns doch ihre Messingkerzenständer? Und wir brauchen möglichst viel altes Geschirr. Mrs. Allan ist vor allem ganz erpicht darauf, eine richtige Servierplatte aus Porzellan zu bekommen, falls wir eine auftreiben können. Aber niemand scheint eine zu besitzen.«
    »Mrs Josephine Barry hat eine. Ich schreibe ihr und frage sie, ob sie sie uns für diese Gelegenheit ausborgt«, sagte Anne.
    »Oh, wenn du das tun könntest. Das Abendessen soll in vierzehn Tagen stattfinden. Onkel Abe Andrew hat für die Zeit Regen und Sturm vorhergesagt. Das ist ein ziemlich sicheres Anzeichen dafür, dass wir schönes Wetter haben werden.«
    Dem besagten »Onkel Abe«, das sollte vielleicht erwähnt werden, erging es wie anderen Propheten - er galt nichts im eigenen Lande. Er war geschätzt wie ein bewährter alter Witz, denn nur wenige seiner Wettervorhersagen waren je eingetroffen. Mr Elisha Wright bemerkte dazu immer, dass niemand in Avonlea je auf die Idee käme, einen Blick in die Wettermeldungen der Charlettetown-Nachrichten zu werfen. Nein, sie fragten einfach Onkel Abe, wie das Wetter am nächsten Tag werden würde, und nahmen das Gegenteil an. Onkel Abe ließ sich davon nicht beirren und machte auch weiterhin seine Vorhersagen.
    »Der Basar soll noch vor Beginn der Wahlen stattfinden«, fuhr Mrs Lynde fort. »Die Kandidaten haben fest zugesagt zu kommen und verschwenden ohnehin jede Menge Geld. Die Konservativen bestechen die Rechten und die Linken, also sollte man ihnen einmal eine Chance geben ihr Geld ehrenwert auszugeben.«
    Anne war aus Treue zu Matthew eine glühende Konservative, aber sie sagte nichts. Sie war nicht so dumm und veranlasste Mrs Lynde sich über Politik auszulassen.
    Sie hatte einen Brief für Marilla, der in einer Stadt in British Columbia abgestempelt war.
    »Vielleicht ist er vom Onkel der Zwillinge«, sagte sie aufgeregt, als sie zu Hause ankam. »Oh, Marilla, ich bin gespannt, was er schreibt.«
    »Das Beste wäre wohl den Brief aufzumachen und nachzusehen«, sagte Marilla kurz. Ein genauer Beobachter hätte vielleicht bemerkt, dass sie auch aufgeregt war, aber sie wäre eher gestorben, als es zu zeigen.
    Anne riss den Brief auf und überflog den schlampig geschriebenen dürftigen Inhalt.
    »Er schreibt, er kann die Kinder dieses Frühjahr nicht zu sich nehmen. Er war fast den ganzen Winter krank und seine Heirat ist verschoben. Er fragt, ob wir die Kinder bis zum Herbst hier behalten können. Er versucht alles und nimmt sie dann. Das tun wir doch, nicht wahr, Marilla?«
    »Ich wüsste nicht, was uns anderes übrig bleibt«, sagte Marilla ziemlich grimmig, obwohl sie insgeheim erleichtert war. »Sie machen ja auch nicht mehr so viel Ärger wie am Anfang ... oder wir haben uns daran gewöhnt. Davy hat große Fortschritte gemacht.«
    »Sein Benehmen ist wirklich viel besser geworden«, sagte Anne vorsichtig, so als wollte sie sich nicht groß über seine Tugendhaftigkeit auslassen.
    Als Anne am Abend zuvor von der Schule nach Hause gekommen war, war Marilla bei einem Treffen des Hilfsvereins gewesen. Dora hatte auf dem Küchensofa geschlafen. Davy hatte im Wandschrank im Wohnzimmer gesteckt und sich voller Wonne ein Glas von Manilas berühmten Pflaumenkompott einverleibt. »Gäste-Kompott«, nannte Davy es. Er durfte es nicht anrühren und sah sichtlich schuldbewusst drein, als Anne ihn schnappte und aus dem Schrank scheuchte.
    »Davy Keith, du weißt genau, dass du das Kompott nicht essen sollst, dass du überhaupt in dem Schrank nichts verloren hast.«
    »Ja, ja, ich weiß, es war falsch«, gab Davy verlegen zu, »aber Pflaumenkompott schmeckt so lecker, Anne. Ich hab nur mal hineingeguckt und es hat so verlockend ausgesehen, dass ich nur ein ganz klein bisschen probieren wollte, ich hab den Finger hineingesteckt...«Anne stöhnte,»... und ihn abgeleckt. Und es war viel leckerer als ich gedacht hatte. Da hab ich mir einen Löffel geholt und hab mich drüber hergemacht.«
    Anne hielt ihm eine ernste Standpauke von wegen Pflaumenkompott stibitzen. Davy bekam Gewissensbisse und versprach unter reuevollen Küssen, es nie wieder zu tun.
    »Na ja, im Himmel gibt es jede Menge Kompott, wenigstens ein Trost«, sagte er zufrieden.
    Anne verkniff sich das Lachen.
    »Vielleicht, wenn man welches möchte«, sagte sie. »Aber wie kommst du

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